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Der Krieg gegen Mexiko 1846

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Nach der Unabhängigkeitserklärung und dem Sieg über das britische Imperium trafen sich die führenden Männer des neuen Staates USA in Philadelphia und beschlossen im Verfassungskonvent 1788, dass der junge Staatenbund eine eigene Armee aufstellen müsse. »Keine Regierung kann nur auf dem Papier existieren«, argumentierte William Paterson, der Vertreter des Staates New Jersey. »Sie braucht immer ein stehendes Heer, um ihren Machtanspruch auch durchsetzen zu können.« Damit war die Mehrheit einverstanden, und kurz darauf wurde die US-Armee gegründet. Niemand ahnte damals, dass die US-Armee in den folgenden 230 Jahren extrem viel Geld verschlingen und unzählige Länder auf verschiedenen Kontinenten angreifen würde.88

Den ersten souveränen Staat, den die USA attackierten, war Mexiko. Das Nachbarland der USA hatte 1821 seine Unabhängigkeit von Spanien erkämpft, nachdem die Spanier als Kolonialmacht während 300 Jahren die Gold- und Silbervorräte des Landes ausgebeutet und die einheimische Bevölkerung fast vollständig ausgerottet hatten. Die spanische Sprache und der katholische Glaube prägen Mexiko noch heute und erinnern an das spanische Kolonialreich. Die Fläche des Staates Mexiko war vor dem Angriff der USA bedeutend größer. Die heute in den USA gelegenen Bundesstaaten Texas, Kalifornien, New Mexico, Arizona, Utah, Nevada und die Hälfte von Colorado gehörten alle zum Staatsgebiet von Mexiko und wurden erst im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg von den USA erobert.

Zuerst versuchten die USA die Provinzen Texas und Kalifornien von Mexiko abzukaufen. Doch Mexiko lehnte dies strikt ab. Danach überquerten immer mehr US-Amerikaner die Grenze zu Mexiko und ließen sich in der mexikanischen Provinz Texas nieder, bis die mexikanische Regierung 1830 die anhaltende Besiedlung von Texas durch US-Amerikaner verbot. Die amerikanischen Siedler ignorierten das Verbot und die US-Regierung unterstützte die Einwanderung amerikanischer Siedler in die mexikanische Provinz Texas aktiv. Die US-Amerikaner in Texas bezeichneten sich stolz als »Texaner« und nicht als »Mexikaner«. Sie waren den Mexikanern gegenüber feindlich gesinnt und sprachen Englisch, nicht Spanisch.

Die USA dehnten ihren Einflussbereich immer weiter aus. US-Präsident James Polk von der Demokratischen Partei, der im März 1845 mit 49 Jahren ins Weiße Haus eingezogen war, glaubte, es sei die »offenbare Bestimmung« (Manifest Destiny) der weißen US-Amerikaner, sich über den ganzen Kontinent auszubreiten. Als die US-Amerikaner in der mexikanischen Provinz Texas zu den Waffen griffen und erklärten, man müsse Texas von Mexiko abspalten, kam es zum Krieg. Die relativ schwache mexikanische Regierung versuchte die Revolte in ihrer Provinz Texas niederzuschlagen. Doch die Regierung in Washington unterstützte die Aufständischen. Dadurch gelang es den USA, die Provinz Texas von Mexiko abzutrennen. Unter Präsident Polk wurde Texas annektiert und im Dezember 1845 als 28. Bundesstaat in die USA integriert. Mexiko war über den Gebietsverlust erzürnt und verärgert.

Doch die USA hatten noch nicht genug. Präsident Polk wollte die mexikanischen Hafenstädte am Pazifik erobern, vor allem San Francisco, weil er darin den Schlüssel zum Handel mit Asien sah. Die USA schürten die Spannungen an der Grenze zwischen Texas und Mexiko. Laut Mexiko und dem allgemeinen Verständnis wurde die Grenze durch den Nueces River markiert, während Präsident Polk behauptete, die Grenze verlaufe weiter südlich am Rio Grande. Mexiko wurde dadurch gereizt, dass Präsident Polk im Januar 1846 US-General Zachary Taylor mit einer Armee nach Texas schickte, um von dort den Nueces River und die Grenze zu Mexiko zu überschreiten.

