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Träume

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In dieser Nacht träume ich drei aneinandergereihte Träume von Ronda und mir. Ich träume von Wien, meiner Geburtsstadt. Und immer wenn ich von Wien träume, sind es Albträume. Nie komme ich dort an, wo ich hin will. Mal verfahre ich mich auf Seitenstraßen, nur um irgendwo in der Pampa wieder aufzutauchen. Weit, weit weg von Wien. Und ein anderes Mal verunfalle ich auf riesigen Highways, während ich kurz vor der Stadteinfahrt bin. Ich weiß aber, dass Wien als Symbol für meine Wurzel, meine innere Heimat, meinen innersten Kern steht, den ich finden will. Und heute hab ich Ronda mit.

„Ronda“, sag ich im Traum. „Ich muss nach Wien. Ich hab dort ein Haus samt Garten, um den muss ich mich kümmern.“ Ronda will mich begleiten. Unbedingt, und das lässt sie sich nicht nehmen. „Ich werde dir deinen Garten nach Feng Shui einrichten“, erklärt sie mir, und dass es wichtig sei, das sie dass macht. Also fahren wir gemeinsam. Mein Garten ist groß und wild bewachsen und Ronda hat ihre liebe Freude daran, ihn auf Feng Shui Art neu zu bepflanzen. Ich wundere mich über ihre Fähigkeit. Und freu mich, dass sie so was überhaupt drauf hat.

Sie macht ihre Sache wunderbar und zieht mich in den Garten. Ich soll mir ihre Arbeit ansehen, soll ihr sagen ob ich zufrieden bin mit dem was sie fabriziert hat. Mir gefällt was ich sehe und ich freu mich, dass sie mit von der Partie ist.

Wir sind allein im Garten und Rondas Freude, dass ich ein solch großes und schönes Grundstück samt Haus besitze, beflügelt sie. Ronda schwänzelt um mich herum, umgarnt mich und streut mir Rosen. Und ich weiß, Ronda will mich verführen. Hinter einem Baum zieht sie mich an sich und beginnt mich zärtlich zu küssen.

Wow, denke ich. Und während ich noch beim Genießen bin, wache ich schweißgebadet auf. Rondas Kuss brennt mir noch immer auf der Zunge, und ich weiß, dass es ein gutes Zeichen ist, von Ronda im Traum geküsst zu werden. Es zeigt, dass unsere Kommunikation passt und dass sie sehr intim ist. Ich will weiterträumen und befehle meinen Geist, die Ronda-Träume sollen weitergehen. Sofort. Ich will wissen was so abgeht zwischen uns, alles was ich nicht recht fassen kann. Meine Traumbilder, und das weiß ich, helfen mir dabei, klarer zu sehen für meine Sitzungen mit Ronda. Ich drehe mich also auf die andere Bettseite und träume tatsächlich weiter.

Wir sitzen auf der Terrasse vor dem Haus. Ronda war fleißig im Garten und ist müde. Ich habe mir was zum Essen gemacht und lasse es mir schmecken. Ronda schaut mir hungrig dabei zu, wie ich genüsslich meine Mahlzeit verspeise. Erst jetzt bemerke ich wie unhöflich ich bin und biete Ronda auch was Gutes an. Ronda ist dankbar, und schon gehe ich ins Haus und bereite ihr ein riesiges Sandwich, mit allem Drum und Dran, das ich ihr auf einem hübschen Teller auf die Terrasse serviere. Ronda ist dankbar und isst genüsslich, was ich ihr gerichtet habe. Mit einem Mal ist der große Terrassentisch zu einer Tafel umfunktioniert, an dem viele Gäste sitzen. Ronda bittet mich in den mittlerweile parkähnlichen Garten. Reden will sie mit mir, über uns und über unsere Zukunft. Wie ich mir das vorstelle mit uns, und ob ich denn bereit wäre für sie. Ich denke an meine Frau, und fühle mich irgendwie schlecht. Erinnere mich aber, dass es ein Traum ist, in dem ich mich befinde und sehe, dass es keinen Grund für mein schlechtes Gewissen gibt. Ronda und meine Frau, das sind zwei völlig andere Kapitel. Sie haben nichts miteinander zu tun. Ich kehre an den reich gedeckten Tisch zurück und Ronda steuert direkt auf mich zu. Sie legt ihre Arme um mich. Ihr Gesicht nähert sich dem meinen. Ich fühle irre Erregung und Nervosität in mir aufsteigen. „Ronda, bitte nicht vor all den Leuten“, denke ich und fühle das Knistern in meiner Brust. Mein ganzer Körper prickelt und ich habe Flugzeuge in meinem Bauch. Rondas Nähe macht mich schwindelig.

