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2.3 Freiheit und Würde
Оглавление„FreiheitFreiheit“ und „Würde“ erlangten ihre überragende ideengeschichtliche Bedeutung in der Neuzeit im Laufe verschiedener Individualisierungs- und Emanzipationsbestrebungen (Kap. 1.2). In der Ethik bildet insbesondere die „Freiheit“ einen Grund- und Schlüsselbegriff, weil Freiheit sowohl die Voraussetzung ethischen Handelns als auch ein wichtiges oder gar das höchste ethische Beurteilungskriterium menschlichen Handelns darstellt: In der Tradition Immanuel Kants kann eine Handlung nur dann gut genannt werden, wenn sie sowohl aus Freiheit geschieht als auch die Freiheit des Handelnden und aller vom Handeln Betroffenen zum Ziel hat. Der Sinn oder die wesentliche Funktion von Moral wäre es entsprechend, die größtmögliche Freiheit für alle Mitglieder einer Handlungsgemeinschaft zu garantieren. Dagegen ließe sich allerdings einwenden, dass es neben der Freiheit noch andere wichtige Gesichtspunkte moralischer Rücksichtnahme wie z.B. die Verletzlichkeit, Grundbedürfnisse oder das Glück der Mitmenschen gibt. Im Folgenden soll es nicht um die vieldiskutierte empirisch-deskriptive Frage gehen, ob der DeterminismusDeterminismus oder Indeterminismus die Realität korrekt beschreiben (vgl. dazu HildtHildt, Elisabeth, 40f.). Ausgeschlossen wird jedoch von vornherein ein harter Determinismus mit seiner Unterstellung einer durchgängigen kausalen Vorbestimmtheit allen Geschehens, sodass auch psychische und geistige Phänomene vollständig durch die Kausalgesetze der Hirnprozesse erklärbar und vorhersehbar wären. Denn er gilt nicht nur physikalisch seit der Quantenphysik und der Chaostheorie als widerlegt, sondern er wäre mit der Freiheit als Grundvoraussetzung für ethisches Urteilen und Handeln unvereinbar. Ethische Reflexionen würden sich schlicht erübrigen, wenn es nicht zumindest einen partiellen Indeterminismus gäbe. Hier soll es aber um die definitorisch-begriffliche Frage gehen, was genau „Freiheit“ eigentlich meint und unter welchen Bedingungen sie vorliegt. „Freiheit“ und „Würde“ werden nämlich so viele Bedeutungen zugemessen, dass mit der Berufung auf diese Orientierungsmaßstäbe in der Selbstoptimierungs-Debatte für oder gegen bestimmte Praktiken argumentiert wird (Kap. 4.4). Viele Missverständnisse und Kontroversen entstehen dadurch, dass die Bezugsgrößen von den einzelnen Parteien nicht klar definiert und häufig aus strategischen Gründen auf einzelne Bedeutungsaspekte reduziert werden. Bei den komplexen Konzepten „FreiheitFreiheit“ und „Würde“ müssen aber genauso wie bei „Glück“ und „Gerechtigkeit“ zahlreiche Dimensionen und Formen unterschieden werden. Trotz teilweise abweichender Grenzziehung hat sich in der Philosophie folgende grundlegende Differenzierung durchgesetzt, die auch mit Blick auf die Selbstoptimierungsdebatte sehr hilfreich ist (vgl. Wildfeuer, 358):
1 Handlungsfreiheit
2 Willensfreiheit