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Kulturen der Anden

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Die Bewohner des südlichen Altiplano um den Titicacasee herum mussten mit ganz anderen Bedingungen fertigwerden. Hier ist der am stärksten bewässerte Boden am wenigsten fruchtbar, und der fruchtbarste bekommt wenig Regen. Außerdem ist auf über 2500 Metern Höhe das Klima kalt und die Luft dünn. Tiere und Pflanzen leiden ebenso unter Sauerstoffmangel wie Menschen. Schließlich wird die Gegend auch von Dürren heimgesucht, die mit den El Niño-Ereignissen entlang der Küste weiter im Norden korrespondieren.

Um 1200 v. Chr. entstanden Dörfer rund um den Titicacasee, wo Bauern Kartoffeln und Quinoa anbauten und Lamas und Alpakas hüteten. Um den Regenmangel auszugleichen und die Erosion zu verhindern, bauten Hochlandbauern 11 000 Quadratkilometer Terrassen in Peru und Bolivien, zu denen sie Erde vom Grund der Flüsse hinauftrugen. An den sumpfigen Seeufern bauten sie erhöhte Felder. Trotz ihrer Bemühungen konnten sie nur eine gute Ernte alle 3–5 Jahre erwarten. Um mit dem launenhaften Klima zurechtzukommen, lagerten sie Nahrung in Form von gefriergetrockneten Kartoffeln und sonnengetrocknetem Lamafleisch. Sie suchten auch Sicherheit in der Vielfalt, indem sie verschiedene Pflanzen auf unterschiedlichen Höhen anbauten, etwa Mais, Baumwolle und Koka an den wärmeren Osthängen der Berge. Salz, Algen, Trockenfisch und andere Meeresprodukte bekamen sie von der Küste. Zum Transport benutzten sie Lamas, die Lasten bis zu 32 Kilo tragen konnten.

Wie im Flachland an der Küste wurde eine raue Umwelt zur Grundlage einer Reihe von Kulturen. Das Chavín-Volk baute seine Hauptstadt Chavín de Huantar auf über 3100 Metern in die Berge Zentralperus. Zwischen 900 v. Chr. und 250 n. Chr. beherrschten sie die Handelswege zwischen den Bergen, der Küstenebene und den östlichen Ausläufern der Anden.

Unterdessen beherrschten die Tiahuanaco von 100 v. Chr. bis 1100 n. Chr. die Hochebene nahe dem Titicacasee. Durch die disziplinierte Arbeitskraft Tausender Bauern legten sie die Feuchtgebiete am Seeufer trocken und gewannen fast 80 000 Hektar Land für den Anbau von Kartoffeln und Quinoa. Lamas lieferten Fleisch und trugen auch tropische Früchte, Mais, Koka und andere Produkte aus dem Flachland hinauf. Trotz ihrer Anstrengungen waren die Tiahuanaco aber anfällig gegenüber den wiederholten Dürren, von denen eine besonders schwere im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert den Titicacasee um 12–17 Meter absinken ließ und die Landwirtschaft an seinen Ufern zerstörte. Diese Dürren bewirkten den Untergang der Tiahuanaco und ihres benachbarten Vasallenstaats Wari.24

Der letzte Hochlandstaat gehörte den Inka, er war auch der mächtigste und am besten organisierte. Von ihren Vorgängern, den Tihuanaco, übernahmen die Inka organisatorische Fähigkeiten, religiöse Ideen, Arbeitsdisziplin und die Technik des Bauens mit großen präzise zugehauenen Steinen. Des Weiteren besaßen sie großes militärisches Können. Ihr Reich, das schließlich von Nordchile bis Ekuador und von der Pazifikküste bis nach Amazonien reichte, profitierte davon, dass seine vielfältigen Agrarzonen einander ergänzten. Ein Netzwerk von Straßen und Lamakarawanen bot wirtschaftliche Sicherheit in einer Region voller Umweltherausforderungen und stets möglicher Naturkatastrophen. Die Inkas zwangen unterworfene Völker, große Terrassen mit Wasserkanälen und sogar Aquädukte und Staubecken anzulegen. Neben Kartoffeln und Quinoa, den verbreiteten Nutzpflanzen des Hochlands, dehnten sie die staatlichen Ländereien für den Maisanbau im Flachland sehr aus. Sie kontrollierten auch staatliche Lamaherden als Transportmittel. Indem sie verschiedene schwierige Lebensräume vom Ozean über die Hochebene bis zum tropischen Regenwald meisterten, konnten die Inka die Anfälligkeit eines jeden für die Launen der Natur ausgleichen.25

Macht euch die Erde untertan

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