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Phase 8 \\ 7. August – 12:22 Uhr

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Die mittägliche Sonne heizt das Pflaster auf. Auf seinem Weg zur U-Bahn schreckt Kostrow aus seiner Grübelei auf – das Stück Erinnerung seit dem Verlassen von Miriams Wohnung scheint zu fehlen. Der Gedankensturm um Enzo Milano und seine Kois dominiert seine geistigen Prozesse. Habe ich mich überhaupt verabschiedet? Es sind nur kostspielige Zierfische, nichts weiter. Ich werde doch nicht grußlos aus der Wohnung gestolpert sein? Auch Stephan glaubt, dass mehr hinter den Kois steckt als es den Anschein hat. Habe ich ihr wenigstens einen Kuss gegeben? Stephans Intuition darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, das hat sich in der Vergangenheit schon oft erwiesen. Wie konnte mir derart entgehen, was ihr auf dem Herzen liegt? Japanisches und italienisches Design sind artverwandt, Milanos Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Ich scheine ein ziemlicher Gefühlsklotz zu sein. Trotzdem gibt es da etwas. Möglicherweise bedeutet mir Miriam nicht so viel wie ich angenommen habe.

Die Kois sind plausibel. Ihre Anwesenheit im Tartufo Nero ist plausibel. Was nicht erklärbar scheint, sind die beiden Elemente in Verbindung mit Milano. Es liegt an ihm. Es sind nicht die Kois, die da nicht hineinpassen. Es ist Enzo Milano.

Kostrow kommt an der Bar Grande Monaco vorbei. Der Duft aus der chromblitzenden Espressomaschine steigt ihm in die Nase. Die mit Vanillecreme gefüllten Bomboloni in der Glasvitrine lassen ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Haben wir überhaupt gefrühstückt? Verwirrt nimmt er zur Kenntnis, dass die Erinnerungslücke größer ist als angenommen. Natürlich, sagt sein Verstand. Nein, sagt sein Magen. Er betritt die Bar, bestellt an der Theke einen Café Macchiato und lässt sich einen Bombolone geben, den ihm der Barista in einer Serviette reicht. Genussvoll beißt er in die süße Sünde. Ein Schluck des mit geschäumter Milch aufgefüllten Espresso weckt seine Lebensgeister. Milano hin, Kois her, ich sollte mich nicht verrückt machen.

Kostrow verlässt die Bar und bemerkt sofort die schwarze Stretchlimousine, die fünf Meter weiter in Richtung U-Bahn-Station in einer Einfahrt parkt. Kostrow seufzt. Unerwartete Auftritte seines mächtigen Klienten wie diesen ist er bereits seit einiger Zeit gewöhnt.

Er öffnet die hintere Tür und lässt sich auf die wuchtige Lederbank sinken. Er zieht die Tür zu und blickt auf den Passagier neben sich. "Sie sind auch am Wochenende aktiv, Herr Mossner?“

Dorian Mossner lächelt. "Es gibt viel zu tun.“

"Da haben Sie wohl recht.“

Mossner, wie üblich im schwarzen Anzug mit hellblauem Hemd und gestreifter Krawatte, nimmt einen in glänzend lackiertem Wurzelholz gehaltenen Humidor von der Seitenkonsole und hält ihn Kostrow geöffnet entgegen. Die Cohiba Robusto schimmern verführerisch, doch Kostrow fühlt noch den Nachgeschmack des Kaffees und des Bombolone am Gaumen. "Vielen Dank, aber dafür ist es noch etwas zu früh für mich."

Der zweiundfünfzigjährige Manager bei Global Automotive stellt den Humidor zurück und wendet sich wieder Kostrow zu. "Es gibt neue Entwicklungen.“

"Das hatte ich schon vermutet."

"Zunächst einmal: Ihre beiden laufenden Aufträge sind storniert.“

Ein eisiger Schreck durchzuckt Kostrow. Noch ein Kunde, bei dem er minderwertige Arbeit abgeliefert hat?

