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Ein paar Stunden später in Anacortes musste Zach erleben, wie sein schöner Zeitplan von der hässlichen Realität der Fahrpläne der vom Staat Washington betriebenen Schifffahrtslinien zunichte gemacht wurde. Ungläubig starrte er den Schalterbeamten an. »Drei Stunden bis zur Abfahrt?«

»Ja, Sir. Drei Stunden und fünfunddreißig Minuten, um genau zu sein.«

»Sie wollen mich auf den Arm nehmen, oder?«

»Nein.« Der Mann hinter dem Schalter lächelte ihn flüchtig an. »Ich vermute, Sie sind nicht aus der Gegend?«

»Nein.«

»Nun, Sir, zurzeit gilt noch der Fahrplan für die Nebensaison, das ist also nichts Außergewöhnliches. Sie haben gerade eine Fähre nach Orcas Island verpasst, und die nächste, die dort anlegt, ist die Illahee, aber ich fürchte, die wird Ihnen auch nichts nützen, weil sie nur fünfundsiebzig Fahrzeuge aufnehmen kann und vor Ihnen schon mehr Leute warten.«

»Die können doch nicht alle nach Orcas Island wollen.«

»Nein, Sir. Viele davon fahren nach Lopez oder Shaw Island. Orcas Island ist die dritte Anlegestelle auf der Strecke nach San Juan, allerdings steuert nicht jede Fähre jede Insel an.« Der Mann zuckte die Schultern. »Wie dem auch sei, die nächste größere Fähre legt hier in drei Stunden und« — er sah auf die Uhr, die über seinem Kopf hing — »und vierunddreißig, nein, dreiunddreißig Minuten an.« Er reichte ihm die Fahrkarte zusammen mit einem Fahrplan durch das Fenster. »Sie müssen sich in Reihe fünf anstellen.«

Zach unterdrückte den Drang, laut zu fluchen. Der Beamte nahm offensichtlich keinen hohen Rang ein, und achtzehn Jahre in der Armee hatten Zach gelehrt, seinen Ärger nicht an jemandem auszulassen, der selbst nur Befehlsempfänger war. Er dankte dem Mann für seine Bemühungen, nahm die Fahrkarte und entfernte sich vom Schalter.

Natürlich durfte er diese Verzögerung nicht persönlich nehmen, aber er hatte eine lange, anstrengende Fahrt hinter sich, und es war deshalb besonders ärgerlich, so kurz vor dem Ziel aufgehalten zu werden. »Eine Insel«, knurrte er, als er hinter den letzten Wagen in der Warteschlange fuhr und den Motor abstellte. Er steckte die Fahrkarte hinter die Sonnenblende und warf einen prüfenden Blick auf die anderen Fahrspuren, auf denen sich Auto an Auto reihte. »Musste sich Glynnis ausgerechnet einen Kerl aussuchen, der auf einer bescheuerten Insel wohnt?«

Lily blickte von dem Fingernagel, an dem sie gerade herumfeilte, auf. »Sie haben wirklich ein ausgesprochen sonniges Gemüt.« Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich vermute, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, darauf hinzuweisen, dass wir angesichts dieser Lage jede Menge Zeit gehabt hätten, bei dem Liz-Claiborne-Outlet anzuhalten, an dem wir vorhin vorbeigekommen sind.«

Er drehte langsam den Kopf und bedachte sie mit seinem eisigsten Oberfeldwebelblick, der unerfahrenen Rekruten das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Dieser Blick zeigte bei Lily genauso wenig Wirkung wie alle anderen Versuche, sie in die Schranken zu weisen. »Nein, wohl nicht«, sagte sie fröhlich und ließ die Nagelfeile in ihre Handtasche fallen, bevor sie die Beifahrertür öffnete. »Sehen Sie es doch positiv. Zumindest können wir uns jetzt die Beine vertreten. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich spüre schon seit fünfzig Meilen meinen Hintern nicht mehr, so taub ist er vom langen Sitzen.«

Er musste unwillkürlich lächeln. Dann folgte er ihrem Beispiel und stieg aus dem Auto. Egal, vertrat er sich eben die Beine.

