Читать книгу Love Collection II - Clare Dowling - Страница 23
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ОглавлениеLilys Arm rutschte von Zachs Hals und plumpste auf die Matratze. Ihm folgten ihre Beine, als sie von Zachs Schultern glitten, und sie lag matt und erschöpft da. So fühlte sich also richtig guter Sex an. Sie wollte nichts weiter als einfach daliegen und das Gewicht von Zachs reglosem Körper spüren — bis ihr plötzlich auffiel, dass sie ihn nicht atmen hörte, und sie war sie sich auch keineswegs sicher, ob das sein Herzschlag war, den sie da spürte, oder nicht doch ihr heftig klopfendes Herz. Unter Aufbietung aller Kräfte hob sie die rechte Hand und tätschelte seinen schweißbedeckten, muskulösen Rücken. »Lebst du noch?«
»Weiß nicht«, murmelte er in ihre Halsbeuge. Aber eine seiner Hände bewegte sich und streichelte sie von der Achsel bis zur Hüfte und wieder zurück. »Vielleicht bin ich auch gestorben und befinde mich jetzt im Himmel.«
Na, wenn das alles ist. Ich dagegen habe mich vielleicht verliebt —
Nein. Erschrocken ließ sie die Hand sinken. Das ist nicht wahr, also denk so etwas nicht einmal. Sie hatte einfach nur Sex gehabt, von dem sie vorher nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Das darf man nicht mit Liebe verwechseln.
Aber es war schwer, nicht in Panik zu geraten, besonders weil Zach, der offensichtlich ihre wachsende Anspannung spürte, nun auch noch den Kopf hob, um sie anzusehen, und fragte: »Geht’s dir gut?«
»Ja. Klar. Es ist nur ... du bist ein bisschen schwer, und ich, äh, ich muss aufs Klo.« O Mann, was für eine Lügnerin du doch bist. Ganz zu schweigen davon, wie feige. Trotzdem war sie erleichtert, als sich Zach von ihr herrunterrollte. Sie rutschte zur Bettkante, dann setzte sie sich mit dem Rücken zu ihm auf und holte ein paar Mal tief Luft, um wieder zu sich zu kommen. Als er plötzlich mit dem Finger an ihrem Rückgrat entlangstrich, schaffte sie es gerade noch, nicht wie eine aufgescheuchte Katze in die Luft zu springen. Stattdessen warf sie ihm über die Schulter ein Lächeln zu, das etwas unbestimmt geriet, weil sie ihm dabei nicht in die Augen sah.
»Bin gleich wieder da«, murmelte sie in seine Richtung und erhob sich. Sie zog die Überdecke vom Bett, wickelte sich hinein und stolperte ins Bad.
Einen Moment später schloss sie die trennende Tür hinter sich. Sie stützte die Hände auf das Waschbecken und starrte in das besorgte Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte. »Ich werde mich nicht verlieben«, schwor sie sich mit leiser Stimme. »Ich werde mich nicht verlieben!«
»Hast du was gesagt?«, rief Zach.
»Nein, vielmehr, ja, aber ich spreche nur mit mir selbst.«
Sie hörte ihn lachen und sah wieder in den Spiegel. Mein Gott. Sie sah in ihre weit aufgerissenen Augen. Ich bin im Begriff, mich zu verlieben.
Das war furchtbar. Wenn sie sich schon verlieben musste, warum dann ausgerechnet in diesen Mann? Eine schlimmere Wahl konnte sie nicht treffen — es war bei weitem die schlimmste.
Entschlossen reckte sie das Kinn in die Höhe. Wo lag eigentlich das Problem? Die Antwort war doch ganz simpel: Tu’s nicht ... Verlieb dich einfach nicht. Ein bisschen Distanz, ein bisschen Abwechslung, und sie würde darüber hinwegkommen. Das Ganze war wahrscheinlich nichts weiter als eine reflexartige Reaktion auf den tollen Sex.
Oh, Lily, bitte. Sie atmete tief aus. Lüg Zach an, wenn es sein muss. Aber belüg dich nicht selbst.
