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10. Sharon Tate und Roman Polanski [1967]

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»Persönlichkeiten und äußerste Furcht sind die wichtigsten Dinge beim Film!«

Roman Polanski

Sharon Tate wurde am 24. Januar 1943 im texanischen Dallas geboren. Ihr Väter war Berufsoffizier, deshalb lebte die Familie nacheinander an verschiedenen Orten Europas und der Vereinigten Staaten. Schon als Kind ließen ihre Eltern sie an einem Schönheitswettbewerb für die Allerjüngsten teilnehmen, aus dem sie als Siegerin hervorging. Auch als Sharon heranwuchs, wechselten die Eltern noch ständig ihren Wohnsitz; sie wohnten mal in San Francisco, dann im Staate Washington, dann wieder in Washington D.C. und so weiter. In Richmond, Washington wurde Sharon zur Miss Autorama gewählt.

Die Familie zog wieder nach Europa, ins italienische Verona, wo Sharon die Vincenza American High School besuchte. Auf Abschlussbällen wurde sie zweimal zur Ballkönigin gekürt. Wie viele Tausende amerikanischer Mädchen, die Ballköniginnen wurden, mögen sich verzehrt haben, nach Hollywood zu kommen? Während der Zeit in Verona lernte sie Eli Wallach, Susan Strasberg und Richard Beymer kennen, die dort einen Film drehten.

Mr. Beymer ermunterte Miss Tate mit dem alten Spruch »Du solltest wirklich zum Film gehen«, und das hat sie anscheinend dazu bewogen, tatsächlich Schauspielerin zu werden.

Ihr Vater – von dem es heißt, er sei Offizier beim militärischen Geheimdienst gewesen, – wurde wieder in die Vereinigten Staaten versetzt, nach San Pedro in Kalifornien, nur ein paar Meilen von Hollywood entfernt. Von San Pedro aus setzte sie zum Sprung an. Sie fuhr per Anhalter zu den verschiedensten Filmstudios, bei denen die eifrige Miss Tate mit der sanften Stimme bald als »das Mädchen aus San Pedro« bekannt war.

Es gibt ein denkwürdiges Interview über ihren Start in Hollywood, das sie während der Dreharbeiten zu dem bekannten Film Tanz der Vampire gegeben hat. Darin sagt sie: »Ich fuhr damals per Anhalter zu allen Studios in Los Angeles, weil ich mir ein Taxi nicht leisten konnte. Die Männer waren immer so großzügig, vor allem die Lastwagenfahrer; sie haben mich alle mitgenommen. Meine ersten Erfahrungen habe ich bei Werbesendungen fürs Fernsehen gemacht. Ich konnte Daddy davon überzeugen, dass ich in Hollywood sicher aufgehoben war.«

Miss Tate nahm sich einen Agenten, Hai Gefsky, und bald wirkte sie in Reklamesendungen für Autos und Zigaretten mit. 1963, mit zwanzig Jahren, wurde sie von ihrem Agenten zum Vorsprechen nach New York geschickt. Es ging um eine winzige Rolle in Petticoat Junction, einer damals in Planung befindlichen CBS-Fernsehserie, die von einem gewissen Martin Ransohoff und der ihm gehörenden Fernsehgesellschaft, den Filmways, produziert wurde.

Ransohoff erschien im Studio, erblickte das hübsche junge Mädchen und rief es zu sich. Der Kolumnist Lloyd Shearer berichtete in einer Londoner Zeitung, Ransohoff habe zu Sharon Tate die klassischen Worte gesagt: »Sweetie, ich mache einen Star aus dir« – mit der Betonung auf »ich.«.

Mr. Ransohoff war auch Produzent der TV-Quatschserie The Beverly Hillbillies, die unter TV-Archäologen als Meilenstein der Trash-Kultur gelten dürfte. Ransohoff schloss mit Sharon Tate einen Siebenjahresvertrag. Zweieinhalb Jahre lang betrachtete er sie als sein persönliches Eigentum. Wie eine hübsche Dattelpalme wurde sie fleißig begossen und zum Star gemacht. Sie erhielt Gesangs-, Tanz- und Schauspielunterricht. Sie bekam zur Übung kleine Rollen, in denen sie Perücken trug, wie zum Beispiel in The Beverly Hillbillies, in The Petticoat Junction und in anderen von Ransohoff produzierten Filmen wie The Americanization of Emily und The Sandpiper.

Eine ganze Zeitlang lebte sie bei Big Sur in Kalifornien, einem herrlichen Küstengebiet, das sie sehr gerne mochte. Sie hielt sich dort mit Ransohoff auf, während dieser die Sandpipers mit Elizabeth Taylor drehte.

