Читать книгу Verhaltenstherapeutische Paartherapie - Elisa Ewald - Страница 25
3.3.2 Ethische Voraussetzungen
ОглавлениеIn der Paartherapie ist der Therapeut im Sinne einer funktionalen therapeutischen Beziehung und zur Vermeidung ungünstiger Dreieckskonstellationen gegenüber beiden Partnern verpflichtet. Vor diesem Hintergrund sollte er unbedingt im Erstgespräch in seiner Funktion als objektiver Dritter auf die Offenheitsregel hinweisen: Alle Inhalte, die der Therapeut erfährt, können zum Thema in der Paartherapie werden. Werden ihm bisher verheimlichte Themen in Einzelsitzungen von einem der beiden Partner anvertraut, sollte er auf eine Offenbarung drängen, seine Unterstützung dabei anbieten und ansonsten die Paartherapie beenden. Es besteht sonst die Gefahr, dass zentrale Inhalte in der Paartherapie nicht bearbeitet werden dürfen und der therapeutische Prozess stagniert. Zudem kann der Therapeut zu einem späteren Zeitpunkt seine Glaubwürdigkeit verlieren, wenn seine Kenntnis über tabuisierte oder verheimlichte Themen – meist im Streit der Partner – Preis gegeben wird.
Zusätzlich sollten bei paarorientierten Interventionen immer die Konsequenzen für beide Partner und involvierte Kinder und Jugendliche bedacht und entsprechend berücksichtigt werden. Bspw. stellt die Beziehung der Kinder und Jugendlichen zu beiden Elternteilen einen besonderen Wert dar, den es in der Abwägung möglicher Folgen paarorientierter Interventionen zu berücksichtigen gilt. Im Konfliktfall der bio-medizinischen Prinzipien gilt die Schadensvermeidung (z. B. Suizidversuch, sozial unverträgliche Trennung) als höherrangig vor der Autonomie des Patienten, der Pflicht zur Hilfeleistung oder der Gerechtigkeit (Reiter-Theil und Fahr 2005). Im familiären Kontext können häufig moralische Dilemmata entstehen, sodass eine Prioritätensetzung der Prinzipien und Werte vor der Bearbeitung einer Kasuistik sowie eine ethische Entscheidung im Konsens mit Kollegen erfolgen sollten. Zu weiteren ethischen Fragestellungen und Kasuistiken muss auf die Literatur hingewiesen werden (Burkemper 2002).
Dem Wunsch eines Paares nach einer Paartherapie anlässlich einer gerade beendeten Außenbeziehung des Ehemanns wurde nicht entsprochen, weil die Ehefrau im siebten Monat schwanger war. Bei der Entscheidungsfindung wurden mit Blick auf die in der Paartherapie zu erwartende Destabilisierung der Ehefrau und der Paarkonstellation die daraus resultierenden möglichen Komplikationen in der Schwangerschaft oder eine vorgeburtlichen Trennung sehr hoch gewichtet. Die begonnenen konstruktiven Vorbereitungen des Paares auf die Geburt und die aktuelle Vermeidung von Gesprächen über Sexualität und der Außenbeziehung wurde zum jetzigen Zeitpunkt als angemessen bewertet. Eine Behandlung wurde nach der Geburt angeboten.