Miguel reihte sich drei Wagen hinter dem Jeep in der fünften Fahrspur ein und rutschte tiefer in seinen Sitz, als er Taylor und seine Frau auf sich zukommen sah. Die Sache wurde langsam kompliziert. Wer hätte gestern, als er dem Oberstabsfeldwebel vom Stützpunkt der Marines aus gefolgt war, gedacht, dass er sich heute Abend mehr als tausend Meilen entfernt in der Warteschlange für eine Fähre nach Gott weiß wohin wieder finden würde?

Als er ein paar Minuten zuvor die Tafel mit den Fahrplänen studiert hatte, während er am Fahrkartenschalter anstand, hatte er festgestellt, dass außer den Fähren zu den vier Inseln auch noch täglich zwei Schiffe nach Kanada fuhren. Einen Augenblick lang hatte er verwirrt dagestanden und überlegt, für welches Ziel er eine Fahrkarte lösen sollte; denn falls es sich um Kanada handelte, steckte er in Schwierigkeiten. Dann war sein gewohntes Selbstvertrauen zurückgekehrt. Die Schiffe nach Kanada fuhren offensichtlich frühmorgens ab, womit sich dieses Problem erledigt haben dürfte, und — wie hieß es so schön? — warum sich den Kopf zerbrechen, wenn man sowieso nichts ändern könnte.

Als er dann am Schalter an der Reihe war, hatte er kurz erwogen, einfach auf Taylors Jeep zu zeigen und dem Fahrkartenverkäufer zu erklären, er gehöre zu dem Mann dort und wolle ans gleiche Ziel. Aber was, wenn sich der Schalterbeamte nicht daran erinnern konnte, welches das war? Zwischen seinem Auto und dem von Taylor standen mehrere Fahrzeuge, und das Letzte, was er wollte, war, die Aufmerksamkeit des Comandante auf sich zu ziehen. Schließlich hatte er einfach eine Fahrkarte zu der letzten Insel auf der Route gekauft.

Da saß er also, eingeklemmt zwischen anderen Autos. Es hatte keinen Sinn, sich die Frau jetzt gleich zu schnappen, da er sowieso nicht vom Kai wegkam, selbst wenn er sie von dem Marine loseisen konnte. Und weil er nicht die Absicht hatte, vorzeitig entdeckt zu werden und damit auf das Überraschungsmoment zu verzichten, kauerte er sich auf seinem Sitz zusammen.

Auch wenn ihm das überhaupt nicht gefiel. Miguel Escavez kauerte nicht auf Autositzen, um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen; er ging schnurstracks auf sie zu! Wider seine Natur handeln zu müssen behagte ihm zwar nicht, aber die Situation war einfach völlig anders, als er zu Beginn seiner Mission erwartet hatte. Wenn er an diesem Nachmittag an der Tankstelle nur ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte, wäre die Frau jetzt in seiner Gewalt, und dieses Versteckspiel wäre überflüssig. Er war so nahe dran gewesen ... bis der Comandante einen Befehl gebrüllt hatte und die Gringa sofort gesprungen war.

Miguel hatte halb damit gerechnet, dass der Marine aus dem Auto steigen und er ihn an Ort und Stelle zur Rechenschaft ziehen würde. Taylor war jedoch, kaum dass die blonde Frau in den Jeep geklettert war, davongebraust und hatte sich nicht die Mühe gemacht herauszufinden, mit wem sie gesprochen hatte.

