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VORBILD ROSALIE

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Gab es schon bisher viele Spannungen zwischen der kontrollierenden, strenggläubigen Mutter und der freiheitsliebenden Tochter, so nehmen sie im Laufe der Teenagerzeit noch zu. Umso mehr schätzt Gardi, dass es in ihrer Jugend ein Gegenmodell zu ihrer Mutter gibt: Rosalie Leupp, eine Freundin der Mutter. Gardi ist dankbar, wenn sie in der Familie Leupp ab und zu etwas andere Luft schnuppern darf. Rosalies Mann Theodor ist Chemiker und Theosoph, er arbeitet bei der Ems-Chemie. Die Familie lebt in Domat/Ems, und Gardi beschreibt Rosalie als Dame von Welt, als die einzige farbige Frauenfigur, die sie in ihrer Kindheit kennt. Leupps haben in Australien und Amerika gelebt, viel gesehen und erlebt. Die Freundin der Mutter schaut einmal im Jahr im Modehaus Hutter vorbei und kauft ein. Sie ist die Patentante von Erwin, und da sie immer heiss begehrte Bananen mitbringt, wird sie «Bananengotte» genannt. Gardi darf hin und wieder Ferien in Domat/Ems verbringen. Das geniesst sie sehr. Bei Leupps darf sie zum Frühstück so viel Zwieback mit Kirschmarmelade essen, wie sie möchte, und danach den ganzen Tag spielen. Aber es sind nicht nur die Freiheiten, die sie liebt, es ist auch der Eindruck, dass Rosalie Leupp sich für sie interessiert und von klein auf etwas Besonderes in ihr sieht. Gardi fühlt sich von ihr verstanden, gerade auch, als sie älter wird und zu rebellieren beginnt. Rosalie hört zu, diskutiert, nimmt sie ernst. Es tut Gardi gut, und sie sagt, sie habe die Freundschaft, die so entstanden sei, ein Leben lang weiter gepflegt und Rosalie bis ins hohe Alter besucht. Die ursprüngliche Freundschaft zwischen Irma Hutter und Rosalie Leupp beginnt mit den Jahren etwas zu bröckeln. Die Freundin scheint der Mutter etwas zu farbig und unkonventionell. Für Gardi aber ist und bleibt sie ein Anker, wenn sie schwierige Zeiten durchmacht. Dank ihr sieht sie auch, dass es andere Arten von Frauenleben gibt. Man kann sich anders kleiden, anders denken, offener und weniger strikt sein.

So gespannt das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter lange Jahre ist – im Rückblick kann Gardi Hutter auch Verständnis aufbringen. «Meine Mutter hat sich im Laufe ihres Lebens mit der vielen Arbeit im Modehaus, mit uns vier Kindern und dem Bemühen, immer alles richtig zu machen, sehr viel abverlangt und ist dadurch verhärtet. Sie hat viel geleistet und die Familie immer an die erste Stelle gesetzt. Es war ein anstrengendes, aufopferndes Leben, und ich habe es ihr sicher nicht leichter gemacht.»

Trotz allem - Gardi Hutter

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