Mossner sieht seine Reaktion und lächelt wieder. "Beruhigen Sie sich, das hat nichts mit Ihnen zu tun. Wir haben die Bearbeitung der Vorgänge unserer Internen Division übergeben, weil wir Sie für etwas Wichtigeres brauchen.“

"Wichtiger als die Werkspionage in Ihrer Wasserstoff-Entwicklungsabteilung?“

"Erheblich wichtiger.“

"Aber ein Informationsleck bei der Entwicklung eines massentauglichen Wasserstoffantriebs kann sich existenzgefährdend auswirken!“

"Das bekommen wir schon in den Griff.“

"Sie wissen, dass wir bereits erste Spuren nach Südchina ausmachen konnten.“

"Allerdings. Angesichts der kurzen Zeit, die Sie erst ermitteln, eine ausgezeichnete Leistung.“

"Dann wäre es vielleicht sinnvoll, uns auf dieser Schiene weitermachen zu lassen.“

"Mit Hilfe des Materials, das Sie uns geliefert haben, können wir den Fall selbst zum Abschluss bringen.“

"Was Sie noch nicht wissen – oder wissen Sie es schon? – wir konnten ein zweites Informationsleck lokalisieren, dass nach Rumänien weist.“

"Sie haben das in Ihrem Zwischenbericht angedeutet. Auch das haben wir in unseren Interventionsplan eingearbeitet."

"Ich weiß nicht, ob ich Sie schon darauf hingewiesen habe – gerade in Fällen verzweigter Informationslecks wenden wir eine besondere Form der rekursiven Informationskopplung an, die in der Regel zu spürbar beschleunigten Ermittlungserfolgen führt.“

Mossner lacht. "Herr Kostrow, Sie müssen nicht für sich werben, uns sind Ihre besonderen Fähigkeiten wohlbekannt. Wir wissen, dass Sie die Ermittlungen in Sachen Wasserstoffantrieb schneller als wir zum Abschluss bringen könnten, aber wir nehmen die Verzögerung bewusst in Kauf, um Sie in einer anderen Sache einsetzen zu können.“

"Und das ist auch beim Rekrutierungsangriff von Derelco Logistics der Fall?“

"Damit sind Sie doch ohnehin schon fast durch, oder? Was Sie uns bisher gebracht haben, genügt eigentlich schon, um die Klage zu entwerfen.“

"Aber das Ganze ist noch nicht wasserdicht. Wir haben zwar Unterlagen sichergestellt, die die erfolgreiche Abwerbung von sieben Executives Ihrer Führungsebene beweisen. Aber was noch fehlt, ist der Nachweis, dass die Abwerbeaktivitäten auch heute noch andauern und sogar an Intensität zugenommen haben. Das erst würde die Klage substanziell aufwerten.“

"Das sehen Sie richtig. Auch hier wird die Interne Division den Rest erledigen. Es wird Sie vielleicht interessieren, dass wir, aufbauend auf Ihren Ermittlungen, eine Klage im Umfang von sechs Milliarden Dollar vorbereiten. Machen Sie sich auf einen warmen Provisionsregen gefasst, sobald wir damit erfolgreich sind.“

Kostrows Herz scheint einen Schlag zu überspringen. "Das hört man allerdings gerne."

Mossner holt eine Zigarre aus dem Humidor, guillotiniert sie mit dem Abschneider aus der Seitentasche seines Sakkos und steckt sie in den Mund. Mit einem Gasdruckfeuerzeug, das er von der Seitenkonsole nimmt, brennt er sie sorgfältig an und nimmt einen genussvollen Zug. "Dann wollen wir mal über die neue Sache sprechen.“

"Jetzt bin ich wirklich gespannt.“

"Als erstes sollten Sie wissen, dass Sie gestern ein Hauptthema unserer Aufsichtsratssitzung waren.“

"Im positiven Kontext, hoffe ich.“

"Es ging um die Frage, ob wir Sie zum Klasse-drei-Geheimnisträger machen sollen, denn das ist die Voraussetzung für die Auftragsvergabe.“

"Klasse drei?“

"Allerdings.“

"Und wie viele Klassen gibt es?"

