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aa) Wertungskriterien

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Nach der BFH-Rechtsprechung handelt es sich um einen sog. „offenen Typusbegriff“, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbstständig oder nichtselbstständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (s. zur entsprechenden Vorgehensweise im Arbeitsrecht den 2. Teil 1. Kap. Rn. 13 ff. sowie im Sozialrecht 2. Teil 2. Kap. Rn. 2 f.)[13] Diese Merkmale sind für jeden konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.[14] Es ist jeweils eine Einzelfall- bzw. Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

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Die Kriterien, die nach der BFH-Rechtsprechung sowie der Finanzverwaltung für eine steuerrechtliche Arbeitnehmereigenschaft und damit für ein Dienstverhältnis sprechen, sind im Wesentlichen die Folgenden:[15]

persönliche Abhängigkeit,
Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
feste Arbeitszeiten,
Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
feste Bezüge,
Urlaubsanspruch,
Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
Überstundenvergütung,
zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
Unselbstständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
Eingliederung in den Betrieb,
Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges,
Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist

sowie

kein Kapitaleinsatz,
kein Unternehmerrisiko,
keine Unternehmerinitiative.

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Schon die Vielzahl der Kriterien, die für die jeweilige Einordnung als Indizien herangezogen werden, verdeutlicht, dass im Ergebnis jeweils unterschiedlichste Wertungen denkbar sind, je nach Blickwinkel des Betrachters. Welchem Umstand letztlich bei der Gewichtung die größere Bedeutung im Rahmen der Abwägung beizumessen ist, wird durch persönliche Erfahrungswerte und Einstellungen des Entscheidungsträgers maßgeblich beeinflusst. Schon aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung ergeben sich daraus zwangsläufig Abweichungen zwischen der Sichtweise eines Unternehmens und der Finanzverwaltung. So können etwa Zeitungsausträger, Reise- oder Versicherungsvertreter, Mannequins oder nebenberuflich tätige Musiker nach der Rechtsprechung sowohl Arbeitnehmer als auch selbstständig tätig sein.[16]

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Die aufgeführten Indizien stehen nach der Rechtsprechung allerdings nicht für sich allein, weil in die Würdigung auch einzubeziehen ist, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind.[17]

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Als maßgebliches Kriterium, das die Einordnung stützt, wird zudem der Umstand angesehen, dass die Vertragsparteien selbst von einer selbstständigen Tätigkeit nach der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung ausgegangen sind. So ist die Vereinbarung darüber, dass das Rechtsverhältnis nicht den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes unterstellt werden soll, ein Indiz gegen den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses. Haben die Vertragspartner i.d.S. ein Arbeitsverhältnis ausdrücklich und übereinstimmend nicht gewollt, ist dies auch steuerrechtlich anzuerkennen.[18] Insoweit ist allerdings darauf zu achten, dass auch i.Ü. nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Anzeichen für eine selbstständige Tätigkeit überwiegen, weil es (auch) steuerrechtlich maßgebend darauf ankommt, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich „gelebt“ wird. Allein also, dass die Vertragsparteien eine selbstständige Tätigkeit auf dem Papier vereinbaren, kann die steuerrechtliche Einordnung nicht vorbestimmen.

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