Es ist drei Uhr nachts und erneut wache ich auf. Mein Atem geht schwer. „Ronda“, denke ich und bin erstaunt, dass ich den Traum irgendwie im Wachzustand weiterträume. Ich lege mich wieder seitlich in Löffelchenstellung und schließe meine Augen. „Nicht aufhören“, bettle ich, „ich will weiterträumen.“

Die Szene von vorhin wiederholt sich ein weiteres Mal und Ronda umarmt mich vor all den Leuten. Alle können sehen, wie viel wir uns bedeuten. Ich bin nervös. Ronda macht mich völlig verrückt. Ich bin verliebt und hin und weg von ihr und ihren zärtlichen Annäherungsversuchen. Ich bin mutig und drehe mein Gesicht dem ihren zu. Und dann küsst sie mich so stürmisch, wie ich noch nie geküsst worden bin. Mein Gott, denke ich nur. Diese Frau bringt mich selbst in meinen Träumen noch um den Verstand. Die Leute tun, als hätten sie nichts gesehen, was Ronda sofort zum Anlass nimmt, mich ins Hausinnere zu ziehen.

Sie sagt, sie hätte uns im Haus im Erdgeschoss ein Zimmer eingerichtet. „Wir brauchen eines, jetzt wo wir verheiratet sind!“, erklärt sie schnell und schiebt mich fordernd durch die Türe. Ich wüsste jetzt nicht, dass wir geheiratet hätten, aber irgendwie kann das schon stimmen, das mit der Heirat, ich werde es wohl während der Arbeit vergessen haben, überleg ich kurz, und lass mich überraschen. Ronda macht kurzen Prozess mit mir. Sie hat aufgehört mich zu küssen, und zieht mich in Windeseile aus. Sie schält mich aus meiner Kleidung. Mann, Ronda kann ordentlich dominant sein, wenn sie was will, denke ich. Sie spricht kein Wort mehr mit mir, sondern dreht mich einfach auf unserem Bett auf alle viere. Dann stellt sie sich hinter mich und ich fühle, wie tief sie in meinen Körper eindringt. Mein Gott, schießt es mir und irgendwie verschwimmen Realität und Traum, so dass ich mich daran erinnern muss: „Isa, Ronda ist ´ne Frau. Sie kann dich nicht nehmen wie ein Mann.“ Aber sie tut es. Und das finde ich merkwürdig. Und weil es für mich nicht zusammenpasst, Ronda, Schwanz, das Mich-wie-ein-Mann-Nehmen, sehe ich, dass Ronda ´nen Umschnalldildo hat. Jetzt ist mir alles klar. Ronda nimmt mich mit einer Selbstverständlichkeit und zeigt mir, dass es normal ist, was sie mit mir tut. Dass es so etwas wie unsere Hochzeitsnacht ist. Ich besinne mich auf das Gefühl, das Rondas unglaublich runde Bewegungen in mir bescheren, und fühle eine solche Intensität an Liebe, Klarheit und Zuneigung, wie ich es noch nie erfahren habe. Weder im Traum noch in der Realität. Ronda dringt so tief und immer wieder in mich, dass mir der Atem wegbleibt. Denn mit jedem Stoß wird sie noch sanfter, noch intensiver und gibt mir das Gefühl, ihr allein zu gehören. Ich mag das Gefühl. Nein, ich liebe es. Ich liebe ihre sanfte Dominanz, und mit welcher Selbstverständlichkeit mich Ronda führt und anleitet. Ich weiß, sie nimmt mich ganz. Mein Körper allein reicht ihr nicht mehr. Sie dringt immer tiefer in mich. So tief, bis sie endlich meine Seele erreicht, an ihr anstößt. In dem Moment weiß ich, was er bedeutet, der Traum. Ich weiß was er mir sagen will und worauf ich mich verlassen darf. Denn so erotisch der Traum in seinem Geschehen auch anmutet. Er war es nicht. Es war kein feucht-fröhlicher Traum. Irgendwie irritiert mich das. Ich weiß aber, was Ronda fühlt und ich weiß mit einem Mal, niemals zuvor konnte mich ein Mensch je so berühren wie Ronda. So tief und innig, in allem was ich bin.

