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Das erneuerte Passahfest
ОглавлениеDas Passahfest, wie es in Ex 12 eingesetzt und begründet wird, ist in verschiedenen seiner Dimensionen zum Vorbild für das Verständnis des leidenden und auferstandenen Christus geworden.
Das geschlachtete Lamm vor dem Auszug aus Ägypten findet sich in den Worten wieder: „Hie ist das recht osterlamb / davon Gott hat geboten / Das ist hoch an des creutzes stam / in heisser lieb gebroten“. Im Sterben am Kreuz vollzieht sich demnach wie im Schlachten des Lammes der Wille Gottes, aber daß es ein Geschehen aus Liebe ist, überhöht das Sterben Jesu gegenüber dem des Passahlammes.
Das Blut des Lammes ließ den „Würger“ vorbeigehen: „Des blut zeichnet unser thuer / das helt der glaub dem tod fuer / der wuerger kann uns nicht rueren“. Das Blut Christi allerdings wirkt nicht opere operato, sondern indem es im Glauben ergriffen und dem Tod vorgehalten wird.
Zum Passahfest gehört das Mahl mit ungesäuertem Brot; der rechte Osterfladen ist ebenso vom „alten Sauerteig“ gesondert; der Osterfladen steht bei Luther bildlich für das „Wort der Gnaden“, die Predigt von Christus.
Letztlich mündet der Vergleich mit dem Passahfest in die Feier des Abendmahles. Nicht nur auf der Ebene der Materie entspricht die gereichte Oblate hier dem ungesäuerten Teig dort, sondern indem Christus selbst als Kost begriffen wird, der sich dem Kommunikanten selber gibt und alleinige Seelenspeise ist, sodaß diese nach nichts anderem mehr verlangt, und indem auf den gesamten Liedtext gesehen die Identifikation von Christus, Osterfladen, Predigt von der Gnade vorhanden ist, wird deutlich, daß Luther das Passions- und Ostergeschehen eng bezogen auf das Abendmahl versteht, wie er z.B. in seiner „Vermahnung zum Sakrament des Leibes und Blutes Christi“ sagt:
„Wiltu nu Gott einen herrlichen großen Gotts dienst thun und Christus leiden recht ehren, so dencke und gehe zum Sacrament, darinn (wie du horest) sein gedechtnis ist, das ist: sein lob und ehre …“ 1
Luther nimmt also Bezug auf das Passahfest und überhöht es, indem er Schlüsselelemente des Passahfestes christologisch deutet. Er wertet das jüdische Passahfest nicht ab, sondern versteht es als das „erste Passah des Herrn“, aber er versteht Ostern als Überhöhung des Passahfestes: „Die Erinnerung daran zu erneuern ist viel notwendiger als vor Zeiten, da das Gebot erging, die Erinnerung an das erste Passah des Herrn und den Auszug aus Ägypten ständig zu erneuern“.2 „Es ist gut, zu bedenken, welcher Art die Erlösung sei, mit der uns Christus erlöset hat, nämlich nicht aus Ägyptenland noch zeitlich, sondern eine ewige Erlösung von Sünde, Tod und Hölle. Es ist auch gut anzusehen und zu bedenken, was die Bezahlung für unsere Sünde sei, nämlich daß Christus für uns nicht Geld oder Gut, sondern seinen Leib und Leben gegeben hat; wie Paulus oft rühmt, Christus habe sich selbst für unsere Sünde gegeben“.3 In der ewigen Erlösung von den existenzbedrohenden Mächten und in der Selbsthingabe des Erlösers selber aus „heißer Lieb“ besteht die Überhöhung.