"Drei.“

"Oh.“

Mossner blickt abwartend auf Kostrow.

"Wenn ich eine Vermutung wagen darf – die Abstimmung ging zu meinen Gunsten aus.“

Mossner schmunzelt. "Woraus schließen Sie das?“

"Ich denke, im anderen Fall würden wir jetzt nicht hier sitzen.“

"Ich sehe, wir haben aufs richtige Pferd gesetzt. Richtig, der Aufsichtsrat hat sich für die Freigabe auf Stufe drei ausgesprochen.“

"Einstimmig?“

"Elf zu fünf.“

Elf zu fünf. Besonders stabil ist meine Position bei GA noch nicht. "Na immerhin."

"Machen Sie sich nichts draus. Normalerweise quetschen wir Beschlüsse mit zwei bis drei Stimmen Vorsprung durch.“

"Ich werde auf jeden Fall alles tun, damit die nächste Abstimmung mich betreffend dreizehn zu drei ausgeht.“

"Ich denke, wenn Sie in dieser Sache unsere Erwartungen erfüllen, wird Sie betreffend in Zukunft keine weitere Abstimmung erforderlich sein.“

"Na, dann werde ich mich mal ranhalten. Worum geht es?“

"Zunächst die Klasse-drei-Information: Global Automotive hat weitere, nicht offizielle Unternehmensbereiche."

"Tatsächlich! Und welche?“

"Der Bereich, der Sie betrifft, sind Waffensysteme.“

"Waffensysteme!“

"Allerdings. Wir entwickeln Waffensysteme der nächsten Generation.“

"Aber wie konnten Sie das unter der Decke halten? Waffensysteme lassen sich nicht in Hinterhofgaragen entwickeln."

Mossner lächelt wieder. "Das, lieber Herr Kostrow, ist eine Information, die Sie nicht betrifft."

"Verstehe."

"Was unsere Entwicklungstätigkeit so brisant macht, ist der Umstand, dass wir auf einem anderen Gebiet Fortschritte gemacht haben, die der Welt ebenfalls verborgen geblieben sind.“

"Und das wäre?“

"Quantencomputer.“

"Quantencomputer?"

"Sie wissen doch, was Quantencomputer sind?“

"Natürlich. Es sind Computer, die nach den Prinzipien der Quantenmechanik funktionieren. Ich muss zugeben, dass ich schockiert bin.“

"Aus welchem Grund?“

"Nach allem, was man hört, soll es verwendbare Quantencomputer erst in zehn bis zwanzig Jahren geben. Wie ist es möglich, dass Sie so weit voraus sind?“

"Auch das ist eine Information, die Sie ...“

"... nicht betrifft, schon klar.“

"Nachdem ich schon dabei bin, Sie zu erschrecken, hätte ich noch eine Sache.“

"Was kommt jetzt?“

"Vielleicht kommen Sie selbst drauf. Welche technische Entwicklung profitiert besonders intensiv von der Existenz von Quantencomputern?“

Kostrow verfällt in Grübelei. Welche technische Entwicklung? Alle wohl, oder? Was ist das besondere Merkmal von Quantencomputern? Die Rechengeschwindigkeit wohl. Und welche technische Entwicklung benötigt hohe Rechengeschwindigkeit? Raumfahrt? Meteorologie? Astrophysik? Kein Schimmer, dafür bin ich wohl nicht intelligent genug.

Intelligent.

"Künstliche Intelligenz, vermute ich mal.“

"Sie vermuten richtig. Auf der Basis unseres Quantencomputers QC6 haben wir ein intelligentes Bewusstsein mit einer Kapazität von 2 RU entwickelt.