Im umstrittenen Grenzgebiet befahl General Taylor der US-Armee, eine Festung am Rio Grande zu bauen, etwa 250 Kilometer südlich der allgemein anerkannten Grenze. Das Ziel der Provokation war, Mexiko zum ersten Schuss anzustiften. Die Mexikaner beharrten darauf, dass der Nueces River die Grenze zwischen Texas und Mexiko sei. Als sich Mexiko einer Demütigung als einziger Alternative gegenübersah, leisteten sie nach Monaten des Abwartens Gegenwehr und versuchten die USA mit Gewalt aus Mexiko zu vertreiben.

»Die Präsenz von Truppen der Vereinigten Staaten am Rand des umstrittenen Territoriums, weit entfernt von den mexikanischen Siedlungsgebieten, war nicht ausreichend genug, um Feindseligkeiten zu erzeugen«, erinnert sich der US-Offizier Ulysses Grant in seinen Memoiren an den Ausbruch des Krieges. Präsident Polk drängte daher darauf, dass ein Zwischenfall inszeniert wurde. »Wir wurden losgeschickt, um einen Kampf zu provozieren, aber es war wesentlich, dass Mexiko ihn begann«, so Offizier Grant. »Ob der Kongress einen Krieg erklären würde, war nämlich sehr zweifelhaft. Würde aber Mexiko unsere Truppen angreifen, könnte die Exekutive den Krieg erklären.«89

Die USA hatten keinerlei Recht, ihre Truppen auf mexikanisches Territorium zu schicken. Als die Mexikaner am 24. April 1846 am Fluss Rio Grande die eingedrungenen US-Soldaten angriffen und versuchten, sie aus Mexiko zu vertreiben, behauptete Präsident Polk vor dem Kongress, Mexiko habe amerikanisches Blut auf amerikanischem Boden vergossen. Im Repräsentantenhaus war der Abgeordnete Abraham Lincoln aus Illinois, der später selbst US-Präsident wurde, nicht überzeugt. In seiner Rede kritisierte Lincoln Präsident Polk scharf. Der Präsident müsse zeigen, »dass der Boden unser war, auf dem das erste Blut vergossen wurde.« Aber das könne Präsident Polk kaum, vermutete Lincoln, und vermutlich sei sich auch der Präsident selbst bewusst, dass er im Unrecht liege, denn Präsident Polk sei ein »verwirrter, irritierter und jämmerlich ratloser Mann.«90

Nach dem inszenierten Zwischenfall am Rio Grande erklärten die USA am 13. Mai 1846 dem Nachbarland Mexiko den Krieg. US-Präsident Polk stellte in seiner Rede vor dem Kongress die USA heuchlerisch als Opfer dar. »Da der Krieg trotz aller unserer Bemühungen, ihn zu vermeiden, nun entstanden ist, da Mexiko ihn selbst verursacht hat, sind wir nun auf Grund unserer Verpflichtungen gegenüber unserem Patriotismus beauftragt, unsere Ehre, Rechte und Interessen gegenüber unserem Land zu verteidigen«, behauptete Polk. In Wirklichkeit traf das Gegenteil zu. Präsident Polk hatte den Krieg angestiftet, indem er US-Soldaten auf mexikanisches Gebiet geschickt hatte. Der inszenierte Zwischenfall am Rio Grande verfehlte seine Wirkung nicht: Im Senat stimmten nur zwei Senatoren gegen den Krieg, während ihn 40 befürworteten, und im Repräsentantenhaus votierten 190 Kongressabgeordnete für den Krieg, nur 14 lehnten ihn ab.91