Irgendwann 1963 lernte Jay Sebring, Modefriseur für Filmschauspieler, Sharon Tate in einem Restaurant in Hollywood kennen. Sie freundeten sich rasch an, wurden ein Liebespaar und beschlossen zu heiraten. Jay Sebring war ein tatkräftiger, erfolgreicher Unternehmer, der sich in kürzester Zeit als König des Haarschnitts etablierte.

Als Schauspieler wendet man seinem Gesicht und seiner Frisur eine Menge Aufmerksamkeit zu – das ist normal, das tut jeder. In vielen Fällen sind Gesicht und Frisur ungefähr das einzige, was ein Schauspieler in seine Karriere einbringt. Sebring verstand es, sich in Hollywood die Achtung der Großen und der Reichen zu erarbeiten. Er war geradezu ein Zauberkünstler darin, eine Frisur davor zu bewahren, dass sie bei Regen im Rinnstein verschwand. Und er erschien genau rechtzeitig auf der Bildfläche, um beim Übergang vom Bürstenschnitt zum Pilzkopf mitzuwirken.

Ungefähr um die Zeit, als er Sharon Tate kennenlernte, erwarb Sebring ein beachtliches Haus im Benedict-Canyon, wo er bis zu seinem Tod lebte. Sebrings Haus Nr. 9860 am Easton-Drive erfreute sich eines schaurigen Ruhmes; es hatte einst der Schauspielerin Jean Harlow als Schlupfwinkel gedient, und hier hatte sich ihr Mann, Paul Bern, im Jahre 1932 eine Kugel durch den Kopf gejagt.

Nach zwei Vorbereitungsjahren war das Starlet fertig. Ende 1965 gab Ransohoff Sharon ihre erste Hauptrolle: Neben David Niven und Deborah Kerr spielte sie in dem Film Eye of the Devil (dt.: Die schwarze 13), die Geschichte einer religiösen Kapuzensekte, die den Teufel anbetet und Opfermorde begeht.

Der Film wurde in London gedreht. Jay Sebring kam ebenfalls nach London, und sie lebten zusammen in einem Apartment am Eaton Square, doch geschäftliche Probleme zwangen ihn, nach Los Angeles zurückzukehren.

Während Ransohoff in London Eye of the Devil drehte, stellte die Gesellschaft einen englischen Magier namens Alex Saunders, auch als »König der Hexen« bekannt, als technischen Berater ein. Alex Saunders – alias Hohepriester Verbius – behauptete, Aleister Crowley höchstselbst habe ihn als Geschenk zu seinem zehnten Geburtstag tätowiert und er habe auf den britischen Inseln Menschen in zweihundert Hexenzirkeln initiiert und ausgebildet. Er will sich auch während der Dreharbeiten für den Teufelsfilm mit Sharon Tate angefreundet und sie in die Hexenkunst eingeweiht haben. Er habe Fotos, in denen Miss Tate in einem geweihten magischen Kreis zu sehen sein soll.

Anfang 1966 verpflichtete Martin Ransohoff Roman Polanski als Regisseur für einen von Polanski selbst verfassten Film, dem man nacheinander die Titel The Fearless Vampire Killers, Dance of the Vampires (Tanz der Vampire) und Pardon Me, But Your Fangs Are in My Neck gab. Mr. Ransohoff wollte, dass Sharon Tate in diesem Streifen mitspielte, und so sorgte er dafür, dass sich die beiden kennenlernten.

Mehrere von Polanskis Filmen, insbesondere Das Messer im Wasser, Wenn Katelbach kommt und Ekel, waren bereits große Erfolge gewesen. Ekel genießt den düsteren Ruf, einer der erschreckendsten Filme zu sein, die je gedreht wurden.

Roman Polanski erblickte am 18. August 1933 als Raymond Polanski in Paris das Licht der Welt. Seine Eltern stammten ursprünglich aus Polen. 1936 kehrte die Familie nach Polen zurück und ließ sich in Krakau nieder. Hier erlebte Roman als Kind die Schrecken des widerlichen Hitlerfaschismus.

Als der Krieg ausbrach, brachte Polanskis Mutter Roman und seine Schwester Annette nach Warschau. Die Stadt wurde fast ohne Unterbrechung bombardiert, die Lebensmittel waren knapp. Seine Mutter durchwühlte die Abfälle nach Essbarem, für Trinkwasser musste man Schlange stehen. In den Straßen lagen Tierkadaver zwischen ausgebombten Häusern. Bald folgte Polanskis Vater der Familie und gemeinsam kehrten alle zurück nach Krakau.

