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Das Danken als rechte Betrachtung der Passion Christi

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Luther hat in seinem oben dargestellten Sermon den inneren Weg des rechten Betrachtens des Leidens Christi beschrieben. Demnach erschrickt der Betrachter über die Leiden Christi, weil er erkennt, daß er diese mit seiner Sünde verschuldet hat. Er wird ihm gleich im Leiden (conformatio), indem er sich in seinem Gewissen martert, aber er schreitet weiter, denn angesichts der Liebe Christi und der Liebe Gottes des Vaters, die in der Passion zum Ausdruck kommen, wirft er getrost seine Sünde auf Christus, weil er gewiß ist, daß dieser die Sünde trägt und zunichte macht.

Der Weg vom Erschrecken zum Trost führt im weiteren Denken Luthers weiter zum Dank:

In seiner Predigt vom Karfreitag 1533 formuliert Luther:

„Deshalb sollen wir das Leiden Christi so lernen, daß wir wissen, es sei uns zugut geschehen, auf daß wir solches Leiden nicht anders ansehen als eine ewige Hilfe. Seinen blutigen Schweiß, seine Angst in der Nacht und sein Kreuz soll ich so deuten und sagen: Das ist meine Hilfe, meine Stärke, mein Leben, meine Freude. Denn das alles ist geschehen, auf daß wir Frucht und Nutzen davon sollen haben und daß wir glauben, es sei uns zugute geschehen, und daß wir ihm von Herzen danken. Wer das tut und vom Leiden Christi diesen Gebrauch macht, der ist ein Christ.“

In seinem Lied setzt Luther bei diesem dritten Schritt ein. Als erste affektive Handlung legt er dem Singenden hier folgende bei: „Des wir sollen froh sein, Gott loben und ihm dankbar sein und singen Halleluja.“

Im Laufe der Entwicklung hat sich Luther immer mehr von dem Versuch, den compassio-Gedanken umgedeutet zu erhalten, abgewandt und sich mehr einem neuen Schwerpunkt, der „Exklusivität des Sühneleidens Christi“1, genähert. Der inklusive Charakter des Leidens führt zur Gefahr des Mißbrauches des compassio-Gedankens, bei dem das Mitauferstehen des Glaubenden doch auf dem eigenen Mitleiden beruht, wodurch die von Christus erworbene Gerechtigkeit abgewertet wird und der Mensch eine eigene Gerechtigkeit aufrichtet2. Aber gerade im Selbstbehauptungswillen des Menschen gegenüber Gott liegt seine Sünde, denn er verkennt, daß die Schwere der Sünde des Menschen nicht durch eigene Verdienste aufgewogen werden kann. Um dieser Gefahr zu wehren, verlagert Luther den Schwerpunkt seines Passionsverständnis auf die Exklusivität des Sühnehandelns Christi, die für die rechte Passionsbetrachtung Erkenntnis der Liebe Christi und Dank bedeutet.

Das große Gewicht, das Luther in „Christ lag in Todes Banden“ auf das exklusive Geschehen des Kampfes zwischen Leben und Tod legt, die Deutung des Sterbens Jesu auf dieser universalen Ebene, die die menschliche Existenz zwischen dem Machtbereich des Tod und der Herrschaft Christi ansetzt, die Betonung dessen, daß Christus „für uns“ in diesen Kampf eintritt und die eindeutige affektive Lage des Menschen, die aus reiner Freude, Dank, Lob und Gesang besteht, all diese Elemente seines Liedes verweisen auf diesen Schwerpunkt: Der Betrachtende soll das Kreuzesereignis als seine „Stärke, Leben und Freude“ (s.o.) deuten und Christus „von Herzen danken“.

Die Passion Jesu im Kirchenlied

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