Читать книгу Getäuscht - Daniel Wächter - Страница 11
Kapitel 7
ОглавлениеDa ich mir nur einen Shot genehmigt hatte, konnte ich noch einigermassen normal die Treppe hoch rennen. Der Alkoholfahne hatte ich zuvor noch mit dreimaligem Zähneputzen und einer Monsterpackung Stimorol den Garaus gemacht. Hoffte ich jedenfalls.
Mutig klopfte ich an Angelikas Wohnungstür. Bange Augenblicke begannen. Lange regte sich nichts.
Hatte sie mich überhaupt gehört.
Oder stand sie womöglich hinter dem Spion und lachte mich aus, so wie ich dastehe, zitternd wie Espenlaub, ja, eine jämmerliche Erscheinung.
Ich beschloss, abermals zu klopfen.
Als ich zum erneuten kräftigen Pochen an der massiven Holztür ansetzen wollte, hörte ich das Klappern von Schlüsseln im Schloss.
Hatte sie doch Mitleid mit mir?
Ein virtuelles SMS erreichte mich:
Patrick, du sollst mich, dein armes liebes Gehirn, nicht immer unentwegt mit deinen weit hergeholten Gedankengängen überstrapazieren.
Lg
Dein Hirn
Ihre Tür schwang auf.
„Hallo Patrick! Kann ich dir helfen?
Angelika blickte mich fragend an. Das Leuchten der Sterne war ein Nichts gegen die Wärme, die sie ausstrahlt, insbesondere in meinem Herzen.
Hoffentlich machte sie keine Bemerkung über unsere letzte Begegnung.
Ich versuchte, mich so gut wie möglich zusammenzureissen, ehe ich den Mund aufmachte, um zu sprechen.
„Ich wollte dich was fragen”
Wow, ohne zu stottern.
„Ja?”
Wieder dieser fragende Blick.
„Ich muss für die Zeitung eine Reportage über die lokale Drogenszene verfassen und muss mich dort einschleusen. Kannst du mir einen neuen Look verpassen?”
Wow, das ging ja leicht über meine Lippen.
Sie begann zu lachen. Ein helles Lachen. Ich konnte nicht eruieren, ob sie mich jetzt auslachte oder nicht.
„Also natürlich nur, wenn du magst, sonst...”
„Nein, klar helfe ich dir. Es war nur süss, wie nervös du warst”
Zusammenreissen? Fehlanzeige.
Hoffentlich merkte sie nicht, dass ich auf sie stand.
Erleichtert atmete ich durch.
„Darf ich dich als Entschädigung auf einen Kaffee einladen?”
Sie nickte. „Jetzt gleich?”
Ich zuckte mit den Schultern. „Von mir aus”
„Also treffen wir uns in einer Viertelstunde unten am Eingang? Ich muss mich noch umziehen, du wirst ja wohl auch nicht in diesem Jogginghosen-Schlabberlook aus dem Haus gehen?”
Ich schluckte schwer.
Mist! Ich wollte mich doch in Schale werfen und gut aussehen, wenn ich sie fragte.
Wieso hatte ich das nicht gemacht?
Ach ja, der Rückzieher.
Fünfzehn Minuten später wartete ich vor meiner Haustür. Für meine Verhältnisse hatte ich mich kräftig aufgebrezelt, ja gar ein Hemd angezogen. Hoffentlich mag Angelika meinen Aufzug.
Endlich hörte ich das unverkennbare Klacken von High-Heels auf der Treppe. Ich trat vor und stellte mich am Treppenabsatz breitbeinig hin.
„Kein Durchkommen”, grinste ich.
Sie lachte nur, schaute mich dann aber mit treuherzigem Dackelblick an. „Ich bin zum Kaffee verabredet”
Sie lachte abermals, ich fiel mit ein.
Endlich kriegte ich Gelegenheit, sie etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Sie hatte sich ein rotes Kleid angezogen und trug gleichfarbige High-Heels. Die Schminke war eher dezent – sprich: rundum, wie ich es mag.
Ich wollte auch mal nett sein und Werbung in eigener Sache machen, also hielt ich ihr die Tür auf, was sie mit einem „Danke!” quittierte.
Da nicht nur ein Kaffee, sondern auch das eine oder andere Gläschen Alkohol im Bereiche des Möglichen liegen sollte, entschieden wir uns, mit der U-Bahn in die Stadt zu fahren.
Eine knappe Viertelstunde später betraten wir ein Café am Marienplatz. Wir suchten uns zwei Fensterplätze. Kaum niedergesetzt, kam bereits der Kellner angerauscht.
Stresserella lässt grüssen!
Wir bestellten und sie schaute mich grinsend an. Die Farbe ihres sanft aufgetragenen Lippenstiftes gefiel mir.
„Wann brauchst du deine neue Frisur?”
„Sobald wie möglich”
Wir einigten uns, dass ich morgen früh bei ihr im Salon vorbeischaute und ich anschliessend mich am Hauptbahnhof um Anschluss bemühe. Irgendwie hatte ich aber so was von keine Lust auf den Job. Aber was machte man alles für die Karriere? Eine Frau hatte es da einfacher – sie konnte dem Chef einen blasen und schon war sie befördert.
„Na Schneider, was für eine Katze haste dir da denn geangelt?”, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und erblickte Michael Maurer, einer meiner Arbeitskollegen in der Redaktion. Notabene einer, der mir extrem unsympathisch war.
Kaum hatte ich mich wieder umgedreht, zeigte Maurer Angelika sein schönstes Lächeln, stellte sich vor und küsste sie auf den Handrücken.
„Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Madame!”, säuselte er. Ich liess mir nichts anmerken. Auf dieser Schleimspur wären wohl alle Passanten im Umkreis von einhundert Kilometern ausgerutscht.
Endlich machte er den Abflug.
Angelika grinste. „Charmanter Typ, dein Kollege!”
Ich nickte nur, sagte aber nichts.