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Die Herausforderungen der Umweltpolitik und die Sache der Tiere

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Besonders frappierend ist diese Kluft in den drei Bereichen, die den Rahmen unserer Untersuchung bilden: im Bereich der Umwelt, der Sache der Tiere und der Demokratie.

Die Menschen und die Staaten sind insgesamt davon überzeugt, dass zwischen den geopolitischen, gesundheitlichen, ökonomischen und sozialen Konsequenzen der Erderwärmung und der Erosion der Biodiversität zahlreiche Verbindungen bestehen. Selbst ohne Erwähnung des „Anthropozän“, das eine neue Ära bezeichnet, die von der geologischen Wirkung der menschlichen Aktivitäten und ihren negativen Folgen für das System Erde bestimmt ist, ist sich jedermann der massiven Störung bewusst, die von den explosionsartig in schwindelerregende Höhen ansteigenden Material- und Energieflüssen ausgelöst wird, die unsere ökonomischen Aktivitäten und unser demographisches Gewicht verursachen. Die Auswirkungen der Klimaerwärmung zusammengenommen stellen das Überleben der Individuen in Frage, und die demokratischen Staaten können von den die Landwirtschaft und die Infrastruktur schädigenden meteorologischen Extremereignissen ebenso destabilisiert werden wie von Migrantenströmen. Bald werden wir jedoch einen Point of no return erreicht haben: Wenn wir nicht jetzt schon die Entscheidungen treffen, die nötig sind, um den Temperaturanstieg zu begrenzen, werden die Folgen nicht nur dramatisch, sondern auch irreversibel sein. Dennoch bleibt die Frage offen, ob die Staaten die erforderlichen Anstrengungen unternehmen.

Um den ökologischen Fußabdruck der Menschheit substantiell zu verringern, ist die aktive Teilnahme der Individuen unerlässlich. Gewisse Konsumgewohnheiten müssen aufgegeben und die Regierungen unter Druck gesetzt werden, wenn sie politische Entschlossenheit beweisen und den Schutz der Biosphäre zur Pflicht des Staates erklären sollen. In der Tat beschränkt sich der ökologische Übergang nicht auf eine Anzahl von Verhaltensweisen, die kurze Wege und eine sparsamere Lebensweise begünstigen. Er verläuft auch über die Reorganisation der Ökonomie, der Produktion und des Warenaustauschs sowie über institutionelle Innovationen, die den repräsentativen Demokratien dabei helfen, die Umweltanliegen stärker zu berücksichtigen statt ausschließlich kurzfristig zu denken. Alle diese Veränderungen setzen voraus, dass die Menschen ihr ökologisches Engagement nicht als eine Last ansehen, sondern die Mäßigung zu einer bewusst gewählten Lebensweise wird.

Die Kluft zwischen Denken und Handeln ist umso dramatischer, als wir nicht nur die ersten sind, denen der Ernst der Situation bewusst ist, sondern auch die letzten, die rechtzeitig handeln können. Diese Situation sollte bei jedermann ein Gefühl der Dringlichkeit auslösen, das ihn mahnt, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sich an der kollektiven Anstrengung zur Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen zu beteiligen, aber dem ist nicht so. Das Problem beruht zum Teil darauf, dass den Schäden, die wir den anderen zufügen, keine ausdrückliche Absicht zugrunde liegt, dass die von unseren Konsumgewohnheiten erzeugte Verschmutzung nicht immer und vor allem nicht unmittelbar wahrnehmbar ist und die Folgen der heute ausgestoßenen Treibhausgase erst in ein paar Jahrzehnten spürbar werden.

Da die Täter die Folgen ihres Tuns nicht sehen, weil diese sich über eine lange Zeit erstrecken und Lebewesen schädigen, die sie nicht kennen, fehlt ein Ansporn, so zu handeln, wie es ihnen ihr moralisches Bewusstsein eigentlich vorschreibt. Manche behaupten, man müsse die Individuen zwingen, ihr privates Konsumverhalten zu ändern, und die juristischen und ökonomischen Bestimmungen auf nationaler und internationaler Ebene müssten sich durch Zwang, durch Krieg oder einen Kollaps des Systems durchsetzen. Dem Pessimismus der einen entspricht der Zynismus der anderen, die meinen, es lohne sich nicht, sich zu mäßigen, wenn die anderen es auch nicht täten. Zahlreich sind auch diejenigen, die gemessen an dem von ihnen als gerecht Erkannten gar nichts tun oder sich in der Gegenwart verkapseln. Die gegenwärtige ökologische Situation ist also tragisch. Darum sind moralische Züge wie die Ausdauer, die Tapferkeit, der Optimismus, der Mut und die Großzügigkeit wesentlich, um die Kräfte zu bekämpfen, die die Menschen untätig bleiben lassen, sie dem Konsum in die Arme treiben und einem System dienstbar machen, das zu ersetzen inzwischen ein dringendes Gebot ist.