"Und was wird wohl RU bedeuten?“

"Rational Unit. Damit bezeichnen wir die intellektuelle Kapazität eines durchschnittlich intelligenten Menschen mit einem IQ von 115.“

"Soll das heißen, dass dieses ... Bewusstsein ... einen IQ von 230 hat?"

"So muss man das wohl ausdrücken.“

"Dann ist ihr Superhirn also intelligenter als jeder Mensch, der je gelebt hat.“

"So gut wie. Es gibt einen Menschen mit diesem Intelligenzquotienten, nämlich den Mathematikprofessor Terence Tao.“

"Ehrlich gesagt, mir schwirrt der Kopf."

"Das kann ich verstehen, aber es kommt noch besser.“

"Was nun noch?“

"Wir haben einen Gefechtsroboter entwickelt, der mit dieser Quanteneinheit bestückt ist.“

"Ein Kampfroboter mit einem IQ von 230?“

"So ist es.“

"Meine Güte." Auf Kostrows Stirn bilden sich feine Schweißperlen.

"Sind Sie schockiert?“

"Ich muss zugeben, dass mich diese Vorstellung beängstigt.“

"Ist es nicht besser, Roboter ins Gefecht zu schicken, anstatt Menschen?“

"Kommt wohl darauf an, gegen wen sie antreten.“

"Da muss ich Ihnen Recht geben. Unsere Zielvorstellung ist natürlich, dass die Gefechtssituation ausgeglichen ist.“

"Sie meinen Roboter gegen Roboter.“

"So sieht es wohl aus.“

In Kostrows Kopf wirbeln die Gedanken durcheinander. Was für eine seelenlose Logik. Natürlich seelenlos, es sind Roboter. Das Argument ist bestechend – kein Einsatz von Menschenleben. Aber irgendwas stimmt da nicht. Das erinnert mich an das Argument der Waffenfreaks nach Schulmassakern, nach der die Lehrer auch hätten bewaffnet sein sollen.

"Ich gehe mal davon aus, dass alle Kriegsparteien ihre Gefechtsroboter von Ihnen beziehen.“

"Solange wir der einzige Hersteller sind.“

"Bei dem technologischen Vorsprung wird das wohl noch geraume Zeit der Fall sein.“

"Wollen wir es hoffen.“

"Und gleichzeitig befreien Sie die Welt von menschlichen Opfern bei Kriegshandlungen.“

"Darauf sind wir besonders stolz.“

"Ich nehme an, aus Ihrer Sicht stellt das eine Win-Win-Situation dar.“

"Aus Ihrer Sicht nicht?“

Jetzt ist es an Kostrow, zu grinsen. "Ich will mir natürlich nicht einen lukrativen Auftrag und das Verhältnis zu einem Kunden wie Ihnen verderben, aber meine Vorstellung einer Win-Win-Situation wäre eine Welt ohne Kriege."

Mossner lächelt ihn freundlich an. "Dafür habe ich jedes Verständnis. Ich denke, dieser Tag wird auch einmal kommen, und möglicherweise wird unser Beitrag ein wichtiger Baustein auf dem Weg dahin sein.“

"Wie darf ich das verstehen?“

"Sie werden sich sicher vorstellen können, dass wir exponentielle Planspiele zu unterschiedlichen Kriegsszenarien mit Gefechtsrobotern angestellt haben."

"Wozu hat man auch Quantencomputer.“

"Sie sagen es. Zusätzlich zur Vermeidung menschlicher Verluste kommt noch ein anderer Effekt zum Tragen: das Kräftegleichgewicht.“

"Weil die Roboter auf beiden Seiten die gleiche Intelligenz haben?

