Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 49
Allerlei Aberglauben um die Rabenvögel
ОглавлениеNoch meine Urgroßmutter war dem Aberglauben unserer Vorfahren verfallen und wusste zu berichten: „Wenn eine Schar Krähen am Abend auf dem Felde schreit, stirbt ein naher Verwandter.“ Das sagte man auch dem Kauz nach, wenn er in der Nacht „Kiwitt – Kiwitt“ („Komm mit – komm mit“) rief.
Im Volksmund machte man keine Unterschiede: Alle Rabenvögel, zu denen die verschiedenen krähenarten gehören, wurden „in einen Topf geworfen“. Es waren eben „Raben“. Dazu gehörten auch die „eigentlichen“ Raben, die Kolkraben. Selbst die „diebische Elster“ musste herhalten, um das schlechte Image unserer Rabenvögel zu erhalten.
„Sie klauen wie eine Atzel“. „Wie ein Rabe stehlen“ ist bis heute eine Redensart geblieben.
Bei den Bauernwaren insbesondere Saatkrähen gehasst. Fielen sie über Getreidesaaten, reifende Feld- und Gartenfrüchte her, verursachten sie großen Schaden. Die schwarze Farbe, dazu das Krächzen, das freche Heranflattern („frech wie ein Rabe“) und das scharenweise Auftauchen an grauen Novembertagen in der Nähe menschlicher Siedlungen haben bei unseren Vorfahren wohl einen so unheimlichen Eindruck erweckt, dass im Volksglauben und besonders im Märchen Rabenvögel als Unglücksvögel und Unglücksboten angesehen wurden: Ein „rabenschwarzer Tag“ war eben ein Unglückstag und ein „Unglücksrabe“ eben ein Pechvogel. Bei alledem mag der Rabe als „Galgenvogel“, der sich in der Nähe von Leichen aufhielt, eine Rolle gespielt haben. Auch sonst musste der Rabe als Symbol für Böses herhalten. „Rabeneltern“ („Rabenvater“ und „Rabenmutter“) kümmern sich nicht um ihre Kinder. Beides beruht auf der falschen Annahme, dass die Rabenvögel ihre Jungen im Stich ließen. In Wirklichkeit sind die Jungkrähen wie alle anderen Rabenvögel nach dem Schlüpfen Nesthocker, die erst nach einigen Wochen flügge werden. Eine ausgeprägte Brutpflege durch die Eltern ist damit wie bei allen Singvögeln instinktmäßig festgelegt. Nach der Brutzeit halten die Geschwister in engem Verband bis zur Verpaarung zusammen. Übrigens führen Raben eine Dauerehe.