Sie hatte früher auch guten Sex gehabt. Vielleicht war er nicht so überwältigend gewesen wie der, den sie gerade mit Zach gehabt hatte, aber doch ziemlich gut. Aber damals hatte sie nicht gleich gedacht, dass sie verliebt war, nur weil sie sich gut fühlte.
Andererseits hatte sie auch nie versucht, sich einzureden, dass sie für den aktuellen Mann in ihrem Leben nichts empfand. Bis sie Zach kennen gelernt hatte, hatte sie zu Beginn jeder ihrer letztlich immer recht kurzen Beziehungen gedacht, dass sie Zukunft hätten. Und wenn ihr das nicht zu denken gab, dann war ihr wirklich nicht mehr zu helfen.
Sie hatte Angst, dass es dieses Mal wirklich etwas Ernstes war. Sie wusste zwar nicht, warum, aber so war es nun mal.
Die Frage war nur, was sollte sie dagegen tun?
Selbst wenn er ihre Gefühle erwidern sollte — und besah man es genauer, war das ein ziemlich großes Wenn –, war sie dann bereit, ihren Traum von einem eigenen Restaurant aufzugeben, nur um mit einem Soldaten durch die Lande zu ziehen?
Nein. Sie straffte die Schultern, ließ die Decke fallen und nahm ihren grünen Satinmorgenmantel von dem Haken an der Tür. Jetzt sei mal einen Moment lang realistisch. Liebe war ja eine schöne Sache, aber egal, was einen die Pop-Songs glauben machen wollten, sie war nicht unbedingt die Lösung aller Probleme. Den Traum von einem eigenen Restaurant hegte sie schon ihr ganzes Leben ... und das war nicht einfach ein Ziel, das man so mir nicht dir nichts aufgab. Abgesehen davon, dass sie mit ihren Eltern lange genug alle paar Monate umgezogen war und keine Lust hatte, wieder damit anzufangen.
Zach würde vermutlich sowieso in Panik geraten, wenn er wüsste, dass sie eben dabei war, eine Entscheidung über ihre gemeinsame Zukunft zu treffen. Die Chancen standen gut, dass Zach gründlich darüber nachgedacht hatte, ob sie nicht gleich die Hochzeitsglocken läuten hören würde, wenn er mit ihr ins Bett ging. Und da sie schon lange niemand mehr für ein Kind halten konnte, das mit unschuldigen Augen in die Welt schaute, war er bestimmt zu dem Schluss gekommen, dass sie alt genug war, das Spiel zu kennen — dass man ihr also zutrauen konnte, keine Luftschlösser zu bauen, nur weil sie beide gerade eben der Anziehung nachgegeben hatten, die zwischen ihnen bestand, seit sie sich das erste Mal gesehen hatten.
Sie zupfte an ihren Haaren, um sie in eine gewisse Form zu bringen, und richtete sich so gerade wie möglich auf, dann zog sie den Mantel enger um ihre Taille und band den Gürtel fest. Sie musste zurück, bevor er sich fragte, was sie hier drin eigentlich trieb. Alles, was sie momentan tun konnte, war, den Dingen ihren Lauf zu lassen und von Augenblick zu Augenblick zu leben, wenn nicht mehr zu haben war.
Nur, bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass ich mich verrate. Unter dem plötzlichen Ansturm von Gefühlen kam sie sich schutzlos und verwundbar vor, und sie wollte nicht wie eine Idiotin dastehen. Das war das Einzige, was sie vermutlich nicht ertragen könnte.
Zach lag auf der Seite und hatte einen Arm unter seinen Kopf geschoben, als sie zurückkam. Sobald er sie sah, stützte er sich auf den Ellbogen. »Geht’s dir gut?«
»Ja, klar. Absolut.« Sein besorgter Ton machte es ihr leicht, ihm zuzulächeln. Er wirkte so stark und dunkel unter dem weißen Laken, das ihm bis zur Taille gerutscht war. Für einen so harten Kerl war er ziemlich besorgt um ihr Wohlergehen.
