Читать книгу Selbstoptimierung und Enhancement - Dagmar Fenner - Страница 22
2.2.2 Nonegalitarismus: adressatenbezogene inegalitäre Gerechtigkeit
ОглавлениеGerechtigkeit, s. auch „Egalitarismus“/„Nonegalitarismus“Gegen alle diese hier kurz skizzierten egalitaristischen Gerechtigkeitsmodelle opponieren die Verfechter eines Non- oder InegalitarismusNonegalitarismus (Inegalitarismus) wie Avishai MargalitMargalit, Avishai oder Michael WalzerWalzer, Michael, die das komparativ-interpersonelle und relative Kriterium der Gleichheit für unangemessen halten (vgl. KrebsKrebs, Angelika, 70ff.). Denn bei der Frage nach Gerechtigkeit komme es überhaupt nicht auf den Vergleich mit anderen an, sondern lediglich darauf, wie es jedem Einzelnen an sich gehe und was ihm für sich genommen zustehe. Zur Widerlegung des Egalitarismus wird gerne das „Levelling down“-Argument angeführt, demzufolge die Gleichheit aller Gesellschaftsmitglieder an Elend und Unterdrückung schwerlich gerecht sein könne. Eine gerechte Verteilung von Gütern, Chancen oder anderen wohlergehensrelevanter Faktoren liege vielmehr erst dann vor, wenn alle Menschen genug davon für ein gutes, menschenwürdiges Leben haben. Gemessen werden menschenwürdige Lebensbedingungen an nicht-komparativen absoluten Standards etwa bezüglich Gesundheit, Ernährung, sozialer Anerkennung oder Bildung, die allerdings noch kulturspezifisch konkretisiert werden müssen (vgl. KrebsKrebs, Angelika, 18; 30f.). Gemäß dem Schwellenkonzept des nonegalitaristischen Humanismus sollen alle Menschen eine bestimmte Schwelle überschreiten und beispielsweise genug Bildung erhalten, um am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilnehmen zu können. Obwohl Nonegalitaristen nicht „egalitaristisch“ sein wollen und „Gleichheit“ nicht als Wert an sich, sondern nur als abgeleiteten Wert anerkennen, können sie gleichwohl bezüglich elementarer Grundbedürfnisse eine vergleichbare Gütermenge oder die gleichen Menschenrechte für alle fordern. Auch stellen nach diesem Gerechtigkeitsmodell Ungleichheiten an individueller Lebensqualität oder an Lebensaussichten oberhalb dieser Schwelle nicht direkt ein moralisches Problem dar. Zu große gesellschaftliche Ungleichheiten könnten aber unter Umständen den Benachteiligten das Überschreiten der Schwelle und damit ein gutes Leben verunmöglichen, sodass Nonegalitarismus (Inegalitarismus)Ungleichheit indirekt moralisch verwerflich wäre (vgl. KrebsKrebs, Angelika, 32f./Knell, 662–669). So könnte z.B. die Klasse der Bessergestellten die politische Autonomie der Benachteiligten einschränken, indem sie den politischen Prozess über Medien oder das Ausnützen ökonomischer Abhängigkeitsverhältnisse einseitig zu ihren Gunsten beeinflusst. Zudem bedrohen zu große ökonomische Ungleichheiten die soziale Integration und soziale Anerkennung der Armen, weil sich diese den in der Gesellschaft gepflegten gehobenen Lebensstil schlicht nicht leisten können. So könnte z.B. infolge teurer radikaler Enhancement-Maßnahmen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entstehen, in der den Nichtoptimierten der Übertritt der Schwelle für ein gutes menschliches Leben verwehrt wäre (Kap. 4.4; 5).Gerechtigkeit, s. auch „Egalitarismus“/„Nonegalitarismus“