Dort wurden sie gezwungen, ins Ghetto zu ziehen. Hohe Mauern umgaben das jüdische Viertel, dessen Bewohner den Davidstern am Ärmel tragen mussten. Das Leben im Ghetto war grauenhaft. Eines Tages beobachtete Roman, wie die Deutschen eine Gruppe von Frauen abführten. Als eine alte Frau nicht mehr mithalten konnte und etwas zurückblieb, sah Roman, wie ein Soldat sie kurzerhand erschoss. Jede Woche wurden im Freiluftkino Propagandafilme gezeigt, während der Vorstellungen erschien in regelmäßigen Abständen die Parole »Juden = Läuse = Typhus« auf der Leinwand. Sein Vater fand eine Familie, die bereit war, Roman bei sich aufzunehmen für den Fall, dass die Eltern deportiert werden sollten. Romans Mutter, die als Halbjüdin galt, wurde deportiert und starb in einem Konzentrationslager.

Am 13. März 1943 wurde das Krakauer Ghetto liquidiert. Kurz vor Sonnenaufgang brachte ihn sein Vater in einen nicht kontrollierten Winkel direkt hinter einem SS-Wachposten und schnitt ein Schlupfloch in den Stacheldraht. Roman machte sich auf den Weg zu jener Familie, die ihn verabredungsgemäß aufnehmen sollte, doch das Haus war verschlossen. Er kehrte zurück ins Ghetto, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie eine Gefangenenkolonne abgeführt wurde. Sein Vater war auch dabei. Als Roman versuchte, sich in dessen Nähe zu drängeln, zischte ihm der verzweifelte Vater zu: »Hau ab.« Roman blieb stehen, drehte sich um und ging fort. Dieser Akt väterlicher Zurückweisung hat ihm vielleicht das Leben gerettet. Als der kleine Junge der Vernichtung entkam, konnte er noch nicht ahnen, dass dreißig Jahre später im reichen Kalifornien ein Mann im Gefängnis sitzen würde, dem man die Anstiftung zum Mord an seiner zukünftigen Frau zur Last legen sollte; ein Mann mit einem Hakenkreuz auf seiner Stirn.

Während der Schrecken des Krieges waren Filme zu einer Zuflucht für Polanski geworden. Er war noch recht jung, als er Schauspieler und Filmregisseur wurde. Fünf Jahre lang besuchte er die Staatliche Polnische Filmschule in Lodz und lernte dort Wojtek Frykowski kennen.

Seine frühen Werke waren kurze, kahle Filme im Stile Becketts. 1960 ging Polanski für anderthalb Jahre nach Frankreich, wo er in dem Film Der Dicke und der Dünne spielte und Regie führte. 1961 ließ er sich von seiner Frau, der polnischen Schauspielerin Barbara Lass, scheiden. Er fragte Samuel Beckett, ob er Warten auf Godot verfilmen könnte, doch Beckett lehnte ab mit der Begründung, das Stück sei nur für die Bühne konzipiert. Polanskis Freund, Wojtek Frykowski, investierte 45.000 Zloty in seinen nächsten Kurzfilm mit dem Titel Säugetiere. Im Anschluss drehte er den abendfüllenden Spielfilm Das Messer im Wasser, durch den er im Westen berühmt wurde.

1962 gewann Das Messer im Wasser den Kritikerpreis der Filmfestspiele von Venedig und im Jahre 1964, als der Film auch in Amerika angelaufen war, bekam er einen Oscar als bester ausländischer Film.

1963 ging Polanski nach Holland und inszenierte dort eine Episode für den Film The Best Swindles in the World. Im selben Jahr schrieb er als Co-Autor das Drehbuch zu Mögen Sie Frauen?, ein Film über eine »Kannibalengesellschaft« in Paris, die gern hübsche Mädchen kocht und isst. Uhh-iih-uhh ... (Man blende dazu den elektronischen Sound aus Rosemary's Baby ein.)

Anfang der Sechziger Jahre arbeitete Roman Polanski mit Gérard Brach zusammen und verfasste mit ihm die Drehbücher für die Filme Ekel, Tanz der Vampire und Wenn Katelbach kommt. Produzent Gene Gutowski, ein Bewunderer von Das Messer im Wasser, holte Polanski nach England, wo dieser 1965 seinen ersten Film in Englisch, Ekel, drehte.