Ein neuer Beweis für meine Überlegenheit gegenüber den US-Marines, dachte er selbstgefällig. Er jedenfalls hätte wissen wollen, wer sich mit seiner Frau unterhielt. Aber das ließ ihn wieder an Emilita denken, wie sie in den Armen eines anderen Mannes lag, und rief ihm die ungerechte Behandlung durch Taylor ins Gedächtnis, und schon knirschte er vor Wut mit den Zähnen. Entschlossen schüttelte er diese Gedanken ab und atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Er musste seine Energie auf Positives konzentrieren.

Immerhin stand er kurz davor, sein Ziel zu erreichen; das spürte er irgendwie. Es wäre hilfreich, zu wissen, wohin sie fuhren, aber wenn sie eine Insel ansteuerten, bedeutete das zweifellos, dass die endlose Fahrerei bald ein Ende haben würde. Und was ihn anging, keinen Augenblick zu früh.

Er fuhr nicht gern auf diesen amerikanischen Highways. Die Gringo-Fahrer regten sich sofort auf, wenn man mal einen kleinen Fehler machte. Zum Teufel mit ihnen — sie machten die ganze Zeit Fehler, da sollte er sich ja wohl auch den einen oder anderen leisten dürfen. Er konnte zu seiner Entschuldigung wenigstens anführen, dass die Schnellstraßen viel stärker befahren waren, auch wenn in einem viel besseren Zustand sind, als die, die er gewohnt war. Aber welche Entschuldigung hatten sie?

Als er merkte, dass wieder die Wut in ihm aufstieg, atmete er ein weiteres Mal tief durch und zwang sich, sich zu entspannen. Er musste sich nur noch eine kleine Weile in Geduld üben. Dann würde der Stabsfeldwebel merken, wie es war, die Frau zu verlieren.

Lily sah Zach verstohlen von der Seite an. Waren seine Schultern breiter geworden, seit sie das letzte Mal hingesehen hatte? Sie hätte schwören können, dass er, je länger sie in diesem Auto eingeschlossen waren, immer mehr Raum einnahm.

Es machte sie merkwürdig unruhig, zu beobachten, wie seine Finger nervös auf das Lenkrad trommelten. Seine Hände waren braun gebrannt und rau, voller Narben und Schwielen und sahen aus, als würde er sich durchaus auch mal prügeln. Die Nägel waren sauber und kurz geschnitten, aber der linke Daumennagel war auf einer Seite tief eingerissen.

Mit einem unglücklichen Lächeln betrachtete sie ihre Hände. Sie waren auch nicht gerade glatt wie Seide. Aber sie war schließlich Chefköchin, Schnitte und Verbrennungen gehörten zu ihren Berufsrisiken. Im Vergleich zu Zachs Händen hätten ihre allerdings die einer verwöhnten Südstaatenschönheit auf einer dieser alten Plantagen sein können. Die breiten Handrücken und die grobknochigen Finger ließen Zachs Hände eindeutig männlich aussehen.

Einen Augenblick später warf sie heimlich einen Blick auf seinen Mund und blieb an der dünnen blassen Narbe hängen, die seine Oberlippe teilte. Ihre Brustwarzen richteten sich auf, und sie spürte, wie sich eine Stelle tief zwischen ihren Schenkeln heftig zusammenzog. Rasch wandte sie den Blick wieder ab. O Gott, das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut.

Wie, zum Teufel, kam es, dass sie plötzlich scharf war wie eine Rasierklinge? Sie war sich der starken Anziehungskraft Zachs von Anfang an bewusst gewesen, hatte aber gedacht, dass sein beleidigendes Benehmen ihr gegenüber als eine Art Gegengift wirken würde. Kleine Dosen seines miesen Charakters in regelmäßigen Darreichungen sollten sie eigentlich dauerhaft immun gegen ihn machen.