Als ob er Angst hätte, dass sie seine Besorgnis missverstehen könnte, zogen sich im nächsten Moment seine Augenbrauen zusammen. »Hör mal, Lily, ich finde, wie sollten darüber reden, was —«
Scheiße. Sie trat schnell zum Bett, ließ sich neben ihn sinken und legte ihre Finger auf seine Lippen. Das Letzte, was sie jetzt glaubte, ertragen zu können, war dieses Eshat-Spaß-gemacht-aber-wir-wollen-die-Realität-doch- nicht-aus-den-Augen-verlieren-Gerede. »Du musst dir keine Gedanken machen, dass ich zu viel von dir erwarte«, versicherte sie ihm mit sanfter Stimme. »Wir sind beide erwachsen, und ich weiß, das einzig Wichtige für dich ist im Augenblick, dass Glynnis und David zurückkommen. Alles andere hat keine Bedeutung.«
Er schlang seinen Arm um ihre Hüfte und zog ihre Finger von seinen Lippen. »Du brauchst nicht zu glauben, dass mir das eine Mal gereicht hat«, sagte er heiser.
Lily fand es ziemlich traurig, dass sein offenkundiges Verlangen nach mehr sie wieder entflammte wie eine Wunderkerze an Weihnachten. Guter Gott, vielleicht hieß das ja, dass sie ihm bereits verfallen war? Aber sie zwang sich, leichthin zu sagen: »Gut. Denn mir geht es nicht anders, was dich betrifft.«
»Dann kannst du darauf wetten, dass es nicht das letzte Mal war«, sagte er. »Nur –«
»Ich weiß«, unterbrach sie ihn sanft, weil sie merkte, dass sie es nicht ertragen würde, sich seine Vorbehalte anzuhören. Nicht gerade jetzt, wo all diese neuen Gefühle auf sie einstürmten. »Du musst Glynnis retten, und ich ... nun, ich will endlich mein Traumrestaurant eröffnen. Ich verstehe es also, okay?«
»Ja«, sagte er leise, und der tiefe Ton seiner Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut vom Nacken bis zum Hintern. Er packte sie an der Taille, zog sie mit eine raschen Bewegung neben sich aufs Bett und beugte sich über sie. »Ja«, wiederholte er und sah mit seinen intensiven hellen Augen mit dem dunklen Ring um die Iris auf sie hinunter. »Okay.«
Als wieder nur das Besetztzeichen ertönte, musste Zach sich zusammenreißen, um den Hörer nicht frustriert auf die Gabel zu knallen. Stattdessen legte er mit erzwungener Ruhe auf und starrte dann zum ungefähr hundertsten Mal zur Tür des Badezimmers, das sein Zimmer mit dem von Lily verband. Es war ein verdammtes Glück, dass sie unten war und das Frühstück für alle zubereitete, dachte er, weil er sonst garantiert einen Streit mit ihr angefangen hätte.
Der Gedanke ließ ihn innehalten. Mann, Taylor, was ist nur los mit dir? Die letzte Nacht war unglaublich — sie hat dir alles gegeben, wovon du nur träumen konntest, und offensichtlich auch selbst ihren Spaß daran gehabt. Warum bist du dann sauer? Er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Er war nicht so eingebildet zu glauben, dass eine gemeinsame Nacht, egal, wie toll sie gewesen war, sie dazu bringen würde, ihm ewige Liebe zu schwören. Aber war das zwischen ihnen beiden nicht etwas ganz Besonderes gewesen? Und hatte sie es nicht ziemlich eilig damit gehabt, es wieder zu zerstören?
»Mist!« Er nahm seine Hände aus seinen Haaren und strich sich über die Stirn. Was war nur los mit ihm? Sie hatten es die ganze Nacht wie die Karnickel miteinander getrieben, und er sollte erleichtert sein, dass er ihr nicht erst sagen musste, sie solle nicht den ganzen Gefühlsschrott von ihm erwarten, den die meisten Frauen offenbar hören wollten. Warum war es dann wie eine kalte Dusche für ihn gewesen, als sie sich so distanziert zeigte? Mann, sie hatte ihm die beste aller Welten eröffnet. Sie hatte ihm ihre Lippen geboten und ihren wundervollen Körper, sie war reizend und süß gewesen, und zwar ohne das ganze idiotische und kitschige Getue, das normalerweise damit einherging. Er sollte —
Quatsch, nichts sollte er. Er seufzte noch einmal auf, dann wandte er sich wieder dem Telefon zu, nahm den Hörer und wählte Coopers Nummer. Dieses Mal ertönte am anderen Ende der Leitung das Freizeichen.
