Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 59

„Maikäfer, flieg …“

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Viele Kinder kennen heute den braunen Brummer nur noch von Bildern oder als Schokoladekäfer in Konditoreien. Und der Liedermacher Reinhard Mey hatte doch recht, als er einst sang: „Es gibt keine Maikäfer mehr …“

Er war neben dem Marienkäfer, der im Volksglauben als Glücksbringer gilt, der volkstümlichste aller Käfer. Doch allzu fern sind die Tage unserer Kindheit, als dieser Käfer an lauen Maiabenden in Massen die Gärten und Felder durchschwärmte und wir die noch klammen und steifen Brummer am frühen Morgen von den Bäumen schüttelten. Damals galt er als Schädling. Ganze Schuhschachteln voll wurden von uns Jungen gesammelt, und – welch grausames Spiel – den Hühnern als Delikatesse zum Fraß vorgeworfen. Wenn man heute noch einen findet, gilt er bei Kindern als Kostbarkeit.

„Jeder weiß, was so ein Maikäfer für ein Vogel sei“, dichtete Wilhelm Busch, der den Maikäfer in deutschen Landen so populär machte.

„In den Bäumen hin und her

fliegt und kriecht und krabbelt er.

Auch in Onkels Fritzens Bette“,

in das die bösen Buben Max und Moritz die Käfer versteckten.

Im Volksglauben unserer Vorfahren spielte der Deutschen Lieblingskäfer eine große Rolle.

Obwohl die Tiere in so genannten Maikäferjahren alles „ratzekahl“ abfraßen, findet man in alten Quellen keinen Spruch, der vor den Maikäfern gewarnt hätte – im Gegenteil:

„Maikäferjahr – gutes Jahr“ findet man da in alten Bauernweisheiten. Oder es heißt: „Der Maikäfer Menge bedeutet der Schnitter Gedränge“; „Sind der Maikäfer und Raupen viel, steht eine reiche Ernte im Ziel“; „Sind die Maikäfer angesagt, wird ein Schoppen mehr gewagt“; „Viel Maikäfer lassen ein gutes Jahr hoffen“. Schließlich galt dieser Käfer auch als Wetterprophet für den anderen Tag: „Fliegen Maikäfer abends rege herum, so folgt ein schöner Tag.“

Die Volkskunde wusste von allerlei Verwendungsarten der Käfer zu berichten: In Schlesien wurden die Käfer in Butter gebraten und mit Brot verzehrt. Der Schmaus half angeblich gegen alle möglichen Krankheiten. Die Köpfe allein sollten Fieber heilen und Maikäferpulver sollte gut sein gegen Epilepsie. So steht es im „Handbüchlein der Sympathie“ aus dem Jahre 1858. Vor allem aber soll es Glück bringen, wenn man dem ersten Maikäfer des Jahres den Kopf abbeißt.

Und was haben die Maikäfer mit der Tollwut zu tun? In den Kirchenbüchern von Aschbach in Unterfranken aus dem Jahre 1660 finden sich „Randbemerkungen“ über die Tollwut, verfasst vom damaligen Pfarrer Melchior Beck. Als Heilmittel gegen Tollwut bezeichnete er in Honig erstickte Maikäfer.

Es machte einen Heidenspaß, wenn Mädchen und Jungen in den Kriegsjahren die Käfer auf ihrer Hand krabbeln ließen. Sie „pumpten sich voll Luft“, starteten und flogen davon. Dazu sangen wir das Kinderlied unserer Schulzeit: „Maikäfer, flieg! Dein Vater ist im Krieg, deine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer, flieg!“

Als ausgesprochenen Glückskäfer unserer Kindheit betrachteten wir den Marienkäfer, den wir auch „Herrgottstierchen“ nannten. Fanden wir im Garten einen Marienkäfer mit sieben schwarzen Punkten, so brachte uns dieser Glück. Wir nahmen ihn am anderen Tag im Schulmäppchen mit in die Schule.

Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren

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