Das Schaffen neuer Bedürfnisse, die Überproduktion, die vorprogrammierte Obsoleszenz der Dinge ebenso wie die Verschwendung und die Verschmutzung, die unser Entwicklungsmodell charakterisieren, sind auf ökologischer Ebene unhaltbar. Außerdem zwingt die Organisation der Arbeit, die eine massiv wachsende Produktion zu immer niedrigeren Selbstkosten verlangt, Tieren und Menschen unannehmbare Lebensbedingungen auf. Der Kapitalismus ist ein System, das auf der Ausbeutung von Menschen durch andere Menschen und von bestimmten Ländern durch andere Länder beruht. Er impliziert die Kontrolle der Staaten und Völker durch die multinationalen Konzerne, die Zerstörung der Ökosysteme sowie die Erschöpfung der Ressourcen, deren Grenzen und deren Endlichkeit er außer Betracht lässt. Schließlich leugnet er den inneren Wert der Natur und kennt keine Achtung vor den Tieren, die als bloße Ressourcen behandelt und deren Grundbedürfnisse ebenso wie ihre Subjektivität geleugnet werden.

Dieses System, das über starke finanzielle, juridische und politische Stützen verfügt, beruht auf einer Anthropologie, die die Trennung der Lebewesen fördert und jeden dazu ermutigt, nach Dingen zu streben, die die anderen nicht besitzen können. Das Marketing nutzt psychologische Triebfedern wie die Unsicherheit, das Bedürfnis nach Anerkennung und die Angst vor der Zukunft; es reagiert auf die Frustrationen der Individuen, intensiviert sie und verstärkt so ihre Entfremdung und ihre Abhängigkeit von diesem System. Viele sind sich darin einig, dass dem Kapitalismus, der dereguliert ist und nichts zu tun hat mit dem Liberalismus von John Locke oder auch Adam Smith, die Luft ausgeht, aber fast alle fahren fort, ihn zu stützen.

Die unerhörte Gewalt, die in unseren Tagen in den Agrarfabriken, den Schlachthöfen und den Laboratorien den Tieren angetan wird, ist das Spiegelbild dessen, was dieses System mit uns macht, und sie macht sichtbar, wie wichtig der Kampf für die Verbesserung der tierischen Lebensbedingungen ist und welche strategische Dimension ihm zukommt. Denn die Misshandlung der Tiere ist typisch für die meisten dysfunktionalen Störungen in der Gesellschaft, etwa die Arbeitsbedingungen der Züchter und der Schlachthof-Arbeiter. Die Sache der Tiere ist auch die Sache der Menschheit, weil das, worum es bei der Misshandlung der Tiere geht, auch unser Verhältnis zu uns selbst ist. Wenn niemand bereit ist, die negativen Emotionen anzunehmen, die entstehen, wenn man sich der Intensität des tierischen Leidens bewusst wird, wird das, was wir direkt oder indirekt anderen fühlenden Wesen antun, uns alle seelisch zerstören.9

Um das Fleisch fühlender Wesen zu konsumieren, die die meiste Zeit ihres elenden und kurzen Lebens nicht geachtet wurden, müssen sich die Personen spalten. So verdrängen wir das Mitleid, das das Schauspiel des von einem fühlenden Wesen erfahrenen Leidens in jedem Fall erregen müsste. Und um die kognitive Dissonanz zu reduzieren, die aus miteinander unvereinbaren Vorstellungen oder den Widersprüchen zwischen einer Vorstellung und einer Handlung erwächst10 – etwa wenn wir unseren Hund streicheln, während wir zugleich das Fleisch von so empfindlichen Tieren wie den Schweinen konsumieren –, behaupten wir, diese letzteren seien produziert worden, um gegessen zu werden, oder sie würden nicht wirklich leiden, oder ohne Massentierhaltung und ohne immer mehr Fleisch zu produzieren sei es heute unmöglich, siebeneinhalb Milliarden Menschen zu ernähren. Diese Strategien zur Minimierung dessen, was man den Tieren antut, erklären teilweise, dass so wenige Menschen auf den Konsum von Fleisch und auf Kleidung aus Leder, Pelz und Wolle verzichten. Dennoch reichen sie nicht mehr aus, das ungute Gefühl zu zerstreuen, das man angesichts solcher Bilder spürt, die einen zwingen, dem Leiden der Tiere ins Gesicht zu sehen.

So zeigt das Missverhältnis zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir tun, zeigt die Rationalisierung und die Verdrängung negativer Emotionen, dass sich in unserem Inneren ein Krieg abspielt. Dieser stellt die Frage nach dem Platz des Mitleids in der Gerechtigkeit, fragt danach, was im Zentrum aller Gewalttaten steht, seien die Opfer Menschen oder Tiere. Der Ursprung dieser Gewalttaten liegt in der Ausübung von Herrschaft, in der fehlenden Anerkennung des Eigenwerts des anderen, aber auch in der von uns inzwischen angenommenen Gewohnheit, die Unterwerfung von Wesen, die nicht der Sphäre unserer moralischen Wertschätzung angehören, zu akzeptieren, ja zu rechtfertigen. Es ist also unser Verhältnis zu uns selbst, zu den anderen, seien sie menschlich oder nicht-menschlich, und zur Natur, das eine Ethik der Tugenden heute klären muss, indem sie uns zu verstehen hilft, wie man dem Bann der Herrschaft entkommen kann, und dabei Felder miteinander verbindet, die gewöhnlich verschiedenen Gebieten, wie der Ökologie, der Tierethik und den zwischenmenschlichen Beziehungen, zugerechnet werden.

Ethik der Wertschätzung

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