"So ist es. Auch bei Weiterentwicklung des IQ werden sich immer ungefähr gleich intelligente Roboter gegenüberstehen. Im Ergebnis werden die kriegsführenden Parteien fast nur noch Pattsituationen herbeiführen können, die durch ein Waffenstillstandsabkommen oder einen Friedensvertrag beigelegt werden. Mit der Zeit wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die eigentlichen Kriegshandlungen entbehrlich sind und man gleich in Verhandlungen eintreten kann.“

"Das ist aber ein sehr optimistischer Ansatz.“

"Nach unsere Analysen, die auf der Spieltheorie basieren, ist es eher ein realistischer Ansatz.“

"Ihr Wort in Gottes Ohr. Aber damit erledigt sich für Sie ein lukrativer Markt."

"Na wenn schon. Bis dahin ist die Wasserstofftechnik marktreif und wir können uns voll auf unser Kerngeschäft konzentrieren.“

"Das ist für ein gewinnorientiertes Unternehmen aber ein ungewöhnlicher Ansatz.“

"Hinter Global Automotive steckt mehr als es den Anschein hat.“

"Das Gefühl beschleicht mich auch langsam. Und welche Aufgabe habe ich bei der Sache?“

"Dazu komme ich jetzt. Bei den Funktionstests haben sich seit drei Wochen beunruhigende Fehlfunktionen eingeschlichen. In einer Reihe von Fällen zeigen Roboter eigenständige Verhaltensweisen."

"Und welche?“

"Sie wenden sich gegen ihre Klienten.“

"Klienten?“

"So bezeichnen wir die Benutzer, die ihnen ihre Kampfaufträge erteilen.“

"Sie greifen also die eigene Partei an?“

"So ist es."

"Gab es Opfer?“

"Glücklicherweise nicht. Vorerst kämpfen unsere Roboter mit Paintball-Gewehren.“

"Da kann man Ihnen nur gratulieren.“

"Wir haben über die Interne Division erste Ermittlungen angestellt. Wie es aussieht, wurden einige unserer Roboter gehackt.“

"Moment mal! Ich denke, sie sind mit Quantencomputern bestückt. Quantencomputer kann man nicht hacken, oder doch?“

"Im Prinzip nicht. Es sei denn, man hat selbst Quantencomputer und konnte mit ihrer Hilfe invasive Methoden entwickeln.“

"Aber Sie sind doch die einzigen, die heute bereits über Quantencomputer verfügen! Denken Sie, dass noch andere ähnliche Entwicklungen durchlaufen haben?“

"Ich glaube, eher nicht. Unsere Befürchtungen gehen in eine andere Richtung. Wir befürchten, dass wir nicht nur ein Datenleck, sondern auch eine physisch undichte Stelle haben.“

"Werkspione?“

"Eher Undercoveragenten. Die ID hat eine Datenspur in ein nicht befreundetes Land lokalisiert.“

"Ihre Interne Division? Und zwar?“

"Nordkorea.“

"Du liebe Zeit.“

"Wir befürchten, dass die Kim-Familie eine zweigleisige Strategie uns betreffend aufgesetzt hat. Einerseits massiven Technologietransfer nach Nordkorea, andererseits aggressive Sabotageprojekte in unserem Unternehmen, um die Ressourcen und die Datenbasis zu zerstören und das Personal zu eliminieren.“

"Das klingt ja apokalyptisch!“

"Wir befürchten, dass Nordkorea das Monopol für Quantencomputer, Gefechtsrobotik und künstliche Intelligenz von Deutschland nach Nordkorea verlagern will, um so eine unangreifbare Machtposition im konventionellen Bereich zu schaffen.“

"Sie meinen bei nicht-nuklearen Technologien?“

"Ganz genau.“

Kostrow schweigt betroffen. Mossner streift die Zigarrenasche vorsichtig am Rand des in die Seitenkonsole eingelassenen Aschenbechers ab.

