Читать книгу Sin.n.e - Danie Novak - Страница 16
Cord 15.
ОглавлениеEs war kalt. Irgendein Idiot musste wiedermal am Gang das Fenster offen gelassen haben. Cord konnte ein lautes Gespräch von der Straße hören, als würde der Dialog direkt neben seinem Bett geführt werden. Er zog sich die Decke über den Kopf und versuchte die Sonne und ihre lästigen Strahlen hinter die viel zu dünne Daunenschicht zu verbannen. Zwecklos. Cord schlug die Bettdecke zur Seite und starrte auf sein Schlafzimmerfenster, das sperrangelweit offen stand. Welcher Teufel hatte ihn geritten? Schlaftrunken schloss er es und wankte ins Vorzimmer, um nach seinem Telefon zu suchen. Wieviel Uhr hatten sie es mittlerweile? Es war doch immer noch Sonntag? Oder etwa nicht? Unschlüssig stand er in Boxershorts auf dem eiskalten Fliesenboden und wartete darauf, dass die Erkenntnis einsetzte.
Sein Handy lag auf dem Küchentisch, neben einem Stück Papier. Direkt unter sein eigenes Gekritzel hatte jemand ein niedliches DANKE SCHÖN gemalt. Cord las die Worte darüber. Muss das annehmen, mach‘s dir im Wohnzimmer bequem.
Langsam dämmerte ihm die Abfolge der Ereignisse von gestern Nacht und kurz kreuzte ihn so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Lächerlich. Kenjis Nichte war viel zu nett gewesen. Irgendwie von einem anderen Stern. Cord dachte an die zarten, kleinen Hände und die schüchterne Art, diese vor ihren Lippen in Stellung zu bringen, wann immer sie lächelte. Er war kein Held auf Abwegen. Nein, Kazumi hatte gestern bestimmt nichts Derartiges mehr von ihm erwartet.
13 über 17 leuchteten die weißen Ziffern auf dem dunklen Display seines Mobiltelefons. Na toll. Seine fünf Tage Freiheit hatten sich auf einen Schlag zu einem halben Tag reduziert und blickten ihn herausfordernd an. Cord wusste immer noch kaum etwas über seine zukünftige Firma. Wie eine heiße Kartoffel hatte er die Recherche darüber immer und immer wieder vor sich hergeschoben.
Aber andererseits. Wer erwartete denn auch schon, dass jemand so kurzfristig die Firmengeschichte auswendig aufsagen konnte. Es ist kaum ein Monat her, seit Cord davon erfahren hatte, was ihn eventuell erwartete. Er musste zugeben, dass die Ausrede nicht griff. Ein Monat war eine verdammt lange Zeit.
Missmutig machte er sich an die Arbeit. Zigaretten, Kaffee und diese viel zu fettigen Brötchen, die er nicht der Obhut des Supermarkts überlassen hatte können, leisteten ihm Gesellschaft, als er die sieben kleingedruckten A4-Seiten, die ihm sein Onkel per Mail geschickt hatte, überflog.
Disziplin, Ehrgeiz und unerschrockene Innovation strotzten aus allen Sätzen und Tabellen. Bald würde Cord selbst Teil dieses Teams sein. Seine Leistung zu der ihren werden. Es kotzte ihn an. Cord wusste nicht, was er wollte. Aber ganz bestimmt nicht das, was sich langsam aber sicher vor ihm abzuzeichnen begann. Wann war er nur an diesen Punkt gelangt. An diesen Punkt, der so totsicher zu musikalischen Hits inspirierte und mantraartig über die Bildschirme der Kinosäle huschte.
Sein Telefon vibrierte irgendwo. Cord stand auf und ging in die Küche, um es zu holen.
„Wo bist du?“
„Zuhause, Mama.“
„Ich habe schon ein paarmal versucht dich zu erreichen. Bille ist dieses Wochenende zuhause, hat dir niemand ausgerichtet, dass wir uns heute um halb zwei beim Heurigen Rostock treffen?“
Cord sah auf die Uhr seines Laptops. 14 Uhr 45.
„Kommst du wenigstens zur Jause? In einer Stunde bei uns?“
Er willigte ein und klappte den Bildschirm zu. Er hatte eine Stunde, um sich in einen Menschen zu verwandeln und sich mit den Öffis den elendslangen Weg in das todschicke Grinzing zu bahnen. Der Autoschlüssel lächelte ihm verführerisch zu.
Sonntag. Keine Chance mit den Öffis. Cord griff nach dem Schlüssel und legte ihn zu Handy und Zigaretten auf den Vorzimmertisch.
Als er aus dem Badezimmer kam, klopfte sein Telefon zweimal.
Was noch? Er würde ganz bestimmt keinen Abstecher zum Aida machen, um Tante Gerda die einzig essbare Trüffeltorte zu besorgen.
„Hast du gut geschlafen?“
Milk! Sein Herz machte einen zaghaften Sprung. Es war grotesk und albern. Verdammt albern. Er ignorierte die Nachricht und steckte alles von dem Vorzimmertisch in seine Jackentaschen.