Beim dritten Mal wurde abgehoben. »Ja?«
»Coop, ich bin’s, Zach.«
»Hallo, Midnight, wie ist die Lage? Diese ganze Warterei geht ziemlich an die Nieren, oder?«
Schlimmer wär’s ohne Lilys wunderbare Ablenkung gewesen. Kaum war ihm der Gedanke durch den Kopf geschossen, wischte er ihn ungeduldig beiseite. »Ist schon okay Ich, äh, ich habe mich gefragt, ob ich dich und John um einen Gefallen bitten könnte.«
»Klar. Schieß los.«
»Der Entführer hat gesagt, dass wir am Samstag wieder von ihm hören werden. Könnt ihr beide mir Unterstützung leisten, wenn ich ihn mir schnappe? Ich könnte die Hilfe von Leuten gebrauchen, denen ich vertraue — ein bisschen Rückendeckung, von der keiner in diesem Gemäuer etwas weiß.«
Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung, und Zach, dem es schon nicht behagt hatte, überhaupt fragen zu müssen, sagte steif: »Natürlich nur, wenn es kein Problem für euch ist.«
»Nein, keineswegs. Ich überlege nur, was ich Ronnie sagen soll —«
Was er Ronnie sagen sollte? Das erste Mal an diesem Vormittag verzogen sich Zachs Lippen zu einem Lächeln. »Der Iceman muss sein kleines Frauchen fragen, ob er raus zum Spielen darf? Sag mir, dass das nicht wahr ist, Blackstock.«
»Ist es ja auch nicht«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Dann lachte Coop. »Mist. Wenn ich aus deinem Mund jemals was von Abhängigkeit hören sollte, dann kriegst du eins auf die Mütze, Freundchen. Aber ich kenne Ronnie, sie wird mitkommen und uns helfen wollen. Und das will ich vermeiden.«
Zach war verwirrt. »Was glaubt sie, ausrichten zu können, was drei gut ausgebildete Marines nicht zustande brächten?«
»Was weiß denn ich, aber sie wird trotzdem helfen wollen. Wie auch immer, du kannst auf uns zählen. Wir kommen am Freitag und suchen uns ein Hotel. Sag einfach, wo wir uns treffen, um eine Strategie zu entwickeln.«
»Danke, Coop.«
Sein Freund schnaubte unwillig. »Spar dir das. Ich möchte dabei sein, wenn Glynnis zurückkommt, um mir ihren neuen Freund anzusehen. Irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass sie nicht an den Falschen gerät.« Im Hintergrund war eine Stimme zu hören, und Coop knurrte etwas Unverständliches.
»Was ist?«, fragte Zach.
»Rocket sagt, der Typ hat Kohle, und nachdem deine Schwester das Geld mit vollen Händen ausgibt, ist das doch schon mal ein viel versprechender Anfang.«
Zach musste laut lachen.
»Wart mal, John will mit dir reden«, sagte Coop, und dann war ein leises Rascheln zu hören, als er den Hörer weiterreichte.