"Sagen Sie, eigentlich dürfte das für Ihre ID kein großes Problem darstellen.“

Mossner zieht verwundert die Augenbrauen hoch. "Ihre Wertschätzung für unsere Interne Division schmeichelt mir.“

"Es geht doch wohl vor allem um die in Ihre Teams eingeschleusten Agenten, nicht wahr? Der Anteil asiatischer Mitarbeiter wird doch nicht allzu hoch sein, sehe ich das richtig?“

"Völlig richtig. Er beträgt Null.“

"Wie bitte?“

"Derzeit haben wir keinen einzigen asiatischen Mitarbeiter und keine einzige asiatische Mitarbeiterin, vom Aufsichtsrat bis zur Putzkraft. Der reine Zufall, aber so ist es nun mal.“

"Natürlich, die werden westliches Personal einsetzen“, murmelt Kostrow zu sich selbst.

Mossner nimmt einen tiefen Zug aus seiner Zigarre. "Wir brauchen Sie für einen zweigleisigen Prozess. Zum einen sollen Sie die Datenströme analysieren und das Netzwerk aufdecken. Möglicherweise sind weitere Länder beteiligt. Wir haben beispielsweise bestimmte Verdachtsmomente in Richtung Iran. Zum anderen sollen Sie die undichten Stellen in unseren Produktionsbereichen, Entwicklungsabteilungen und der Verwaltung identifizieren.“

"Und Sie denken nicht, dass die ID wegen ihrer Nähe zum Thema effektiver sein könnte?“

Mossner kneift die Lippen zusammen. "Ehrlich gesagt ...“

"Ja?“

"Also, das Folgende ist nicht offiziell. Ich habe das nie gesagt. Sollten Sie etwas in dieser Richtung behaupten, werde ich es mit allem Nachdruck dementieren.“

"Schon klar.“

"Es handelt sich nicht um die offizielle Meinung des Aufsichtsrats, sondern um die völlig unbestätigte und unbelegte Vermutung einer kleinen Fraktion.“

"Herr Mossner, ich werde Sie nicht zitieren. Wenn es etwas gibt, das ich wissen muss, dann wäre jetzt der richtige Augenblick.“

"Nun ja, ich ... wir vertrauen der ID nicht mehr im vollen Umfang.“

"Sie wollen andeuten, dass die ID möglicherweise unterwandert wurde?“

"Andeuten, das ist das richtige Wort.“

Nachdenklich starrt Kostrow aus dem Fenster auf die sonnendurchflutete Straße. Von etwas weiter hinten blinzeln die reflektierenden Fenster der Bar Grande Monaco zu ihm herüber. Jetzt wäre noch ein Café Macchiato recht. Er wendet sich wieder Mossner zu. "Das wird keine Kleinigkeit.“

"Die Kosten spiele keine Rolle.“

"Ich meine nicht die Kosten. Wir haben es hier mit einem gefährlichen und unkonventionellen Gegner zu tun.“

"Das ist mir klar. Deshalb habe ich Sie von den anderen beiden Projekten abgezogen.“

Wieder starrt Kostrow auf die Straße. Das wird unsere gesamten Ressourcen erfordern – und Stephan und Michail dazu. Wieder blickt er auf Mossner. "In Ordnung. Ich werde eine entsprechende Undercovermission entwerfen. In fünf bis sechs Tagen kann ich sie Ihnen präsentieren.“

"Sehr gut. Es kann allerdings sein, dass Sie schon vorher von uns hören.“

"Wieso das?“

"Das wird sich aus sich selbst heraus erklären.“

Schön gesagt. "Gut, ich höre dann von Ihnen.“

Mossner streckt ihm die Hand entgegen. "Machen Sie’s gut, Herr Kostrow.“

Er schüttelt die angebotene Hand. "Sie auch.“ Er öffnet die Tür und steigt aus. Langsam setzt sich der schwere Wagen in Bewegung, reiht sich in den Verkehr ein und entschwindet seinem Blick. Kostrow blickt auf seine Armbanduhr. Zurück in die Bar? Kostrow entscheidet sich dagegen. Dieser Samstag ist für persönliche Einkäufe eingeplant. Er geht auf die U-Bahn zu, die ihn ins Stadtzentrum bringen soll.

Kostrows Wahrheit

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