Читать книгу Die Passion Jesu im Kirchenlied - Christina Falkenroth - Страница 59

Der Schlüssel zur Passion: Zueignung im Glauben

Оглавление

Die Anknüpfung an das in diesem Lied als extra nos und vor der Zeit ausgewiesene Heilsereignis findet für den Singenden statt im Betrachten und im glaubenden Ergreifen des Blutes Christi als machtvolles Mittel gegen den Besitzanspruch des Todes auf ihn.

Aufgrund des Heilsgeschehens, das ohne menschliches Zutun geschieht, ist es ein Zueignen durch Christus, der gehandelt hat „für uns“ und der nun das Fest „scheinen laßt“, der als Sonne der Gnaden die Herzen der Glaubenden erleuchtet und die Sünde austreibt.

Eine Aneignung, also ein aktives Handeln des Glaubenden findet statt dort, wo das erste aktive Verb im Liedtext auftaucht: „das helt der glaub dem tode fuer“. Das erste Handeln ist also das Ergeifen des Blutes im Glauben, mit dem der Mensch sich dem Tod entgegenstellt im Vertrauen auf das, was mit dem Blut errungen wurde.

Der Glaube ist der Weg der Zueignung, denn im Glauben, in dem Christus an dem Einzelnen handelt, kommt ihm sein Sieg zu. Er weiß: Ich bin dem Tod nicht mehr ausgeliefert. Der Glaube ist es auch, der ihn in Christus hält: Er „will keins andern leben“, das eigene Leben ist in seiner grundlegenden, existentiellen Ausrichtung auf Christus untrennbar mit seinem verbunden. Hier findet sich das paulinische „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20) umgesetzt.

Im Lied wird deutlich, daß es bei der Zueignung des Sieges Christi nicht nur um die Übereignung seiner Verdienste an den Glaubenden geht, sondern daß die Gegenwart Christi die Gabe ist, daß also Christus Geber und Gabe zugleich ist.

In diesem Sinne formuliert Luther:

„Christus ist Gottes gnaden, barmhertzigkeit, gerechtikeit, warheit, weisheit, stercke, trost und seligkeit, uns von Gott gegeben on allen verdienst. Christus, sage ich, nicht, als etlich mit blinden worten sagen, causaliter, das er gerechtigkeit gebe, und bleibe er draussen, denn die ist tod, ia sie ist nimer gegeben, Christus sey denn auch selbs da, gleich wie die glentzen der sonnen und hitze des fewers ist nicht, wo die sonne und das fewer nicht ist.“ 1

Infolge dieser Gabe ist das „hoh Fest“ zu feiern. In der Freude des „Herzens“: Die eigene Existenz ist verwandelt, denn Christus, die Sonne der Gerechtigkeit erleuchtet das Herz, das Zentrum des Seins des einzelnen Menschen, so daß die Sünde keinen Raum mehr darinnen hat. So kann die Gemeinde singen: „… wir leben wohl im rechten Osterfladen“, denn das Leben kommt allein vom Wort Gottes; Christus ist nun alleinige Speise der Seele, der sich den Glaubenden im Mahl gibt.

Die Zueignung des Verdienstes Christi, die Zueignung seines errungenen Lebens an den Menschen geschieht also im Glauben, in dem er sich selbst ihm gibt. Die existentielle Verwandlung ist im Herzen verortet, d.h. es handelt sich um eine individuelle Beziehungsstiftung zwischen Chriustus und dem einzelnen Glaubenden.

Dennoch ist seine Gabe nicht nur als individuelle zu verstehen: Es kommt an keiner Stelle das Wort „ich“ vor. Wenn das Ich gemeint ist, spricht Luther von dem „Glauben“, in dem die Existenz des Einzelnen in Christus aufgehoben ist. Die neue Existenz ist „exzentrisch“ (Joest), in Christus liegt nun das Zentrum des Personseins.

Häufig verwendet er das „wir“ der im Namen Christi versammelten Gemeinde der Erlösten. Darum sind das gepredigte Wort Gottes, der rechte Osterfladen, und das Sakrament des Altars, die Seelenspeise Christus, der Weg, auf dem Christus sich der Gemeinde im Glauben gibt.

Im Gottesdienst geschieht die Zueignung Christi an das Herz des Glaubenden. Der Gottesdienst ist demnach Vollzug des Sieges Christi an uns und dem Leben der Einzelnen. Er vereint sich mit der singenden Gemeinde in Glauben, Wort und Sakrament.

Die Passion Jesu im Kirchenlied

Подняться наверх