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Der Kontakt der böhmischen Brüder zu Martin Luther

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Die Böhmischen Brüder befanden sich, veranlaßt durch Jan Roh1, im Gespräch mit Martin Luther. Aus den Jahren 1522/23 sind fünf Male bekannt, daß private Besuche oder offizielle Delegationen bei Luther auftauchten und über Lehrfragen diskutiert wurde.2 Michael Weisse war häufig, vermutlich jedesmal dabei.

Martin Luther hatte eine positive Haltung gegenüber den Brüdern aufgrund eine Übereinstimmung in wesentlichen Fragen, z.B. der Schriftbindung; er schätzte die Schrift des Lukas von Prag „Apologia sacrae scripturae“ von 1511. Auch führte seine Achtung vor Jan Hus und der von ihm ausgelösten Bewegung in Böhmen ihn dazu, sich selbst als „unbewusster Hussit“ zu bezeichnen. Ihm lag daher an einer Übereinstimmung in theologischen Topoi.

Zunächst hatten Jan Roh und Michael Weisse ohne Wissen des Lukas von Prag die Gespräche begonnen. Als sie schließlich offiziellen Charakter bekamen, zeigten sich Differenzen im Abendmahlsverständnis:

Lukas distanzierte sich gegenüber allen nicht direkt aus der Schrift belegbaren theologischen Lehren, so daß er sich in seinem Verständnis der Einsetzungsworte lieber darauf beschränken wollte, sie „im Sinne Jesu“ zu verstehen, der diesen Sinn aber nicht näher ausgeführt habe, so daß die Brüder dieses auch nicht tun wollten.

Auch in der Frage, ob man Christus in den Hostien anbeten dürfe, waren schwer Übereinkünfte zu treffen, da Luther sich in diesem Punkt moderat verhielt und es zulassen wollte3, was aber bei den Brüdern auf Ablehnung stieß.

Zwar ist nach den fünf Besuchen in Wittenberg keine weitere Delegation zu Luther bekannt, dennoch drängte Luther weiter auf eine Formulierung des Abendmahlsverständnisses der Brüder. Dies hatte nach dem Tod des Lukas Folgen und schlug sich schließlich 1533 in einer Schrift der Brüder „Rechenschafft des glaubens“ nieder, in der sie von der Wiedertaufe abrückten, einem vormals schwerwiegenden Hindernis der Verständigung, und sie die lutherische Position in der Abendmahlslehre anerkannten. Luther versah diese Schrift mit einem Vorwort.

Infolge der Annäherung in der Frage des Abendmahles wurden in der Bearbeitung des Gesangbuches von 1531, die 1541 erfolgte, Formulierungen in Abendmahlsliedern entsprechend geändert.4

Die gewonnene Nähe zeigt sich im Frontispiz des 1566 von Petrus Herbert herausgegebenen Brüdergesangbuches, das mit Abbildungen von Jan Hus und Martin Luther versehen wurde.

Daß sich die Böhmischen Brüder und die lutherische Kirche über Jahrzehnte umeinander bemühten, ist nicht nur im Wunsch nach Verständigung in theologischen Fragen zu begreifen, sondern es bestand darüberhinaus das Bedürfnis der Brüder nach Rückhalt in der Bewegung der lutherischen Reformation, da auch die Brüder zwar Zustimmung unter den böhmischen Ständen fanden, die sich aber – ähnlich wie in den deutschen Territorien – sich gegen die größere Gewalt der Habsburger bzw. des Papstes erwehren mußten. Daß Jan Hus und Martin Luther als Parallelgestalten verstanden wurden, hat sicher auch seinen Grund darin, daß sie vergleichbare Positionen in dem jeweiligen innenpolitischen Machtkampf einnahmen.

Die Passion Jesu im Kirchenlied

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