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Das Ende des amerikanischen Traums

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Während die mehr als 500 US-Milliardäre immer reicher werden, zerfällt in den USA die Infrastruktur, und die Kriegsveteranen schlafen auf Parkbänken. »Wer nach Europa, Japan oder selbst China reist, dem fällt bei seiner Rückkehr sofort auf, dass sich die USA im Verfall befinden, und er hat oft das Gefühl, in ein Land der sogenannten Dritten Welt zurückzukehren«, so der US-Amerikaner Noam Chomsky. »Die Infrastruktur ist marode, das Gesundheitssystem ist völlig zerrüttet, das Bildungssystem liegt in Trümmern, nichts funktioniert, und all das in einem Land, das über unglaubliche Mittel verfügt.« Da der Reichtum in den USA extrem ungleich verteilt ist, werden nur die Anliegen der Superreichen berücksichtigt. Die Unterschicht und Mittelschicht ist gegenüber den Superreichen zwar deutlich in der Überzahl, fühlt sich aber machtlos. Weil ihre Mitglieder viel schlechter ausgebildet und organisiert sind als die Superreichen, gelingt es ihnen nicht, ihre missliche Lage zu artikulieren und durch politische Reformen zu verbessern. »Es bedarf schon einer äußerst effektiven Propaganda, damit Menschen angesichts einer solchen Realität passiv bleiben«, bemerkt Noam Chomsky.65

Oft wurden Programme, die der Unterschicht dienen, gestrichen und Gesetze eingeführt, welche die Superreichen noch reicher machen. Die Superreichen schwächen all jene Institutionen, die soziale, wirtschaftliche und politische Ungleichheit bekämpfen, wie öffentliche Bildung, Gesundheitswesen, Sozialhilfe, Sozialversicherung, ein gerechtes Steuersystem, Lebensmittelmarken, öffentliche Verkehrsmittel und Infrastruktur. Gleichzeitig stärken die Superreichen jene Institutionen, welche die US-Bevölkerung dauerhaft unterdrücken, darunter innerstaatliche Sicherheitsund Überwachungssysteme, die militarisierte Polizei, das Departement of Homeland Security und das Militär mit seinem Netz von weltweiten Militärbasen. »Für die Superreichen besitzt nichts einen Wert an sich. Menschliche Wesen, soziale Institutionen und die Natur sind Waren, die für den persönlichen Gewinn ausgeschlachtet werden – bis sie erschöpft sind oder kollabieren«, so die Kritik von US-Journalist Chris Hedges.66

Noam Chomsky wurde 1928 in Philadelphia geboren und konnte die Spaltung der USA in Arm und Reich während seines Lebens beobachten. Lange habe der »amerikanische Traum« die Menschen inspiriert, also die Hoffnung, vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. »Auch wer arm geboren ist, kann es durch harte Arbeit zu Wohlstand bringen«, lautete der amerikanische Traum. »Gemeint ist damit, dass jeder einen gut bezahlten Job finden, sich ein Haus und ein Auto leisten und seinen Kindern eine Ausbildung finanzieren kann«, erklärt Chomsky. Doch vom amerikanischen Traum ist nichts mehr übrig. Die soziale Mobilität ist heute in den USA deutlich geringer als in Europa. Wer in den USA in eine arme Familie geboren wird, bleibt mit großer Wahrscheinlichkeit arm. Die Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär kann er oder sie sich nur noch im Kino oder auf Netflix anschauen.67

Unter den vier großen ethnischen Gruppen in den USA haben die Schwarzen und Latinos im Durchschnitt weniger Schulbindung absolviert und sind im Durchschnitt auch mehr von Armut betroffen als Weiße und Asiaten. Doch auch Millionen von gut ausgebildeten weißen US-Amerikanern sind heute arm. »Dem Mittelstand in Amerika geht es schlecht. Neu trifft es auch gut ausgebildete Weiße«, berichtete die Neue Zürcher Zeitung im Jahr 2016. »Das Vermögen ist zunehmend in den Händen einer kleinen Oberschicht konzentriert.« Der Aufstieg in diese Oberschicht ist für viele nicht mehr möglich. Auch gut ausgebildete Frauen und Männer »müssen plötzlich feststellen, dass die amerikanische Formel, nach der jeder es schaffen kann, wenn er nur hart arbeitet, nicht mehr gilt«.68

Um auf die bestehenden großen Missstände aufmerksam zu machen, zogen 2011 in New York im Rahmen der Occupy-Wall-Street-Bewegung tausende von Demonstranten durch Manhattans Finanzdistrikt und erklärten: »Wir sind die 99 Prozent!« Die Occupy-Bewegung prangerte den übermächtigen Einfluss der reichsten 1 Prozent gegenüber den 99 Prozent der amerikanischen Bevölkerung an und forderte eine stärkere Kontrolle des Banken- und Finanzsektors durch die Politik und die Verringerung des Einflusses der Wirtschaft auf politische Entscheidungen. Weil aber die 300000 Superreichen sowohl die Wirtschaft wie auch die Politik kontrollieren, hat sich nichts geändert. Louis Brandeis, Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, hatte einst weise gesagt: »Wir können in diesem Land eine Demokratie oder großen Reichtum, konzentriert in den Händen von wenigen, haben, aber nicht beides.«69

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