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Transformation der Natur

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Um Nahrung zu produzieren, bevorzugten neolithische Bauern und Hirten eine kleine Auswahl von Pflanzen (ihre Nutzpflanzen) und Tieren (ihr Vieh und ihre Haustiere) auf Kosten der übrigen Natur. Dadurch transformierten sie das Land.

Am einen Ende des Spektrums der Transformationen liegt der Waldgartenbau der Völker Neuguineas und Amazoniens, der das natürliche Wachstum nachahmte und minimale Spuren hinterließ. Am anderen Ende liegt die Monokultur, der Anbau einer einzigen Pflanze oder die Zucht einer einzigen Tierart. Die Anfänge der Monokultur sind in den Weizenfeldern des Nahen Ostens, den Reisfeldern Chinas und den Schaf- und Ziegenherden auf den eurasischen Steppen erkennbar. Biologisch gesprochen, wurden diese Arten plötzlich sehr erfolgreich, gemessen an ihrer Überlebens- und Fortpflanzungsrate. Das galt auch für andere, unerwünschte Arten. Pflanzen, die nach der Ernte reiften oder gelagert wurden, zogen Ratten, Mäuse, Spatzen und Kakerlaken an. Teiche boten Lebensraum für Mücken. Abfälle und menschliche oder tierische Exkremente zogen Fliegen an. Dank der Menschen waren auch Unkräuter, Schädlinge und Ungeziefer biologische Gewinner.

Wo es Gewinner gab, gab es auch Verlierer, vor allem unter der natürlichen Vegetation. Die Rodung des Landes für Nutzpflanzen raubte ihm für einen Teil des Jahres den Schutz von oben, was zur Bodenerosion führte; das Überweiden durch Tiere führte zum selben Resultat. An vielen Orten bedeutete Landgewinnung das Roden von Bäumen, denn die vom Menschen bevorzugten Pflanzen wuchsen am besten dort, wo es genügend Feuchtigkeit, Wärme und fruchtbaren Boden für Laubbäume gab. Die Bauern brauchten nicht nur das Land, auf dem Bäume standen, sondern auch viel mehr Holz als ihre jagenden und sammelnden Vorfahren. Wann immer möglich, bauten sie ihre Häuser und Ackerwerkzeuge aus Holz. Oft schützten sie ihre Dörfer mit stabilen Holzpalisaden und ihre Herden mit Zäunen. Wenn sie sich angesiedelt hatten, stellten sie Keramik her, und das Brennen brauchte viel Feuerholz, genau wie das Zubereiten von Getreide und Knollen. Dorfbewohner im Nahen Osten stellten Gipsputz her, indem sie Kalkstein verbrannten. Als die Nachfrage nach Land und Holz zunahm, nahm auch die Zerstörung der Wälder zu.

Beispiele dafür gibt es viele. Auf Kreta, wo das Land vor 6000 Jahren gerodet wurde, um Platz für Olivenhaine zu schaffen, blühte fast 2000 Jahre lang eine Kultur, die auf dem Export von Olivenöl beruhte, bis die Bodenerosion ihren Wohlstand untergrub. Auf Taiwan zeigen Pollenspuren von vor 6000 Jahren Entwaldung an und auf Java und Sumatra vor 3000 Jahren oder früher. In Westeuropa begann die Entwaldung richtig, als Bauern im 4. Jahrtausend v. Chr. Pflüge mit Ochsengespannen entwickelten. Doch im kühlen regnerischen Klima Westeuropas hielt der Baumwuchs mit den Rodungen bis zur Einführung von Eisenäxten Schritt. Auf den Britischen Inseln, die ursprünglich zu 95 Prozent mit Wald bedeckt waren, war der Einfluss des jungsteinzeitlichen Ackerbaus auf die Wälder vor dem 1. Jahrtausend v. Chr. nur gering.68

Vor der Eisenaxt war Feuer das mächtigste Werkzeug des Bauern. An vielen Orten düngte die Brandrodung den Boden, weil sie bestehende Vegetation zu Asche machte, die Nahrung für Nutzpflanzen bot. Diese Methode funktionierte dort am besten, wo die Vegetation schnell wuchs und die Bevölkerungsdichte niedrig war, wie in tropischen Regenwäldern. In Trockengebieten oder dort, wo die Bevölkerung wuchs oder Bauern aus anderen Gründen auf ein abgebranntes Stück Land zurückkehrten, bevor es sich durch Vegetation regeneriert hatte, ging seine Fruchtbarkeit zurück, manchmal unwiderruflich.69

Neben dem Feuer verursachte Vieh den größten Schaden für die natürliche Umwelt. In trockenen Regionen wie dem Mittelmeerraum richteten Ziegen besonders viel Schaden an. Das Klima war so mild, dass sie das ganze Jahr Nahrung suchen konnten. Im Gegensatz zu Rindern und Schafen, die gehütet werden müssen, sind Ziegen intelligente, agile und wenig Durst empfindende Tiere, die nachts in ihr Dorf zurückkehren. Außerdem können sie holziges Material wie Zweige, Büsche und Baumschösslinge fressen, was die Erholung dieser Pflanzen verhindert. Überweidung war verbreitet und hinterließ an manchen Orten nackte und erodierte Böden, an anderen eine dünne Vegetation. Manchmal brannten Hirten Wälder nieder, um das Wachstum neuer Grasflächen zu fördern. So wuchs auf Land, das einmal mit Eichen, Pistazien und Zedern und anderen Bäumen bedeckt war, nur noch Gestrüpp, das am besten dem Feuer und den Ziegen widerstehen konnte.70

Das jungsteinzeitliche Dorf Ain Ghazal in Jordanien illustriert die Wirkung der neolithischen Menschen auf eine trockene Umgebung. Ain Ghazal wurde etwa von 8000 bis 6000 v. Chr. bewohnt. Zuerst bauten die Bewohner große Häuser mit lehmbeworfenen Wänden, die sie bis zu einmal im Jahr neu kalkten. Zum Brennen einer Tonne Kalk brauchte man 4 Tonnen Holz. Um genug Holz für den Bau, den Kalkputz und andere Zwecke zu bekommen, fällten sie alle Bäume in einem Umkreis von 3 Kilometern um das Dorf. Außerdem ließen sie ihre Ziegen nach der Ernte die Stoppeln abfressen, was die Felder vor dem Regen entblößte, der dann den Boden erodierte. Jenseits der Felder verhinderten die Tiere, dass die Wälder nachwuchsen, indem sie die Baumschösslinge fraßen. Gegen Ende, als ihre Ressourcen erschöpft waren, bauten die Leute von Ain Ghazal Häuser mit kleineren Räumen, die weniger Holz brauchten, verbrannten kleinere Äste in ihren Herden, ersetzten Kalkputz durch zermahlenen Kalkstein oder Lehm und züchteten weniger Tiere. Nach 6000 v. Chr. zwang eine leichte Klimaverschlechterung sie dazu, das Dorf ganz aufzugeben und wandernde Hirten zu werden.71

Macht euch die Erde untertan

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