Einen Moment später ertönte Rockets Stimme. »Hi.«
»Hallo.« Zach war zu nervös, um Small Talk zu betreiben, und fragte daher ohne Umschweife: »Und? Hattest du Erfolg mit deinen Nachforschungen?«
»Hängt davon ab, was du unter Erfolg verstehst.« Als Zach ungeduldig schnaubte, wurde seine Stimme ernst. »Tut mir Leid. Es wäre nur einfach mal ganz nett, eine Familie zu überprüfen, die ein bisschen weniger von den Borgias und etwas mehr von der Kelly Family an sich hat. Ich habe ein paar Informationen, aber die helfen uns auch nicht sehr viel weiter.«
Na toll. Zach hatte gewusst, dass er keine einfache Lösung erwarten durfte, trotzdem krampfte sich sein Inneres zusammen. Er straffte entschlossen die Schultern und atmete tief durch. »Was willst du damit sagen — dass die Beaumonts alle unter einer Decke stecken?«
John lachte. »Nein, so schlimm ist es nicht. Keine politischen Machenschaften und auch kein Inzest. Wie immer geht es letztlich um Geld. Das Vermögen der Familie liegt in den Händen des Freundes deiner Schwester. Er hat alles bis auf den letzten Cent geerbt, als sein Vater starb.«
»Kein Witz?« Zach sah sich in dem luxuriösen Zimmer um, in dem man ihn untergebracht hatte. »Er hat alles bekommen?«
»Siehst so aus. Mama Bär erhält eine bescheidene jährliche Rente, aber alles Übrige — das Unternehmen und das Anwesen der Familie — ging an Baby Bär.«
»Da fragt man sich doch, ob sie das gut findet, oder?«
»Ja, das tut man.«
»Wann ist der alte Herr abgetreten?«
»Vor drei Jahren. David war damals gerade mal dreiundzwanzig. Offensichtlich hat unser Junge nicht bloß Stroh im Kopf und außerdem ein glückliches Händchen für Finanzen. Nach allem, was man hört, ist der Wert des Unternehmens nach der Übernahme durch ihn kräftig gestiegen.«
»Das hier ist eine ziemlich kleine Insel, die vom Tourismus abhängig ist, soweit ich weiß. Um welche Art Unternehmen handelt es sich denn?«
»Es hat was mit Telekommunikation und Sendeanlagen zu tun oder so. Ich habe mir den Geschäftsbericht angesehen, aber um ehrlich zu sein, haben mich die Zahlen unterm Strich mehr interessiert als die Produkte, durch die sie zustande kommen. Ich habe keine Ahnung, ob sie Mobiltelefone oder Satellitensysteme herstellen oder was auch immer. Aber so viel kann ich dir sagen. Es ist keine kleine Klitsche. Das Unternehmen hat einen Gesamtwert von über neun Millionen Dollar. Dazu kommt noch das Familienanwesen, auf dem du dich gerade herumtreibst, das zwei Millionen wert ist. Wenn du weitere Einzelheiten wissen willst, kann ich mir den Bericht noch einmal genauer ansehen.«
»Nein, das ist nicht die eigentlich interessante Frage. Wichtig ist, dass David der einzige Nutznießer eines großen Vermögens zu sein scheint. Hast du eine Ahnung, an wen es geht, wenn ihm etwas zustößt?«
»Solange er nicht verheiratet ist, geht es alles zurück an Mama.«
Zach pfiff durch die Zähne. »Kein schlechtes Motiv, oder? Gerade jetzt, wo er im Begriff ist, Glynnis zu heiraten.«
»Man sollte sie jedenfalls nicht von der Liste streichen, so viel ist sicher.«
»Aber deiner Bemerkung über die Borgias nach zu schließen, ist sie nicht die Einzige, die man im Auge behalten sollte, richtig?«
»Na ja, die ganze Familie scheint nach Papas Tod bei David und seiner Mama eingezogen zu sein. Cousine Cassidy ist meinen Nachforschungen zufolge ziemlich verschuldet. Sie hat ein kleines Vermögen mit ihren Kreditkarten durchgebracht, und ihr wurden zwei Visa-Karten und eine American-Express-Karte gesperrt. Cousine Jessica scheint ein unbeschriebenes Blatt zu sein, genauso wie ihr Ehemann Christopher und Cousin Richard.« Er räusperte sich. »Wenn du mich nicht fragst, wie, verrate ich dir, dass ich es geschafft habe, an die Einzelnachweise der Telefonate der Beaumonts zu kommen.«
»Und warum ist das von Bedeutung?«
»Wegen der Zahl der Anrufe, die von dort zu einem Konkurrenten in Kalifornien gingen. Das muss nichts bedeuten, es kann aber auch heißen, dass jemand aus dem Haus in Industriespionage verwickelt ist. Mit anderen Worten, ich weiß nicht, ob man was mit diesen Informationen anfangen kann. Ich habe mit meinen Nachforschungen gerade erst angefangen und kann dir noch keine Einzelheiten geben. Aber du kannst deinen Arsch darauf verwetten, dass ich sie kriege, und bis dahin würde ich keinen von der Liste streichen. Man weiß ja nie, was man noch alles ans Licht befördert, wenn man erst mal zu graben begonnen hat.«
Kurz darauf legten sie auf, und Zach kramte in der Schublade des kleinen Schreibtisches in seinem Zimmer, bis er ein Blatt Papier gefunden hatte. Er legte es auf die Schreibunterlage, setzte sich hin und unterteilte es in einzelne Spalten, über die er jeweils den Namen eines Beaumont schrieb. Unter den Namen listete er alle Informationen auf, die ihm John über die betreffende Person gegeben hatte, und außerdem notierte er noch seine eigenen Eindrücke. Dabei kam zwar nichts unmittelbar Erhellendes heraus, aber es half ihm, sich die Details besser zu merken.