Heute hatte er sich allerdings Mühe gegeben, freundlich zu sein. Na ja, ein bisschen freundlicher zumindest, aber wenn man daran gewöhnt war, es mit Conan, dem Barbaren, zu tun zu haben, dann machte ein annähernd menschliches Verhalten einen gewaltigen Unterschied, und sie hatte ihre schlechte Meinung von ihm tatsächlich revidieren müssen. Eine entscheidende Rolle hatte dabei natürlich diese Spur von Verletzlichkeit gespielt, die er heute Morgen gezeigt hatte, als er über seine Eltern sprach. Sie hatte an ihr Mitgefühl gerührt und grub sich jedes Mal, wenn sie daran dachte, noch tiefer in ihr Herz.

Aber war das nicht geradezu lächerlich? Lieber Himmel, seit Jahrhunderten fielen Frauen auf diese Harte-Schale-weicher-Kern-Masche herein. Sie rutschte auf ihrem Sitz nach hinten und straffte die Schultern. Wenn sie schon nicht klüger war, dann musste sie eben auf der Hut sein. Sie hatte ganz bestimmt nicht vor, auf dieses armselige Klischee hereinzufallen.

Trotzdem konnte sie es sich nicht verkneifen, Spekulationen über Zach anzustellen, während sie weiterhin von Zeit zu Zeit heimlich einen Blick auf seinen Mund warf. Er war weit gereist und stammte aus einer vermögenden Familie, und solche Familien ließen für gewöhnlich ihre Verbindungen spielen, um ihre Sprösslinge gut unterzubringen. Wie, in aller Welt, war er bei solchen Voraussetzungen an einen Verein wie die Marines geraten? Und warum wurde sie den Gedanken nicht los, dass er, weit davon entfernt, ein Engel zu sein, wie ein Teufel küsste?

Sie drückte sich fest gegen die Rückenlehne ihres Sitzes. Du lieber Himmel, Lily, hast du jetzt auch noch deinen letzten Rest Verstand verloren? Der Typ hält dich für ein geldgieriges Flittchen, und du denkst darüber nach, wie er küsst? Warum nicht gleich den Kopf gegen die nächstbeste Betonwand schlagen? Das wäre ungefähr genauso schwachsinnig.

Sie funkelte Zach an, als wäre er es gewesen, der sie dazu aufgefordert hatte, seine sexuelle Anziehungskraft zu bewerten. »Wenn Sie so verdammt besorgt sind«, fauchte sie, »dass Ihre Schwester von jedem Tom, Dick und Harry, der ihr über den Weg läuft, ausgenommen wird, warum, zum Teufel, haben Sie sich dann nicht die Mühe gemacht, ihr wenigstens ein paar grundsätzliche Dinge über den Umgang mit Geld beizubringen?«

Zachs Hände, die er bewusst die ganze Zeit in Bewegung gehalten hatte, um nicht etwas wirklich Dummes damit anzustellen, schienen am Lenkrad festzufrieren. Dann drehte er sich um und starrte Lily an. Was sollte das denn jetzt auf einmal? War das dieselbe Frau, die den ganzen Tag über so nervtötend fröhlich gewesen war? Man musste kein Sigmund Freud sein, um sein Problem zu erkennen, aber welche Laus war ihr denn plötzlich über die Leber gelaufen?

Wenn er darüber nachdachte, war es ihm allerdings völlig egal, was in sie gefahren war. Er wusste nur, dass er Lust auf einen Streit hatte ... und sie präsentierte ihm den Anlass dazu auf dem Silbertablett.

Er stützte sich mit einem Arm auf die Rückenlehne und musterte sie unverblümt von Kopf bis Fuß. Als eine heftige Röte ihr Gesicht überzog, fragte er schließlich gedehnt: »Und wie kommen Sie darauf, dass Sie das etwas angeht, Schätzchen?«

»Ich glaube, dass mich das etwas angeht, mein Guter, weil Glynnis demnächst fünfundzwanzig wird, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie man mit Geld umgeht, bevor ich vor ein paar Monaten damit anfing, ihr den einen oder anderen Tipp zu geben.«

»O ja, ich kann mir gut vorstellen, wie das abgelaufen ist. Sie müssen schon ein echter Menschenfreund sein, wenn Sie ihr Geld auf Ihr Konto umleiten.«

