Читать книгу Macht euch die Erde untertan - Daniel Headrick - Страница 45

Krankheiten

Оглавление

Die Landwirtschaft führte zu Krankheiten, die unter nomadischen Jägern und Sammlern selten oder gar nicht auftraten. Das Roden großer Gebiete erzeugte ideale Lebensbedingungen für Mücken. In Afrika südlich der Sahara zogen Bauern in den Regenwald, um dort Jams, Ölpalmen und später Bananen und Kochbananen anzubauen, wobei sie Tümpel im Sonnenlicht schufen und damit ideale Lebensbedingungen für Mücken. Da die Weibchen dieser Mücken sich fast nur von menschlichem Blut ernähren, statt dem anderer Tiere, sind sie sehr wirksame Malariaüberträger. Von den fünf Malariatypen, die Menschen befallen, sind zwei in Afrika weitverbreitet. Die 2–3 Millionen Jahre alte Malaria tertiana, ausgelöst durch den Einzellerparasiten Plasmodium vivax, ist relativ gemäßigt und hat eine Todesrate von 1 bis 2 Prozent. 97 Prozent aller West- und Zentralafrikaner besitzen eine Mutation der roten Blutkörperchen namens Duffy-Antigen-Negativität, die sie immun für diese Krankheit macht, weil Jäger und Sammler ihr lange ausgesetzt waren.

Die andere weitverbreite Malariaart wird vom Plasmodium falciparum ausgelöst. Sie befällt und zerstört bis zu 80 Prozent der roten Blutkörperchen und tötet über die Hälfte der neu infizierten Menschen. Weil sie einen 14-tägigen Reproduktionszyklus hat, und die weiblichen Anophelesmücken 10–21 Tage leben, kann sie nur dort überleben, wo eine hohe Dichte von Moskitos und Menschen herrscht – mit anderen Worten in der Nähe von Dörfern. Dort wurden Menschen ständig von Neuem infiziert. Wer die frühe Kindheit überlebte, wurde nach und nach resistent gegen die Krankheit. Weil tropische Malaria besonders gefährlich für Jäger und Sammler war, die in Kontakt mit Dorfbewohnern kamen, lösten Bauern mit der Zeit in großen Teilen Afrikas die Jäger und Sammler ab.

Doch sie bezahlten einen hohen Preis. Nach Jahrtausenden des Kontakts mit Falciparum-infizierten Mücken entwickelten Afrikaner, die in verseuchten Gebieten lebten, eine genetische Verteidigung namens Hämoglobin S-Mutation oder Sichelzellengen. In einigen Regionen haben 25–30 Prozent der Bevölkerung diese Mutation, welche die Todesrate bei Kindern um 90 Prozent reduziert. Im Gegensatz zur Duffy-Antigen-Negativität, die für Menschen harmlos ist, hat diese Verteidigung einen hohen Preis. Wenn beide Elternteile diese Mutation tragen, werden ihre Kinder an Sichelzellenanämie leiden und früh sterben.65

Das häufig dicht gedrängte Leben in Dörfern führte auch zu anderen Krankheiten. Die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) konnte sich in kleinsten Wassergefäßen vermehren. Fliegen, die von Abfällen und Exkrementen angezogen wurden, verbreiteten Bakterien und Magen-Darm-Parasiten; Gleiches galt für Ratten und Mäuse, die das von den Bauern gelagerte Getreide fraßen. Domestizierte Tiere trugen viele Krankheiten, die auf Menschen übersprangen. Hunde übertrugen Tollwut, Schafe und Schweine Keuchhusten, Pferde Tetanus, Katzen Toxoplasmose, Schweine und Enten Influenza und Rinder Diphterie, Masern und Kuhpocken, die vielleicht zu den Menschenpocken mutierten. Man schätzt, dass alles in allem über die Hälfte der Infektionskrankheiten, die Menschen befielen, von Tieren kamen, besonders den domestizierten, mit denen Menschen in engen Kontakt kamen. Natürlich übertrugen auch Menschen wahrscheinlich Tuberkulose auf Kühe, Gelbfieber auf Affen, Masern auf Berggorillas und Polio auf Schimpansen.66

Wie Pflanzen und Tiere wurden auch Krankheiten nicht gleichmäßig über die Welt verbreitet. Am häufigsten und gefährlichsten waren sie im tropischen Afrika, wo die Menschheit ihren Ursprung nahm. Tropische Malaria und Schlafkrankheit erklären wahrscheinlich, warum die Bevölkerungsdichte südlich der Sahara bis vor Kurzem viel niedriger war als irgendwo sonst. Menschen, die aus den Tropen in die gemäßigte Zone auswanderten, ließen die Krankheiten zurück, die von tropischen Tieren und Insekten übertragen wurden.

Die Neue Welt hatte andere Krankheiten. Die ersten kleinen Gruppen von Jägern, die nach Amerika wanderten, hatten für Generationen in Sibirien und Alaska überlebt, bevor sie in die gemäßigte Zone kamen. Die Wanderung an Land und die Schifffahrt auf dem Pazifik muss die Kranken ausgemerzt und die Zahl der Krankheiten begrenzt haben, welche die Einwanderer aus der Alten Welt mitbringen konnten. Sie eliminierte von Insekten übertragene Infektionskrankheiten mit komplexen Lebenszyklen wie die Malaria. In Amerika lebten nur wenige domestizierte Tiere, die Krankheiten auf Menschen übertragen konnten. Zudem gab es wenig oder keinen Kontakt zwischen den Anden, Mittelamerika, dem Südwesten und dem Nordosten und damit weniger Gelegenheiten zur Ausbreitung von Krankheiten.

Doch die amerikanischen Indianer waren keineswegs frei von Krankheiten. Laut dem Umwelthistoriker Alfred Crosby kannten sie Pinta (eine Hautkrankheit), Frambösie, Syphilis, Hepatitis, Hirnentzündung, Polio, Tuberkulose, Lungenentzündung und Magen-Darm-Parasiten. Insgesamt waren sie aber gesünder und lebten länger als Menschen in der Alten Welt, denn sie waren nicht den akuten Infektionskrankheiten ausgesetzt, welche die östliche Hemisphäre heimsuchten. Infektionskrankheiten waren unter amerikanischen Indianern so unwichtig, dass ihre Immunsysteme keine der genetischen Widerstandsformen besaßen, die Bewohner der östlichen Hemisphäre in ihrem langen Kontakt mit diesen Krankheiten entwickelt hatten. Als beide Hemisphären nach 1492 zusammenkamen, wurde ihnen ihr früheres Glück zum Verhängnis.67

Macht euch die Erde untertan

Подняться наверх