Kurz darauf fiel sein Blick auf die Uhr auf dem Schreibtisch, und er stellte fest, dass es schon längst Zeit zum Frühstücken war. Er erhob sich rasch, faltete das Blatt mit seinen Notizen klein zusammen, steckte es in seine Hosentasche und machte sich auf den Weg nach unten.
Während er die Haupttreppe hinunterhastete, ging ihm durch den Kopf, dass sein Verhalten doch reichlich merkwürdig war. Zu einer Mahlzeit zu eilen sah ihm gar nicht ähnlich, selbst wenn Lily sie zubereitet hatte. Er war schließlich Berufssoldat, verdammt noch mal. Wenn ihm Essen so wichtig wäre, dann hätte er es nie im Leben achtzehn Jahre bei der Armee ausgehalten.
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube erkannte er, dass es mit ihr zu tun hatte. Lily. Es war die Aussicht, sie wieder zu sehen, ihr nahe zu sein, sich an diesem breiten Lächeln zu wärmen. Schon der Gedanke an sie ließ sein Herz schneller klopfen.
Mist.
Am Abend dieses Tages kam Jessica in die Küche gestürmt und warf ein Foto, das sie aus einer Zeitschrift herausgerissen hatte, vor Lily auf die Arbeitsplatte. »Was meinen Sie?«, fragte sie atemlos, griff nach einer weißen Schürze und band sie sich um. »Glauben Sie, diese Frisur würde mir stehen?«
»Gütiger Himmel«, sagte Lily lachend. »Ich habe ein Monster geschaffen.« Dann beugte sie sich vor, um sich das Bild anzusehen, und ihre Augen weiteten sich. »Wow. Sie lernen schnell.« Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, nahm das Foto hoch und hielt es unters Licht, um es genauer zu betrachten. Sie blickte kurz auf, um Jessica zu mustern, und wandte sich dann wieder dem Bild zu.
Jessica trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Und?«
»Ich sage es gerne noch einmal.« Ihre Blicke trafen sich, und Lily grinste. »Wow. Ich glaube, das würde Ihnen wahnsinnig gut stehen.«
»O Gott. Das glaube ich auch.« Jessica lachte und fing an, die Zutaten für die Salatsoße zusammenzusuchen. Sie zerzupfte die Blätter eines Romana-Salats und warf sie in eine Schüssel, die sie zuvor mit Olivenöl und einer Knoblauchzehe eingerieben hatte, dann nahm sie ein Messer und eine Frühlingszwiebel. »Das Model hat dieselbe Gesichtsform wie ich. Und ihre Haare scheinen ähnlich zu sein wie meine.«
»Ja, und sehen Sie mal, wie der Schnitt ihren Hals betont. Sie haben auch so einen eleganten Schwanenhals.«
»Ich werde gleich morgen beim Friseur anrufen und fragen, wann ein Termin frei ist.« Jessica mischte die Salatzutaten. »Soll ich eine Salatsoße mit Rotwein machen?«
»Ja, das würde gut passen.« Lily sah verstohlen zu ihr hinüber, während sie ein Blech mit leicht angebräunten Rebhühnern aus dem Backofen holte, um sie mit einer Preiselbeer-Essig-Soße zu bestreichen. »Wenn Sie bald einen Termin bekommen und der Friseur in der Stadt ist, würde ich gerne mitkommen. Ich brauche ein paar Pilze für ein Rezept, das ich gerne ausprobieren möchte.«
»Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich es weiß.« Als sie das Dressing umrührte, bemerkte sie einen roten Fleck auf ihrer weißen Bluse. »Mist.«
Lily folgte ihrem Blick. »Oje, ist das Wein? Ist das passiert, bevor oder nachdem sie ihn mit dem Öl verrührt haben?«
Jess sah auf ihre Bluse hinunter. »Es sieht nicht ölig aus, wahrscheinlich ist es also vorher passiert.«
»Dann ist es nur halb so schlimm. Schalten Sie den Wasserkocher ein.« Nachdem Jessica das getan hatte, deutete sie mit dem Kopf zur Tür. »Ich habe hier alles im Griff. Ziehen Sie sich um, und bringen Sie Ihre Bluse wieder mit runter. Solange es nur Wein ist, kriegen wir den Fleck mit kochendem Wasser raus.«
Jessica nahm zwei Stufen auf einmal, als sie die Treppe zu ihrer Wohnung hochlief, um sich dort umzuziehen. Das Leben war in den letzten paar Tagen so interessant geworden. Sie fühlte sich hübscher und viel lebendiger, und auch Christopher schien ihr neues Ich zu gefallen. Seit ihrer modischen Erweckung konnte er offensichtlich nicht mehr die Finger von ihr lassen.
