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12. Sharon und Roman als Ehepaar [1968]
ОглавлениеAm 20. Januar 1968, die Arbeiten zu Rosemary's Baby waren abgeschlossen, heirateten Sharon Marie Tate und Roman Polanski in London. Polanski erschien in »Edwardschem Putz«, wie die Presse schrieb, während Miss Tate ein weißes Minikleid trug. Sie bezogen ein Apartment, nicht weit vom Belgrave Square. Die Weltpremiere von Rosemary's Baby fand in London statt, und bald war klar, dass der Film ein Riesenerfolg werden würde. Polanski und seine junge Frau fuhren nach Los Angeles, wo der Eigentümer ihrer gemieteten Hütte an der Küste sein Haus zurückhaben wollte. Sie bezogen eine Wohnung im vierten Stock des schicken Château Marmonet am Sunset-Boulevard.
Durch den Erfolg von Rosemary's Baby wurde Polanski zu einer Berühmtheit und – wie nicht anders zu erwarten – zu einem Anziehungspunkt der Schmeichler und Scharwenzler. Die Polanskis wurden in einen Kreis energiegeladener, liberaler Schauspieler und Geschäftsleute aufgenommen, die in Hollywood auf dem Gipfel ihres Erfolges standen – lauter Flughafennomaden, immer die Koffer packend, immer unterwegs, immer bei der Arbeit, immer voller neuer Pläne.
Mit seinem Hintergrund als Regisseur von Filmen über Teufelsanbeter, Halssauger, Mörder und andere Seltsamkeiten war Polanski dazu prädestiniert, mit Filmideen, Exposes und Manuskripten aus der bluttriefenden Poe-Ebene geradezu überhäuft zu werden.
Er mied dies auch nicht, sondern begann mit dem italienischen Schriftsteller Ennio de Concini an einem Drehbuch über das Leben Paganinis zu arbeiten. Und er machte die Bekanntschaft des englischen Autoren Ivan Moffat, der eine Filmidee hatte, die auf der Geschichte der Donner-Party basierte. So ging es weiter mit Paganini und Donner.
Bei der Donner-Party handelte es sich um einen Treck von 87 Siedlern, die 1846 von Illinois nach Kalifornien zogen und im östlichen Utah auf einer gefährlichen und unbekannten Teilroute reisten. Hier schneiten sie ein, und während siebzehn von ihnen versuchten, Hilfe aus Kalifornien herbeizuholen, blieben 70 hungernd zurück, um schließlich sogar dem Kannibalismus zu verfallen – ein perfektes Filmthema für Polanski.
Niccolò Paganini, 1782 – 1840, galt als bester Geiger in der Geschichte des Abendlandes. Er war aber auch ein zwanghafter Spieler, der so manches Mal seine Stradivari beim Pfandleiher versetzen musste, um seine Schulden begleichen zu können. Was an ihm zog Polanski an? Nun, vielleicht das Gerücht, das Paganini zeitlebens umgab, demzufolge seine Musik so schwer zu spielen sei, dass er wohl einen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen haben müsse, um zu dieser Meisterschaft zu gelangen.
Und so begann das gewalttätige Jahr 1968. Es war die Zeit der psychedelischen Experimente. Sowohl Sharon Tate, wie Roman Polanski gaben öffentlich zu, dass sie LSD ausprobiert hatten. Polanski erlebte dabei einen üblen Trip, doch seine Frau sagte: »Das hat mir die Welt erschlossen«, – trotzdem zeigte sie sich zurückhaltend, es noch einmal zu tun.
Im Mai 1968 war Polanski als Jurymitglied der Filmfestspiele in Cannes eingeladen. Er und Sharon fuhren in seinem roten Ferrari von Paris nach St. Tropez. Zur selben Zeit führten die französischen Studenten in einer Koalition mit Gewerkschaftern und Landwirten Massendemonstrationen durch, die um ein Haar zum Sturz der Regierung DeGaulle geführt hätten. Eine Reihe bekannte Filmemacher forderte, sich mit der einzigartigen Koalition von Studenten und Arbeitern, die einen landesweiten Generalstreik auf die Beine stellte, solidarisch zu zeigen und das Festival von Cannes abzusagen, und obwohl Polanski sich gegen einen Abbruch aussprach, fanden die Festspiele im Verlaufe der Ereignisse ein vorzeitiges Ende.