In der Praxis sitze ich Ronda gegenüber. Sie wirkt nervöser als sonst. Vielleicht, so überlege ich kurz, weil sie meine Verlegenheit spüren kann, des Traumes wegen, der mich nicht mehr loslässt, und dessen Gefühl ich nicht mehr aus meinem Körper kriege. Diese Einheit mit ihr, wie ich noch nie Einheit fühlen konnte. Ich schau mir das jetzt an. Das muss ich wohl, weil ich Ronda vor Scham nicht mehr in die Augen sehen kann. Kann ihrem Blick nicht standhalten. Ronda versucht es immer wieder. Aber irgendwie will es mir nun nicht mehr gelingen, der Angst in mir wegen, dass sie womöglich durch meine Augen direkt in meine Seele, in meinen Traum blicken kann, der mich jetzt mehr als nur einnimmt. Ich weiß, dass Träume wichtig sind in Therapien. Sie zeigen in verschlüsselter Form und Symbolik Themen auf, die behandelt werden sollten. Na ja, ich weiß das, und ich kann mir meine Träume schon selbst deuten, auch ohne Ronda. Aber diesen Traum Ronda zu erzählen? Nein, also das geht gar nicht. Es ist mir klar, dass wir uns die männliche Seite in mir anschauen sollen. Das männliche System im Außen. Eine männliche Seite, die nicht dominierend, sondern im Einklang mit dem Weiblichen existent sein soll.

„Mein Gott Ronda“, denk ich verstört, „wenn du nur wüsstest.“ Aber Ronda weiß es. Sie weiß es, weil ich fühlen kann, dass sie es weiß. Womöglich hatte Ronda ja denselben Traum.

In den nächsten Nächten häufen sich die Ronda-Träume.

Und ich bin froh darüber, weil sie mir so viel von mir und Ronda, von der ganzen Sache die mir über den Kopf wächst, erzählen.

Ich träume von einer Schule. Ronda ist Englischlehrerin und ich muss in ihr Büro, meiner schlechten Note wegen, die sie mir gibt. Ich stehe also wie ein Schulmädchen vor Ronda, die unglaublich streng ist und mir einfach ´ne Fünf in Englisch ins Zeugnis rein knallt. „Keine Chance“, sagt sie, „du musst einfach mehr lernen.“ Sie sitzt da und wirkt kalt und abweisend auf mich, bis sie plötzlich eine andere Ronda zum Vorschein kommen lässt. Mit einem Mal ist sie freundlich und lieb, sie wird nervös als sie mir erklärt, dass sie mich unheimlich mag, mich so gerne weiter in der Schule hätte. Sie könnte es nur schwer ertragen, wenn ich ihr jetzt der schlechten Note wegen aus dem Weg gehe. Mir ist mit einem Mal alles egal. „Soll sie mir ein Nicht Genügend geben“, denke ich angepisst und gehe aus dem Büro. Ihr Kalt und Heiß Spiel kann sie sich sparen. Ronda ruft mir nach: „Bleib doch, so bleib doch noch hier!“ Ich drehe mich noch einmal zu ihr um und sehe, dass sie weint. „Selbst Schuld“, denke ich und verschwinde in den Keller. Am Stiegenabgang ist mir klar, dass Ronda und ich einfach nicht dieselbe Sprache sprechen, und daran kann auch ich nichts ändern. Und diese Schule soll wohl als Symbol für unser System herhalten. Das ja kalt und abschreckend sein kann wie nur was.

Ronda macht auf cool. Hat die Pausenaufsicht über und ich bin gerade dabei, die Schule zu verlassen, für immer. Noch stehe ich am Stiegenabgang und will nach oben. Meine gesamte Kleidung liegt in einer Ecke auf den Stufen und Ronda bemerkt mich nicht. Ich schnappe mir also einen Pullover und streif ihn mir über den Kopf und während ich das tue, gehe ich einige Stufen nach oben, Ronda entgegen, die sofort das Gespräch mit irgendeinem Schüler abbricht. Ronda zieht mich zu sich. Ihr Gesicht ist dem meinen ganz nah. Sie legt meine Hand in die ihren und beginnt über meine Finger zu streicheln. Ich spüre irre Erregung in mir aufkeimen, während Ronda mich weiterstreichelt und dabei das Gespräch mit zwei anderen Schülern aufgenommen hat. Die zwei schauen uns zu und wissen von Rondas tiefen Gefühlen zu mir.