Sie lächelte, als sie vor ihrer Tür anlangte, aber dieses Lächeln war wie weggewischt, als sie die Tür öffnete und ihn hastig sagen hörte: »Ich muss jetzt aufhören. Wir sprechen uns bald wieder.« Er legte in dem Augenblick den Hörer auf, in dem sie ins Schlafzimmer trat.
In der letzten Zeit passierte das öfter. »Mit wem hast du gesprochen?«, fragte sie, während sie ihre Bluse auszog und im Schrank nach einer neuen suchte.
»Ach, mit niemandem«, sagte er und zuckte mit einer seiner breiten Schultern, als sie sich umdrehte und ihn ansah. »Niemand, den du kennst, jedenfalls. Es geht um ein neues Projekt.«
Ihr Herz zog sich zusammen. Sie liebte ihn so sehr und hatte ihr Glück nie ganz fassen können, dass er sich gerade sie ausgesucht hatte. Es war, als hätte sie die letzten beiden Jahre damit verbracht, darauf zu warten, dass die Seifenblase zerplatzte, und sie fragte sich, ob dieser Moment nun gekommen war.
Irgendetwas ging hier vor sich, auch wenn sie es nicht wahrnehmen wollte. Egal, was es war, sie wollte auf jeden Fall nichts davon wissen, so sah die traurige Wahrheit aus.
Christopher lenkte ihre Aufmerksamkeit ab, als sein Blick über ihren Satin-BH wanderte. Seine grünen Augen wurden ganz dunkel.
»Was für ein hübscher Anblick«, sagte er, stand auf und kam zu ihr herüber. Er strich mit dem Finger über einen der Träger, dann fuhr er am Rand des BHs zwischen ihren Brüsten entlang. »Bist du raufgekommen, um mir hier die Vorspeise zu servieren?«
Die Stelle tief zwischen ihren Schenkeln reagierte sofort und zog sich zusammen, aber sie lachte nur und trat einen Schritt zurück. »Nein. Ich bin nur raufgekommen, um mir eine saubere Bluse anzuziehen. Die andere habe ich mit Rotwein bekleckert. Ich muss sie runter in die Küche bringen und versuchen, den Fleck wieder rauszukriegen.«
Er nahm ihr die Bluse, die sie ihm unter die Nase hielt, aus der Hand und warf sie auf den Boden, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Dann beugte er sich zu ihr vor, um sie zu küssen. Seine Augen funkelten, als er den Kopf wieder hob, und Jessica merkte durch einen Schleier der Erregung hindurch, dass er sie so weit nach hinten gedrängt hatte, dass ihre Kniekehlen gegen die Bettkante stießen.
»Ich wette, eine Viertelstunde hin oder her macht keinen großen Unterschied«, sagte er. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und gab ihr einen sanften Schubs. Sie saß noch nicht, da hatte er bereits die Schnalle seines Gürtels gelöst. »Was hältst du davon, wenn wir das einem kleinen Test unterziehen?«
Sie schloss die Augen und empfing ihn mit offenen Armen, als er sich auf sie legte. Was auch geschehen mochte, dachte sie benommen, das hier konnte ihr niemand nehmen.