Ekel ist die Geschichte einer hübschen – von Catherine Deneuve gespielten – Maniküre, die an schrecklichen, übermächtigen Halluzinationen leidet und am Schluss zwei ihr bekannte Männer zu Tode sticht und hackt. Ekel, horribile dictu, war ein Erfolg und Polanski verfügte nun über die Geldmittel, um Wenn Katelbach kommt zu drehen, eine unheimliche Mordgeschichte, die in einem Schloss am Meer spielt.

Polanski erwarb sich den Ruf eines Regisseurs von großem handwerklichem Können. Der Erfolg seiner bluttriefenden Filme und seine offensichtliche Begabung erregten Ransohoffs Aufmerksamkeit. Er erklärte sich bereit, Polanskis Drehbuch Tanz der Vampire für die Metro-Goldwyn-Mayer zu produzieren. In diesem Film sollte Sharon Tate die Rolle einer Vampirin spielen.

Einer immer wieder erzählten Geschichte zufolge sind Roman und Sharon an dem Abend, als sie sich kennenlernten, beide zusammen in einem Apartment gewesen. Polanski entschuldigte sich und ging aus dem Zimmer. Dann schlich er sich wieder hinein, näherte sich von hinten mit einer Frankenstein-Maske vor dem Gesicht der arglosen Miss Tate und erschreckte sie mit einem lauten »Buh!«, worauf Sharon Tate einen hysterischen Anfall bekommen haben soll.

Die Komödie Tanz der Vampire handelt von einem Universitätsprofessor und seinem – von Polanski gespielten – Diener, die zusammen nach Transsylvanien reisen, wo es ein Schloss voller Vampire gibt. Sharon Tate spielte die Sarah, die Tochter eines Wirtshausbesitzers, die vom Obervampir ins Schloss entführt und dort selbst in einen Vampir verwandelt wird. Und so weiter. Während der Dreharbeiten für diesen Film posierte sie auch für Promofotos, bei denen sie ihre Vampirfangzähne blitzen ließ.

Im April 1966 beklagt sich Jay Sebring bei Freunden, Roman Polanski habe ihn ausgebootet. Offenbar hatte Polanski die zauberhafte Sharon Tate erobert. Sebring reiste nach London, und als er im Frühsommer 1966 zurückkehrte, verkündete er, alles sei vorbei zwischen Sharon und ihm.

Sharon Tates öffentliche Stellungnahme zu ihrem Bruch mit Jay Sebring klingt fast nach Selbstverachtung.

»Ehe ich Roman kennenlernte, war ich, glaube ich, in Jay verliebt. Es war ein nettes Verhältnis, aber um die Wahrheit zu sagen, ich war nicht gut genug für Jay. Ich bin nicht gefestigt genug. Ich bin zu unbeständig. Jay braucht eine Ehefrau, aber mit meinen 23 Jahren bin ich noch nicht bereit zur Ehe. Ich muss noch leben, und Roman versucht mir zu zeigen, wie.«

Sharon kehrte 1966 von England nach Amerika zurück, wo sie mit Tony Curtis und Claudia Cardinale in der Komödie Die nackten Tatsachen spielte. Zu dieser Zeit zog ihr Vater, Lieutenant Colonel Paul Tate, sein Ding in Vietnam durch, wo er seine Berufssoldatenkarriere mit einer Tätigkeit im Geheimdienst der Armee krönte.

Die März-Nummer 1967 des Playboy brachte eine Fotoserie, betitelt »The Tate Gallery«, in der Sharon mit entblößtem Busen posierte. Die Bilder hatte Roman Polanski geschossen.

Im selben Jahr bekam Sharon Tate die Rolle der Jennifer in dem Film Das Tal der Puppen. Jennifer war ein junger Star, der in dem Film Selbstmord begeht.

Irgendwann in jenen Monaten kam es zwischen Martin Ransohoff, dem Produzenten der Beverly Hillbillies, und Polanski zu einem Streit über den Tanz der Vampire. Ransohoff nahm an dem Film einige Schnitte vor, bevor er in den Vereinigten Staaten herauskam. Diese Schnitte bewogen Polanski zu der Forderung, man solle seinen Namen aus dem Vorspann streichen. Ransohoff erwarb auch die US-Rechte für Wenn Katelbach kommt und veränderte zum Ärger Polanskis den Film erhebliche. Sharon löste daraufhin ihre geschäftlichen Beziehungen zu Ransohof und es heißt, sie habe sich mit 175.000 Dollar aus ihrem Vertrag freigekauft.

Dank seines anhaltenden Erfolgs konnte Polanski als der erste Filmregisseur aus einem Land hinter dem Eisernen Vorhang einen Film in Hollywood drehen. Roman, der Glückspilz.

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