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Shaggabug ist wieder stehen geblieben. Ich gehe zurück und finde ihn bei einem Haselstrauch, den Kopf bis zum Hals zwischen den weichen Blättern.

»Shagga. Wir können hier nicht ruhen.«

Der Kopf meines Bruders taucht aus dem Geäst auf. Seine Wangen sind prall gefüllt. Er verzieht die Mundwinkel zu einem Grinsen und spuckt eine Menge hellbrauner Nüsse in seine Armbeuge.

»Wildbeuter müssen essen«, sagt Shagga. Noch eine Haselnuss kommt aus seinem Mund.

Ich seufze und deute auf das brennende Himmelsauge. »Jórunn sprach von einem Lauf des Auges. Sieh, wie tief es mittlerweile steht. Wir müssen uns eilen.« Zu lange sind wir schon unterwegs. Und noch immer ohne Beute.

»Aber ohne die Kraft der Erd- und Himmelsgeister werden wir mit leeren Händen zurückkehren.« Shagga lacht sein typisches Lachen. Es klingt nach den fetten braunen Vögeln, die wir halten, weil ihre Eier so gut schmecken. Shagga wäre gern ein Vogel. Aber nicht eines dieser lahmen Tiere aus unserem Dorf. Er wäre gerne ein großer, schneller Vogel. Darum hat mein Bruder die schwarz-weiß gestreiften Federn eines Arluks an seine Oberarme gebunden.

Ich schaue auf die nassen Haselnüsse, die er nur mit dem Mund gepflückt hat. Mein Bruder hat keine Hände mehr. Nur Stumpen, die mit Resten von Lederstücken und Schilfblättern umwickelt sind. Das Leder ist rissig, die Schilfbänder lose. Ich muss ihm bald helfen, sie zu erneuern.

»Essen wir.« Ich lege meinen Bogen ab und löse die Sehne vom Holz. Auf der Hatz sollte ich dies eigentlich nicht tun. Ich hoffe, dass uns nun kein großes Getier überrascht.

»Ist nicht viel«, sagt Shagga entschuldigend und lässt die Nüsse in das Gras fallen. »Bevor der Mond erscheint, musst du uns noch einen Küstenschreier aus dem Himmelsmeer holen.« Wieder lacht er gackernd wie ein Vogel.

Ich bin froh, dass er dieses Gackern nicht verloren hat. Mit einem runden Stein knacke ich die Schalen auf. Ich muss daran denken, dass Shaggabug hier draußen alleine keinen ganzen Lauf des Himmelsauges überstehen würde. Zwar ist er über die vielen Monde geschickter mit dem Mund und auch seinen Zehen geworden, aber einen Bogen oder einen Speer wird er niemals führen. Selbst eine geflochtene Fischfalle unter den Arm zu klemmen, fällt Shagga schwer. Jeder im Dorf weiß das und doch nehmen die Fischer ihn mit. Man könnte denken, sie tun das, weil sie in Argors Gunst steigen wollen. Aber nein, sie tun das, weil das unser Weg ist. Wir sind Tashi, wir lassen keinen der Unsrigen zurück!

»Von dieser Hatz werden wir mit großer Beute heimkehren«, sagt Shagga, bevor er auf den Knien eine der geschälten Nüsse mit gespitzten Lippen einsaugt. Füttern lässt er sich nicht, auch wenn er wie ein Tier auf allen vieren hocken muss.

»Woher nimmst du deine Zuversicht?« Ich schiebe mir einige Haselnüsse in den Mund, zerbeiße sie langsam und kaue sie lange zu einem Brei, bevor ich sie herunterschlucke.

Mit dem Unterarm reibt sich Shagga über das verschmierte Gesicht. »Meine Augen sind scharf wie der Blick eines Arluks. Du siehst in die Ferne, großer Bruder, ich aber schaue auf meine Füße. Die Fährte ist mehr als einen Lauf des Himmelsauges alt, aber er ist ganz sicher hier langgelaufen.«

Ich blicke ruckartig auf. Etwas Ernstes in Shaggas Stimme lässt mich aufhorchen. »Er

Shagga gluckst. »Zehen, weniger als bei uns, und spitz zulaufend, ein breiter, eingedrückter Kreis dahinter: ein Dolchzahn. Die Abdrücke waren auf der einen Seite tiefer, die Ränder der anderen Fährte sind nicht ganz scharf. Entweder ein altes Tier oder ein verletzter Dolchzahn, der die Pfoten nachzieht.«

Ich versuche, mein Staunen zu verbergen. »Das alles hast du gesehen

Shagga lacht und hebt seine federngeschmückten Arme. »Wenn mir schon keine Hände mehr wachsen, muss ich mich mit meinen Augen beschäftigen.«

»Wohin führt die Spur?«

Shagga zieht die Luft ein und deutet mit dem Kopf in die entgegengesetzte Richtung.

Ich folge seinem Blick. Ein Dolchzahn, das wäre eine Trophäe, auf die jeder im Dorf neidvoll blicken würde. Doch etwas macht unseren Weg schwer. Dort, wohin die Spur führt, wo sich jeden Morgen das Himmelsauge hinter den Bäumen erhebt, dürfen wir nicht hin. Denn da leben jene, die anders sind: die Mog’Tar, die Knochentrinker. Und sie tragen ihren Namen nicht grundlos.

Doggerland

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