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Geleitwort
ОглавлениеDietrich Bonhoeffers Briefe aus dem Gefängnis gehören zu den bewegendsten theologischen Texten des 20. Jahrhunderts. Denn in diesen Briefen ist man dabei, wenn Bonhoeffer einen neuen theologischen Ansatz wagt. Man schaut ihm über die Schulter, wenn er tastend versucht, sich im Gespräch mit seinem Freund Eberhard Bethge Klarheit über seine sich verändernden Einsichten zu einer mündigen Welt und einer weltlichen, nicht-religiösen Gestalt des Christentums zu verschaffen. Es sind diese Überlegungen, die Bonhoeffer nach seinem Tod berühmt gemacht haben.
In diesen Briefen erlebt man aber auch hautnah mit, wie Bonhoeffer versucht, mit der belastenden Haftsituation fertigzuwerden. Er vermisst die Eltern, den Freund und seine Verlobte Maria von Wedemeyer. Er zwingt sich einen disziplinierten Tagesablauf ab, um der negativen Gefühle und der Einsamkeit Herr zu werden. Mal trösten ihn alte Kirchenlieder, mal liest er kaum noch in der Bibel. Sein Innenleben schwankt zwischen Zuversicht und Depression, zwischen Selbstzweifeln und Gottvertrauen.
Zum ersten Mal werden hier Bonhoeffers Briefe an Eltern, Freund und Verlobte in chronologischer Reihenfolge abgedruckt. Bislang musste man zwei verschiedene Bücher, „Widerstand und Ergebung“ und „Brautbriefe Zelle 92“, nebeneinanderlegen, um rekonstruieren zu können, wie sich Bonhoeffers Briefe an Eltern und Freund und seine Briefe an die Verlobte zueinander verhalten. Nun ist endlich am Stück nachzulesen, welche Gedanken und Gefühle er mit wem wann teilte und inwiefern diese Beziehungen, aber auch die Hoffnung auf Gott, die „guten Mächte“ waren, die ihm in der Haft Trost und Halt gaben.
Christiane Tietz (Prof. Dr. Christiane Tietz war bis 2018 Vorsitzende der Internationalen Dietrich-Bonhoeffer-Gesellschaft, deutschsprachige Sektion.)