Roman und Sharon kehrten daraufhin nach Los Angeles zurück, wo sie im Juni ein Haus in den Hügeln Hollywoods, am 1600 Summit Ridge-Drive anmieteten. Das Haus gehörte der jungen Schauspielerin Patty Duke, mit der Sharon sich während der Dreharbeiten zu dem Film Das Tal der Puppen angefreundet hatte. Die Polanski stellten ein Haushälterin ein, Winifred Chapman, die für sie zunächst am Summit Ridge und später am Cielo-Drive tätig war. Sie sollte es sein, die vom Schicksal ausgesucht wurde, die spätere Tragödie zu entdecken.
Nach einem Buch des Autors Robert Blair Kaisers über die Ermordung Robert Kennedys, sollen Roman, Sharon und andere Freunde am 5. Juni 1968 mit Senator Kennedy in einem Haus an der Küste von Malibu zu Abend gegessen haben. Im Anschluss an das Essen ließ sich der Senator ins Hotel Ambassador fahren, wo er erschossen wurde.
Am 15. Juni 1968 fand an die Westküsten-Premiere von Rosemary's Baby statt. »Betet für Rosemary's Baby« – so lautete der Slogan in den Zeitungsanzeigen. Der Film war in Los Angeles so erfolgreich, dass man zusätzliche Vorstellungen geben musste. In San Francisco lief er am 19. Juni an und wurde dort ebenfalls zu einem umwerfenden Erfolg. Der Film hatte alle Aussichten, zehn bis zwanzig Millionen Dollar einzuspielen. Der katholische Filmdienst allerdings stufte Rosemary's Baby als »nicht empfehlenswert« ein.
Polanskis Drehbuch wurde für einen Oskar nominiert, Mia Farrow wurde auf einem Filmfestival in Rio de Janeiro der Preis der Besten Schauspielerin des Jahres verliehen. Ruth Gordon erhielt einen Oscar als beste Nebendarstellerin.
In seiner Autobiografie schreibt Polanski, dass seine Möglichkeiten, gleich das nächste Filmprojekt mit Paramount Pictures zu starten, durch eine finanzielle Krise der Filmgesellschaft beeinträchtigt wurden. Paramount blickte bereits auf eine lange Geschichte im Filmbetrieb zurück, seit die Firma 1918 von Adolph Zukor, William Hodkinson, Samuel Goldwyn, Cecil B. DeMille und Jesse Lasky gegründet worden war. In letzterer Zeit aber hatte sie einige Kassenflops produziert und die Eigentümer von der Ostküste begannen, ihr Kapital herauszuziehen und sie mussten neue Projekte kürzen – so hatte Roman plötzlich eine Menge Zeit zur Verfügung.
Im Sommer 1968 spielten Sharon Tate, Dean Martin und Elke Sommer in einem Film mit dem Titel Rollkommando. Sharon spielte in dem Film eine Kung-Fu-Expertin und so wurde der bekannte Kampfkunst-Filmstar Bruce Lee angeheuert, um sie auszubilden. In seiner Autobiografie beschreibt Polanski, wie sie am Summit Ridge »einen Sparring auf Patty Dukes Einfahrt absteckten und er mir – neben anderen Dingen – den berühmten Bruce-Lee-Sidekick beibrachte«.
Sharon und Roman gaben in dem Haus am Summit Ridge-Drive eine Einweihungsparty, bei der es, wie ein Freund von Sharon Tate berichtet, zu einem seltsamen Zwischenfall, bei dem Roman von einigen bissigen Hunden aus den Hügeln angefallen wurde. Als die Polanskis das Haus mieteten, hatten sie sich bereit erklärt, für Patty Dukes Collie zu sorgen, der aber die schlechte Angewohnheit hatte, gelegentlich davonzulaufen. An dem Abend der Party lief er hügelabwärts auf das ehemalige John-Barrymore-Anwesen am 1301 Summit Ridge-Drive zu. Polanski rannte dem Hund hinterher und stieß dabei – anscheinend nahe der Zwinger der Barrymore-Villa – auf ein Rudel bissiger Schäferhunde, die einer Gruppe englischer Okkultisten gehörten, die in Amerika das Ende der Welt ankündigten. Um diesen halben Wölfen zu entkommen, rettete sich Polanski zunächst in eine Garage, aus der er sich später seinen Weg freiprügeln musste.