Читать книгу Du wartest jede Stunde mit mir - Dietrich Bonhoeffer - Страница 21

11. An Maria von Wedemeyer

Оглавление

30. Juli 1943

Meine liebste, gute Maria!

Ist das nicht herrlich, dass ich Dir nun auch selbst schreiben kann? Wie habe ich mich nach diesem Augenblick gesehnt! Alle 4 Tage darf ich schreiben und ich werde also zwischen Dir und den Eltern abwechseln. Der heutige Tag war so voller schöner und auch ernster Eindrücke, dass ich noch nicht ganz wieder zur Ruhe gekommen bin, und doch kann ich es nicht lassen, Dir sofort heute noch zu schreiben. Wie soll ich Dir danken für Deine Liebe und Deine Treue und für Deine Tapferkeit, mit der Du alles trägst und mit der Du auch den für Dich doch schrecklichen Gang ins Reichskriegsgericht wieder unternommen hast. Es war heut so unbeschreiblich schön mit Dir zusammen, noch schöner als das letzte Mal – und wie wird es erst sein, wenn wir einmal ganz ohne andere Menschen zusammen sein werden. Ich weiß, ich bin schrecklich ungeschickt bei diesen Sprecherlaubnissen Dir etwas zu sagen, was Dich freut und tröstet und Dir zu zeigen, wie lieb ich Dich habe; ich bin nicht fröhlich und selbstlos genug – daran ist eben das grässliche Gefängnis schuld; aber das weißt Du ja alles und wenn ich zu viel von mir selbst rede, so musst Du doch wissen, dass Du da in mein Ich immer ganz miteingeschlossen bist. Ich bin nicht mehr ohne Dich, das ist mir in den letzten Monaten noch viel deutlicher geworden, als es mir schon war. –

Nun kam eben auch Dein guter, guter Brief! Und morgen werdet Ihr also an Vaters Geburtstag zusammen sein und ich werde an Euch denken. Es hat mich wirklich sehr gerührt, was Du von den kleinen Geschwistern und ihrem An-mich-Denken schreibst. Ja, ich will mir die Mühe geben, ihnen ein guter großer Bruder zu sein. Zu Haus war ich fast der Jüngste und das Glück, nun noch einmal eine Schar jüngerer Geschwister zu bekommen, ist für mich unbeschreiblich groß. Möchte doch alles gelingen, wie wir es erhoffen und erbitten und möchte ich für das, was ich von Eurer Familie empfange, Euch auch irgendetwas bringen können, was Euch freut. Die Vorfreude auf den ersten Tag in Pätzig überwindet immer wieder allen Kummer in mir. – Dass Du mit der Geige ernst machst, finde ich herrlich. Aber die Laute darfst Du mir nicht schlecht machen! Sie ist ein sehr ernsthaftes Instrument und Du darfst sie nicht mit der Mandoline verwechseln. Wir müssen später mal ein gutes Lautenkonzert zusammen hören. In Mexiko habe ich eine unvergessliche Sommernacht mit einem großen Lautenspieler verbracht. –

Eben läutet es zum Schlafengehen, morgen früh geht der Brief ab. Es steht nicht viel drin, Gedanken habe ich heute nicht mehr viel, aber das Herz voll großer Liebe, das ist auch ohne viele Gedanken immer da und immer bei Dir. Leb‘ wohl, meine liebste Maria. Sei weiter fröhlich, geduldig und tapfer und vergiss mich nicht, wie ich Dich nie vergesse, vom Morgen bis zum Abend und in der Nacht, wenn ich aufwache. Grüße die Mutter dankbar und herzlich von mir, auch die Großmutter, und jedem der Geschwister einen besonderen Gruß!

Dich umarmt und liebt Dein Dietrich

Du wartest jede Stunde mit mir

Подняться наверх