Читать книгу Und dann kam das Wasser - Dagmar Isabell Schmidbauer - Страница 4
ОглавлениеWochen später
In der Regel ist der Mensch dankbar, wenn ihm genug Wasser zur Verfügung steht. Er liebt das Duschen am Morgen und das Rauschen eines wilden Bachlaufs in der Natur. Wenn aber der Boden nach tagelangem Starkregen den Segen von oben nicht mehr aufnehmen kann, wenn Bäche und Flüsse zu reißenden Strömen werden und schließlich über die Ufer treten, dann spricht man von sintflutartigen Regenfällen, von Klimawandel und Versäumnissen, und irgendwann sogar von einer Katastrophe. Dabei gehört Hochwasser, so schlimm es sich auswirken mag, zum natürlichen Wasserkreislauf und wird dem Menschen immer wieder die Grenzen seiner Macht aufzeigen.
Auch in Passau bahnte sich Anfang Juni für die Bevölkerung eine Katastrophe an. Zunächst regnete es einfach häufiger und ein bisschen als sonst. Dann, als jeder schon darauf wartete, dass es endlich genug war und der Sommer Einzug halten würde, kam er, der ganz große Regen. Tagelang schüttete es wie aus Kübeln. Die kleinen Zuläufe von Inn und Donau brachten immer mehr Wasser und ließen die großen Flüsse so weit anschwellen, dass sie an ihrem Zusammenfluss, an der Ortsspitze von Passau, einfach nicht mehr genug Platz in ihrem Bett fanden. Innerhalb kürzester Zeit traten sie über die Ufer. Das Wasserwirtschaftsamt hatte längst vor der drohenden Gefahr gewarnt, und die, die in Ufernähe wohnten, hatten sich auf das, was sie hier regelmäßig heimsuchte, gut vorbereitet. Die Keller waren ausgeräumt, die Türen mit Sandsäcken und speziellen Hochwasserschutzabdeckungen gesichert. Ruhig harrten die Anwohner aus und hofften darauf, mit einem blauen Auge davonzukommen. Genau wie die Mitglieder des Passauer Krisenmanagements. Wie immer hatten sie die längst fertigen Pläne aus den Schubladen geholt und sich für das Unvermeidliche gerüstet. Nur um kurz darauf festzustellen, dass man sich auf solch epochale Katastrophen einfach nicht vorbereiten konnte.
Doch zu dieser Zeit ahnte niemand, wie schrecklich die Ereignisse noch werden sollten, die die Stadt innerhalb weniger Tage heimsuchen würden.