Zumindest bei einem Teil der US-Bevölkerung stieß der Angriff auf Mexiko auf Ablehnung. Die kleine US-Friedensbewegung erkannte schon damals, dass der Zwischenfall am Rio Grande inszeniert gewesen war. »Obwohl Texas keiner Verteidigung bedurfte, hat Präsident James Polk unter dem Vorwand, Texas zu verteidigen, General Zachary Taylor und seine Truppen jenseits der echten Grenzen von Texas stationiert und gab ihnen sogar die Erlaubnis, den Rio Grande zu überqueren«, erklärte der US-Bürgerrechtler William Goodell 1852, der in der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei engagiert war und die Ausdehnung der Sklaverei auf neu eroberte Gebiete strikt ablehnte. »Nach einigen erfolglosen Versuchen, die Mexikaner zum ersten Schuss zu verleiten, waren es tatsächlich unsere Truppen, die angefangen haben, worauf General Taylor seiner Regierung den Beginn von Kampfhandlungen vermeldete. Daraufhin hat Präsident Polk dem Kongress und der Welt die Unwahrheit präsentiert und gesagt: Mexiko hat die Grenze überschritten und ist auf unser Land vorgedrungen. Mexiko hat amerikanisches Blut auf amerikanischem Boden vergossen.« Mit diesen Kriegslügen, so Goodell, habe man das Volk und den Kongress getäuscht.92

Auch andere US-Amerikaner protestierten laut und deutlich gegen den Mexikokrieg. Der Kongressabgeordnete Daniel Webster sprach von einem »Krieg der Vorwände, in dem der wahre Beweggrund nicht offen eingestanden wird, sondern in dem Scheingründe, nachträgliche Erklärungen, Ausflüchte und andere Methoden verwendet werden, um der Allgemeinheit einen Streitfall vorzutäuschen, der in Wirklichkeit gar keiner ist.« Doch Präsident Polk interessierte sich nicht für die Kritik der Friedensbewegung und befahl General Taylor, die am Golf von Mexiko gelegene Stadt Matamoros südlich des Rio Grande auf mexikanischem Boden zu erobern. Daraufhin griff die US-Marine im Pazifik die Stadt San Francisco an und eroberte die mexikanische Provinz Kalifornien. Weil Mexiko über keine nennenswerte Marine verfügte, waren die Mexikaner gegen die US-Kriegsmarine machtlos. Die USA bombardierten Mexiko-Stadt und Vera Cruz mit Granaten. Viele Frauen wurden vergewaltigt und auch Kinder und Betagte wurden getötet. Die mexikanische Stadt Huamantla wurde von US-Soldaten geplündert und zerstört, die Bevölkerung niedergemetzelt.93

»Es ist ein niederträchtiger und schändlicher Krieg, den wir kämpfen«, protestierte Pfarrer Theodore Parker in einer öffentlichen Rede in Boston am 4. Februar 1847. »Junge Männer, die das Heu einbringen und der Gesellschaft dienen sollten, marschieren auf den Straßen. Sie lernen, wie man andere Menschen tötet. Menschen, die ihnen oder auch uns nie geschadet haben. Sie lernen ihre Brüder zu töten.« Dies entspreche nicht den Werten des Christentums, der Krieg gegen Mexiko sei falsch und verlogen. »Hier kämpft ein großer Junge gegen einen kleinen Jungen. Und der kleinere Junge ist zudem schwach und krank. Und was alles noch schlimmer macht: Der kleine Junge ist im Recht, und der große Junge hat unrecht und erzählt mit ernster Miene Lügen, um den Anschein zu erwecken, recht zu haben.«94

Grafik 9: 1848: Gebietsgewinne der USA (hellgrau) nach dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg.

Durch den Einsatz massiver Gewalt gelang es den USA, das Nachbarland Mexiko zu besiegen. Der Krieg endete mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo am 2. Februar 1848. Dieser Diktatfrieden zwang die Regierung von Mexiko, nicht nur die Zugehörigkeit von Texas zu den USA anzuerkennen, sondern darüber hinaus noch die Hälfte ihres Landes inklusive Kalifornien an die USA abzugeben. Den Mexikanern, die in diesem großen Gebiet lebten, blieb die Wahl, entweder innerhalb eines Jahres nach Mexiko auszuwandern oder die US-amerikanische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Präsident Polk hatte damit das Territorium der USA massiv vergrößert. Aber seine Gesundheit litt darunter. Sein Außenminister James Buchanan sagte über Präsident Polk, dieser habe während seiner Präsidentschaft »das Aussehen eines alten Mannes« angenommen. Polk trat nach Ablauf seiner Amtszeit nicht zur Wiederwahl an und starb 1849 im Alter von 53 Jahren. General Zachary Taylor, der den Krieg begonnen hatte, wurde als Kriegsheld gefeiert und als Nachfolger von Polk zum Präsidenten gewählt.95

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