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Gregors erster Zirkusbesuch und Notturnos grosser Auftritt
ОглавлениеAm selben Abend sass Gregor zum ersten Mal in seinem Leben auf einer schmalen, harten Bank in einem rotweissen Zirkuszelt. Ein schwacher Geruch nach Sägemehl hing in der Luft. Gänsehaut überzog plötzlich Gregors Arme und er glaubte, die Spannung keine Sekunde länger ertragen zu können.
Noch wusste niemand, dass er nun Zirkusartist war. Ein Artist, der noch nie ein Zirkusprogramm gesehen hatte. Ein lernendes Mitglied der Truppe. Ein Zirkusneuling, der von Programmheftverkäufern auf Stelzen, auf schmalen Bänken zusammengepferchten Zuschauern und fast unerträglich spannenden Darbietungen bis Anhin nur geträumt hatte.
Ein junger Artist zudem, der schon sehr bald Zirkusdirektor werden würde!
Ein kräftiger Tusch von Ettorino, dem Ein-Mann-Orchester, riss ihn aus seinen Gedanken. Ettorino spielte Trompete, Trommel, Mundharmonika und kratzte zwischendurch den Bauch des Kontrabasses. Er war mehr Clown als Virtuose auf seinen Instrumenten, und das Publikum lachte gut gelaunt.
Jetzt schlug er die Trommel. Der Wirbel wurde lauter und immer schneller. Die Luft vibrierte. Hasel und Birke ritten auf dem prächtig herausgeputzten Notturno in die Manege. Dessen halbgeschlossene Augen sprachen allerdings von Müdigkeit und Lustlosigkeit. Er schlurfte bis in die Mitte der Manege, wo ihn Hasel und Birke mit allem beluden, was man für ein gemütliches Picknick braucht. Ein Korb mit leckerem Essen, ein Sonnenschirm, Tücher und Badehosen, ein Buch und ein Ball und sogar ein plärrendes Radio fanden auf Notturnos breitem Rücken Platz. Hasel stieg auf, Birke fasste Notturno am Halfter und versprach ihm viele Karotten und ein Bad im See. Notturno aber gähnte. Der Weg zum See war viel zu weit. Notturnos Kopf sank tiefer und tiefer. Hasel musterte ihn besorgt. Gleich würde er zur Seite kippen. Birke zog verzweifelt am Halfter. Sie drehte das Radio auf und hielt es ihm ans Ohr. Wieder gähnte Notturno, dass die Kiefer knackten. Das Publikum bog sich vor Lachen.
Hasel stieg von Notturnos Rücken herunter und holte Ettorino zu Hilfe. Sie bedeutete ihm, mit seinen Instrumenten viel Lärm zu machen, um Notturno zu wecken. Ettorino wandte sich dem Publikum zu, zwinkerte, grinste verschwörerisch. Oh ja, er wollte Notturno überraschen – und Hasel und Birke dazu. Er holte tief Luft, legte die Mundharmonika an die Lippen. Sanft stieg ein Schlaflied in die Zirkuskuppel. Notturno seufzte behaglich. Er kippte laut schnarchend auf die Seite. Hasel rettete den Picknickkorb in letzter Sekunde.
Die Schwestern drohten Ettorino mit dem Finger. Einen schönen Streich hatte er ihnen gespielt. Ettorino zeigte sich zerknirscht. Gerne wollte alles wieder gut machen. Er half den Schwestern, ein Tandemfahrrad mit Picknickkorb, Sonnenschirm, Badehosen, dem Buch, dem Ball und dem Radio zu beladen. Kaum waren die Schwestern auf dem Weg zum See, rappelte sich Notturno auf und wankte müde aus der Manege.
Gregor klatschte, bis seine Handflächen feuerrot waren.