Dann löse ich meine Hand aus Rondas sanftem Griff und gehe. Ronda fragt mich noch, ob ich jemals wieder kommen werde. Aber ich bin schon längst über alle Berge. Ich komme nie wieder. Mit Sicherheit werde ich Rondas Schule nicht mehr betreten.

Im Anschluss befinden Ronda und ich uns mitten auf einer Waldlichtung. Ich bin eine Indianerin und laufe barfuß. Irgendwer erzählte mir, dass ich für mein Vorhaben Schuhe benötigen würde und dass die benötigten Schuhe in einem ganz besonderen Geschäft zu haben seien. Plötzlich steht Ronda vor mir. Ganz nah. Sie zieht mich an sich und beginnt mich zu küssen. Ich lasse mich ein auf diesen Kuss. Mich Ronda zu entziehen ist fast unmöglich für mich, aber ich muss los, muss mir die Schuhe besorgen, von denen mir erzählt wurde. Ich reiße mich los von Rondas sinnlichem Mund und besorge die Schuhe. Stolz zeige ich Ronda meinen Kauf, der dazu noch sehr günstig war. Es sind schwarze, hohe Haken, sehr feminin und elegant, die meine Weiblichkeit unterstreichen. Ronda wünscht sich ebensolche Schuhe und will wissen, wo ich sie herhabe. Ich ziehe sie mir über und verschwinde aus der Waldlichtung. Ronda versteht die Welt nicht mehr und bleibt verstört zurück. „Warum, warum willst du gehen?“ ruft sie mir noch traurig nach. „Wir könnten glücklich werden, wir beide!“ Und jetzt, wo ich die Schuhe anhabe, bemerke ich, dass ich mich aus der Haut der Indianerin geschält habe, nicht mehr die Ureinwohnerin bin und nie mehr wieder zurück in meine Heimat kommen werde. Weil ich mit den neuen Schuhen meinen Platz aufgegeben habe, mich gelöst habe von meinem Stamm. Und das ist gut so. Für wen genau weiß ich nicht. Ich brauche aber auch den Weg zurück nicht mehr zu finden.

Meine Träume haben recht. Ich muss mich langsam, aber sicher von Ronda lösen. Das was sich zwischen uns aufgestaut hat, werden wir nie, niemals in dieser Konstellation auflösen können. Denn es fühlt sich an, als wäre Ronda die Liebe meines Lebens. Die Liebe, für die man eintausend Leben auf sich nehmen würde, nur um ein einziges Mal davon kosten zu dürfen. Jetzt weiß ich auch, dass sich mein Körper eingeklinkt hat in das Liebesgefühl, das so lange Zeit nur seelisch und geistig in mir vorhanden war. Ich habe Ronda in jeder Pore, in allem, was ich bin, in mir. Und das kann und wird nie gut gehen. Nicht solange Ronda in Funktion zu mir steht.

Manchmal frage ich mich, ob ich nur ihretwegen lesbisch geworden bin. Weil irgendetwas in mir wusste, das mir die große Liebe eines Tages im Körper einer Frau begegnen würde.