»Welches Geld? Haben Sie sich jemals im Entferntesten darum gekümmert, wie Ihre Schwester zurechtkommt? Okay, sie wohnt in diesem wunderbaren Strandhaus, und ihr Unterhalt ist für eine junge Frau in ihrem Alter recht großzügig. Aber selbst Ihnen muss doch aufgefallen sein, dass sie so gut wie nichts von finanziellen Dingen versteht. Man hat sie auf höhere Schulen in Europa geschickt, und sie wurde dazu erzogen, immer nur das Allerbeste zu erwarten. Niemand hat sich jemals die Mühe gemacht, ihr zu sagen, dass sie nicht weiterhin Geld ausgeben kann, wie sie es gewöhnt war, bevor ich mich mit ihr hingesetzt und ihr erklärt habe, warum das nicht mehr geht. Um Himmels willen, Zach, während sich ihre Altersgenossinnen mit der Konfektionsware im Kaufhaus begnügten, kaufte sie Designerklamotten. Sie wusste nicht einmal, wie man ein Scheckbuch führt, bis ich es ihr beigebracht habe!«

Er starrte sie an. Sie klang aufrichtig, aber das interessierte ihn nicht, deshalb wischte er ihre Worte mit einem knappen »Unsinn« beiseite. Aber in seinem Inneren regte sich sein Gewissen, wachgerufen durch eine alte Familienschuld.

»Es ist kein Unsinn«, sagte sie aufgebracht. »Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, Sie sind einer von diesen Kontrollfreaks, die ihre Frauen dumm halten wollen. Um was geht’s dabei? Um Macht? Verschafft Ihnen das einen Kick, oder was?«

Seine Schwester war alles an Familie, was Zach geblieben war, und er stand seit drei Tagen vor Sorge um sie unter Hochspannung. Eine Welle aus Wut und Schuld und dem Gefühl, versagt zu haben, überflutete ihn und beraubte ihn jeder Selbstbeherrschung, und vielleicht zum ersten Mal, seit er erwachsen war, reagierte er, ohne über die Folgen seines Tuns nachzudenken. Er packte Lily an den Schultern und zerrte sie halb aus ihrem Sitz. Dann zog er sie über die Mittelkonsole zu sich heran, beugte seinen Kopf vor, bis sich ihre Nasen fast berührten, und knurrte: »Wissen Sie was, Lady? Sie reden nur Scheiße. Selbst wenn ich nur halb so sehr davon besessen wäre, alles unter Kontrolle zu haben, wie Sie mir vorwerfen, stünden mir mehr als genug Leute zur Verfügung, an denen ich mich austoben könnte. Ich kann jederzeit große, hartgesottene Marines herumschubsen — ich habe es bestimmt nicht nötig, meinen angeblichen Kontrollwahn an meiner kleinen Schwester auszuleben.«

Zu seiner Überraschung hatte sie nicht sofort eine neunmalkluge Erwiderung parat, und insgeheim wollte er sich schon beglückwünschen, weil er endlich einen Punkt gegen sie gemacht hatte, als ihm auffiel, dass sie wie gebannt auf seinen Mund starrte. Er erstarrte ... und spürte das Zittern, das durch ihren Körper lief.

Langsam hob sie den Blick und sah ihm in die Augen. Sie schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und er bekam in so rasender Geschwindigkeit einen Ständer, dass er nicht überrascht gewesen wäre, wenn es ihm die Schwanzspitze zerquetscht hätte, als sie gegen seinen Hosenschlitz stieß. Er ließ Lily so abrupt zurück auf ihren Sitz fallen, dass ihre Brüste auf und ab hüpften, rutschte an die Fahrertür und rieb sich mit den Fingern die Stirn.

