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2.1 Dialog

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In der DDR begann nach der revolutionären Phase des Herbstes, die den Sturz der alten Macht bewirkt hatte, eine weitere Stufe des demokratischen Umbruchs. Der Terminus der Zeit lautete »Dialog«. Als zentrales Forum des Dialogs zwischen den neuen demokratischen Kräften und den Vertretern des alten Regimes konstituierte sich am 7. Dezember 1989 der zentrale »Runde Tisch«. Vorbilder gab es in Polen, in der DDR war die Initiative von den verschiedenen Organisationen der Bürgerbewegung ausgegangen. Die beiden Kirchen übernahmen Einladung und Moderation. Der »Runde Tisch« war kein Ersatz für das nach wie vor nicht demokratisch legitimierte DDR-Parlament, aber er war der Ort, an dem die zentralen Aufgaben des Übergangs hin zu einer demokratischen Ordnung verhandelt wurden, insbesondere die Vorbereitung von freien Wahlen, Verfassungsfragen sowie die Auflösung und die Sicherung der Hinterlassenschaften der Staatssicherheit. Unter der Regierung Modrow wurde zwar das Ministerium für Staatssicherheit durch das sogenannte Amt für Nationale Sicherheit abgelöst. Doch allein die Entscheidung, dieses Amt unter die Führung des bisherigen Mielke-Stellvertreters Wolfgang Schwanitz zu stellen, zeigte, dass hier alles andere als ein Neuanfang stattfand. Auch weitere Versuche der Regierung Modrow, eine Art Verfassungsschutz der DDR bzw. einen Nachrichtendienst mit bisherigem Stasi-Personal zu installieren, zeigten ein halbherziges Vorgehen in dieser Frage. Inzwischen besetzten Bürgerkomitees Dienststellen des MfS und sicherten so vorhandene Aktenbestände, mit deren Vernichtung die Stasi bereits begonnen hatte. Angesichts des enormen Drucks auch seitens des »Runden Tischs« erklärte Modrow in der Volkskammer am 12. Januar 1990 den Verzicht auf die Einrichtung eines »Verfassungsschutzes«. Am 15. Januar 1990 übernahm auch in der MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg ein Bürgerkomitee in einer sogenannten »Sicherheitspartnerschaft« mit Staatsanwaltschaft und Volkspolizei die Aufsicht. Zum 31. März 1990 wurden alle Mitarbeitende der Stasi entlassen.

Die Monate ab Dezember 1989 waren eine Übergangsphase, in der die Zukunft der DDR nicht klar zu bestimmen war. In den Köpfen vieler Akteure war eine Zukunft auf eigenständiger Basis erstrebenswert, zum anderen zeichneten sich Entwicklungen ab, die die Perspektive einer weiterhin selbstständigen DDR unwahrscheinlich werden ließen. Die Handlungsfähigkeit der Regierung Modrow war eingeschränkt, seit dem 5. Februar 1990 war sie zwar um Vertreter der Bürgerbewegung zur Regierung der Nationalen Verantwortung erweitert worden, aber nach wie vor fehlte ihr – wie der Volkskammer – ein entscheidendes Kriterium: die demokratische Legitimation. Die DDR befand sich nicht nur politisch in einem äußerst labilen Zustand. Die massiven wirtschaftlichen Probleme hielten ebenso an wie der Exodus der Bevölkerung Richtung Westen. Regierungschef Modrow beklagte ein zunehmendes Schwinden der Autorität der Regierung auch auf der lokalen Ebene. Der Zerfall der DDR, so Modrow am 2. Februar 1990 in einem Gespräch mit Kohl, beschleunige sich täglich.3

Einheit und Transformation

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