Ich weiß, dass alle Träume in dieselbe Richtung deuten und mir mein Dilemma, in dem ich stecke, zeigen. Sie zeigen mir aber auch den Ausweg, und den zu nehmen wird mir immer plausibler. Ronda versteht meine Sprache nicht und ich spreche nicht die ihre. Unsere wahre und ehrliche Kommunikation läuft ausschließlich über unsere Empfindungen, doch darüber kommunizieren Ronda und ich nicht. Wir verstehen den anderen nicht, missverstehen uns immer häufiger, werden immer unsicherer, und schweigen bei Dingen, über die wir dringend sprechen sollten. Ich verliere meine Heimat, den Indianerstamm, meine Intuition, alles was mich in dieser Welt noch hält. Ronda hat mich mit dem Fünfer abgemahnt. Ich soll ihre Sprache lernen. Es ist nichts weiter als ein verdammtes Egospiel. Und ich will ihre Sprache nicht sprechen. Ich will keine oberflächliche, funktionalisierte Sprache sprechen, die nur Halbwahrheiten kennt. Aber irgendwie müssen wir es schaffen, uns wenigstens halbwegs miteinander verständigen zu können. Und ich weiß, mein Ego ist kleiner als ihres. Daher werde ich es versuchen. Doch es wird mir viel abverlangen, weil ich auf ihren Straßen laufen lernen muss, auf ihren Wegen, und dazu brauche ich eine gute Erdung, weil es mir sonst meine Füße zerreißt. Ich brauche gutes Schuhwerk, weibliches Schuhwerk, unnatürliches Schuhwerk. Mein barfuß Laufen wird mir auf den harten Straßen des Patriarchates nicht weiterhelfen. Und deshalb werde ich mir die Schuhe für Ronda umschnallen, werde versuchen in den unbequemen Dingern zu laufen. Ich werde so tun, als ob mir ihre Straßen und Wege gefallen, dabei hätten wir beide ein schöneres zu Hause in Wien. Eines das uns beiden gehört, in dem es uns beiden gut geht. Denn Rondas Geburtsstadt ist wie die meine Wien. Ihre Wurzel ist auch die meine. Da, und nur da liegt unsere beider Wurzel. Genau dort sollten wir beginnen miteinander zu sprechen. Ich hoffe, dass es sich lohnt, dass ich Ronda entgegengehe auf halbem Wege, und dass sie eines Tages erkennt, dass auch sie mir entgegen gehen wird müssen, wenn wir ein ausgleichendes Miteinander erleben wollen. Aber noch will Ronda diese unsere Ursprache mit mir nicht sprechen. Sie ist Therapeutin und darf mit mir nicht über sich sprechen, sie darf nicht sein, wer sie ist. Denn sie ist die funktionalisierte Fremdsprache in Person. Und um ihre Sprache zu erlernen, muss ich mich von mir selbst, meinem Volk der Indianer, entfernen. Mich verkaufen, wie meine Huren-Mutter, um ja niemals an den Kern der Sache heranzukommen. Und diese mir völlig fremde Sprache, die zu sprechen ich mich seit ich denken kann geweigert habe, zu erlernen, dafür hat Ronda sehr, sehr viel Geld und Zeit investiert. Hat sich den Stock-im-Arsch regelrecht gekauft, mitsamt einer Seelenzensur auf Lebzeit. Ich würde niemals den Beruf des Therapeuten ausüben wollen. Aber ich habe mich dazu entschlossen, Ronda ein Stück weit entgegen zu gehen. In ihre Welt, auf ihren Wegen, und ich weiß es jetzt schon, dass es Irrwege sind. Aber vielleicht sieht Ronda mein Bemühen, meinen Mut und meine Bereitschaft, mein Ego hinten anzustellen, nur damit wir in unserer Kommunikation nicht mehr länger auf der Stelle treten. Aber um ehrlich zu sein. Ronda hätte auch von mir ein Nicht Genügend in der lebenden Fremdsprache oder besser in der Muttersprache gekriegt. Und auch sie wird, wenn es ihr wichtig ist, das Versagen auszubessern, mir entgegen kommen müssen. Das blöde ist nur, Ronda spricht die Traumsprache der Intuition nicht, sie spricht die Muttersprache einfach nicht, daher hat sie ihr Zeugnis noch nicht einmal abgeholt, um zu wissen dass sie durchgefallen ist und der Nachzipf so wie bei mir bereits ansteht. „Verdammt Ronda“, denk ich. „Wir beide sind Lehrer und Schüler gleichsam. Doch das erkennst du nicht, weil dich dein Ego in deiner Funktion über mich erhebt und versucht ist, mich erniedrigt unter dir leidend zu sehen, damit du dein Leid nicht sehen musst. Ich hasse Bewertungen. Aber ich brauche für alles was so ist im Leben, einen passenden Namen. Und Rondas Problem hat wohl den Namen Narzissmus. Ronda steht eindeutig für das patriarchale System, das sich über die weibliche Natur stellt, sie Wege laufen lässt in unnatürlichem Schuhwerk, sie dreht und wendet nach männlichem Belieben und Bestreben.

Doch irgendwann, Ronda, das schwöre ich, erhebe ich mich. Irgendwann Ronda, werde ich verstehen, welcher Teil des Spiegels du bist. Und dann werde ich verstehen, wer ich bin. Dann werde ich auch wissen, wer du bist, was du so sehr fürchtest.

ABSTINENZ

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