Jesus. Was, zum Teufel, war das denn gerade gewesen? Hatte sie seinen Mund wirklich so angesehen, als würde sie am liebsten ein großes Stück abbeißen, oder war ihm vor lauter Anspannung zu guter Letzt eine Ader im Kopf geplatzt? Dann zog er nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Vielleicht verlagerte sich ja auch ihre Aufmerksamkeit von seiner Schwester auf ihn. Schließlich hatte er wesentlich mehr Geld als Glynnis.

Diese Theorie wäre um einiges plausibler gewesen, wenn Lily in diesem Moment auch nur im Entferntesten wie eine Frau ausgesehen hätte, die mit Hilfe von Sex Macht über Männer ausübt. Stattdessen saß sie blinzelnd vor ihm, und als sich ihre Blicke trafen, überzog eine flammende Röte ihren Hals.

Dann schien sie sich wieder zu fangen.

»Okay«, krächzte sie. Sie räusperte sich und setzte erneut an. »Okay, vielleicht habe ich mich getäuscht, was die Sache mit der Kontrolle angeht. Wenn es so ist, bitte ich um Entschuldigung. Aber was Glynnis’ Unwissenheit in Gelddingen angeht, täusche ich mich nicht.« Sie setzte sich etwas aufrechter hin. »Sie wusste tatsächlich nicht, wie man ein Scheckbuch führt, bis ich es ihr gezeigt habe, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie sich ihr Geld einteilen sollte.«

Zach ließ die Hand sinken. »Ich verstehe es ja auch nicht. Sie kauft teuer ein, das stimmt, aber Großvater muss ihr irgendetwas darüber beigebracht haben, wie man seine Finanzen regelt. Er war die ganze Zeit wie verrückt dahinter her, dass ich lerne, verantwortungsbewusst mit Geld umzugehen, weil ich eines Tages das Familienunternehmen übernehmen sollte. Als ich mich weigerte, mich seinen Plänen zu beugen, und stattdessen zu den Marines ging, dachte ich, dass er Glynnis entsprechend erziehen würde.« Er sah sie an, während er verstohlen seine Hose richtete. »Er musste wirklich immer über alles die Kontrolle haben.«

Er hielt inne. »Er war ein Kontrollfreak«, sagte er. »Und ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass der alte Mistkerl Glynnis absichtlich nichts beigebracht hat.«

Zwischen Lily Augenbrauen erschien eine tiefe Falte. »Warum sollte er so etwas tun?«

»Verdammt noch mal, das weiß ich doch nicht. Er war stinksauer auf mich, als ich nicht mehr spuren wollte — vielleicht dachte er, ich würde nach Hause kommen und mich um sie kümmern, wenn ich mitbekam, was da vor sich ging, und nicht nur um sie, sondern auch um das Geschäft, so wie er es wollte. Mein Gott, dieser Mann war eiskalt. Er rastete aus, wenn er seinen Willen nicht durchsetzen konnte, und wenn es Großmutter nicht gegeben hätte, wäre das Leben in diesem verdammten Mausoleum unerträglich gewesen.« Bei der Erinnerung an seine Großmutter überkam ihn ein Gefühl von Wärme, und ein zärtliches Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Sie war wunderbar — Glynnis hat ihr liebenswürdiges Wesen von ihr.«

»Glynnis hat mir erzählt, dass ihre Großmutter starb, als Sie beide noch sehr jung waren.«

»Ja, im gleichen Jahr wie meine Eltern, nur ein paar Tage nach meinem Schulabschluss. Von da an gab es nur noch Großvater und mich, Glynnis hatte man in ein Internat in Genf gesteckt, als Großmutter krank wurde. Es gefiel ihr dort nicht, aber das war typisch für den alten Herrn. Er hat sich einen Dreck darum gekümmert, was wir wollten. Er wollte Glynnis aus dem Weg haben, also hat er sie weggeschickt. Und er beschloss, dass ich darauf gedrillt werden sollte, das Familienunternehmen zu übernehmen.« Bei der Erinnerung an diese erdrückende Last an Erwartungen zog er am Halsausschnitt seines Sweatshirts.

»Also sind Sie davongelaufen und zu den Marines gegangen?«

Er sah sie stirnrunzelnd an. »Ich bin nicht davongelaufen. Ich war achtzehn; ich habe einfach nur von meinem Recht Gebrauch gemacht, selbst über meine berufliche Zukunft zu entscheiden. Und die sollte sicher nicht darin bestehen, Tag für Tag in einem Büro zu sitzen.«

Ihre Lippen verzogen sich zu einem mitfühlenden Lächeln. »Nein«, sagte sie ernst. »Das kann man sich wirklich nicht vorstellen. Ich bin sicher, dass Sie in einem Büro innerhalb kürzester Zeit einen Koller bekommen hätten.«

Ihre Bemerkung überraschte ihn. Er hätte gedacht, sie erwartete von einem Mann, dass er den Job wählte, der das meiste Geld brachte. Flüchtig kam ihm der unbehagliche Gedanke, dass sie vielleicht doch nicht so ganz dem Bild entsprach, das er sich von ihr gemacht hatte, aber er schob ihn schnell beiseite. Pass bloß auf, ermahnte er sich.

Und er gestattete sich auch nicht, darüber nachzudenken, warum er das tun sollte.

Ein paar Stunden später, als die Sonne bereits hinter den Bergen im Westen untergegangen war, riss ein Klopfen an der Scheibe Miguel aus seinem leichten Schlummer. Er setzte sich auf, und ein Adrenalinstoß schoss durch seine Adern, weil er fast damit rechnete, den Stabsfeldwebel vor sich zu sehen, der wütend von ihm wissen wollte, was er hier zu suchen hatte. Stattdessen erblickte er eine fremde junge Frau, die sich nach vorne beugte, um durch das Fenster zu spähen. Miguel kurbelte die Scheibe herunter.

»Darf ich bitte mal Ihre Fahrkarte sehen, Sir?«

Es dauerte einen Augenblick, bis er geistig umgeschaltet hatte; dann blinzelte er, gähnte und nahm die Fahrkarte vom Armaturenbrett, um sie der Frau zu reichen.

Sie warf einen Blick darauf und runzelte die Stirn. »Sie stehen in der falschen Reihe.«

»Qué?«

»Diese Fahrkarte gilt bis San Juan Island. Aber Sie stehen für Orcas Island an.«

Innerlich fluchend, nickte er der jungen Frau eifrig zu. »Sí. Orcas Island.«

»Sie haben eine Fahrkarte nach San Juan. Sie haben dafür mehr bezahlt als für die Fahrt nach Orcas Island.«

Er tat so, als verstünde er sie nicht, und hoffte, sie würde weitergehen.

Sie seufzte. »Sie haben zu viel bezahlt«, sagte sie laut, als sei er taub und nicht lediglich des Englischen nicht mächtig, und wollte ihm die Fahrkarte zurückgeben. »Wenn Sie damit zum Schalter gehen, können Sie sie umtauschen und bekommen Geld zurück.«

Die Leute begannen bereits, in seine Richtung zu sehen, und Miguel wollte, dass sie endlich verschwand, bevor auch noch Taylor auf ihn aufmerksam wurde. »Si«, wiederholte er. »Orcas Island.«

»Ach, was soll’s«, sagte sie. »Wie Sie wollen. Aber sagen Sie nicht, ich hätte es nicht versucht.« Dann legte sie die Karte schulterzuckend auf den Packen in ihrer Hand und ging zum nächsten Wagen.

Sie hielt ihn offensichtlich für einen Idioten, und Miguel bedachte erst ihren Rücken im Seitenspiegel mit einem wütenden Blick und dann den Jeep drei Wagen vor ihm. Auch für diese Demütigung würde Taylor bezahlen. Doppelt und dreifach würde er dafür bezahlen.

Love Collection II

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