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Phase 5 \\ 5. August – 21:04 Uhr

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Wenige Minuten nach einundzwanzig Uhr hört Kostrow die Eingangstür. Kurz danach betritt Stephan Sieblat das gemeinsame Büro. Kostrow blickt von seinem Notebook hoch. "Ich dachte, du kommst heute nicht mehr."

Sieblat setzt sich zwanglos auf eine Ecke des Schreibtischs und schielt auf den Notebookbildschirm. "Kommt ganz gut, der neue Name."

Kostrow folgt dem Blick seines Partners, sucht vergeblich auf dem Bildschirm herum, bis ihm klar wird, was gemeint ist. "Ich bin mir nicht mehr so sicher."

"Warum?"

"Miriam findet ihn großkotzig, Frau Geist auch."

"Gut."

"Gut?"

"Wie viele Prozent unserer Kunden sind weiblich?"

Kostrow stellt eine kurze Überschlagsrechnung an. "Etwa sechs Prozent."

"Na bitte."

"Was soll das heißen, na bitte?"

"Frauen sind vernünftig, Männer wollen beeindruckt werden. Der Name ist goldrichtig."

"Wenn man's so sieht ..." Kostrow fühlt sich augenblicklich wohler. Dann fällt ihm der Vormittagstermin ein. "Übrigens, Muhrmann war heute da."

"Weiß ich."

Kostrow ist verblüfft. "Woher weißt du nun das schon wieder?"

Wortlos zieht Sieblat sein Smartphone aus der Innentasche seines Sakkos und wedelt damit herum. "Weil Frau Geist zuverlässig alle Termin einträgt, im Gegensatz zu einem gewissen Geschäftspartner, mit dem ich das Pech habe, zusammenzuarbeiten."

"Dumpfbacke."

"Neuer Auftrag?"

Kostrow lehnt sich zurück. "Ja, tatsächlich. Ich hätte das nicht erwartet."

"Warum nicht?"

"Da fragst du? Nach dem Mist, den wir beim letzten Mal abgeliefert haben?"

"War kein Mist. Wir haben den Umständen entsprechend das Optimale geleistet."

"Sehe ich nicht so."

"Wir haben alle Ressourcen genutzt, die für uns erreichbar waren. Damit konnte nicht mehr Substanz entstehen."

"Weißt du noch, wie unser alter Firmenname gelautet hat?"

"Was hat das damit zu tun?"

"Kostrow und Partner, Detektei."

"Ja, und?"

"Detektei, verstehst du?"

"Kein Wort."

"Für den Fall, dass das deiner Erinnerung entglitten ist – eine Detektei ist nicht dazu da, erreichbare Ressourcen zu verwerten, sondern sich neue Ressourcen zu erschließen. Gerüchteweise nennt man so etwas Ermittlungsarbeit."

"Haben wir doch versucht."

"Unsere Versuche kann man bestenfalls halbherzig nennen, wenn nicht Schlimmeres."

Sieblat rutscht von der Schreibtischecke und lässt sich in einen der beiden bequemen Sessel auf der anderen Seite des Schreibtischs fallen. "Ich räume ein, da ist was Wahres dran."

"Na immerhin etwas."

"Also, wenn ich mal offen sprechen darf – die Sache war so etwas von langweilig, dass ich einfach nicht die erforderliche Motivation entwickeln konnte."

"Und wenn etwas langweilig ist, müssen wir nicht volle Leistung bringen?"

Sieblat hebt beschwörend die Hände. "Schon gut, schon gut, ich gelobe Besserung. Aber so lange ich dir bei den Abschlussberichten hilfreich zur Seite stehe, kann uns eigentlich nichts passieren."

"Ach wirklich?"

"Siehst du ja bei Muhrmann – neuer Auftrag. Er ist auf meine Argumentation eingestiegen."

"Na toll."

"Und wie ist die neue Sache?"

"Langweilig."

Sieblat stöhnt und reibt sich die Augen. Kostrow holt Luft. "Keine Panik, ich werde mich reinhängen", sagt Sieblat schnell.

Kostrow macht sich wieder an seine Projektplanung, während Sieblat sich im verwaisten Empfangsraum einen Kaffee holt. Ein unterschwelliger Gedanke pocht hartnäckig an Kostrows Unterbewusstsein, stört ihn in seiner Konzentration. Jeder Versuch, den Störenfried zu fassen, führt zu dessen Zurückweichen. Nach einigen Minuten ist die Jagd erfolgreich. Der Gedanke gibt sich zu erkennen: Koi.

Wieder wendet Kostrow sich von seiner Arbeit am Computer ab, blickt auf seinen Partner, der sich mit dem Kaffeebecher in beiden Händen im Besuchersessel räkelt. "Sag mal, könntest du mir bei einer Sache helfen?"

"Definiere Sache."

"Hat nichts mit der Agentur zu tun. Da ist etwas, das mir seit einigen Wochen nicht aus dem Kopf geht."

"Liebeskummer? Wenn es um Miriam geht, lass jede Hoffnung fahren. Ich bin in jedem Fall auf ihrer Seite, du Beziehungszombie."

"Nein, nichts in der Art. Ich beobachte da seit einiger Zeit etwas im ... was soll das heißen, Beziehungszombie?"

"Vergiss es."

"Nein, jetzt will ich es wissen. Inwiefern bin ich ein Beziehungszombie?"

"Ich sagte schon, vergiss es."

"Ich bin kein Beziehungszombie!"

"Wenn du es sagst."

"In welchem Kontext könnte ich ein Beziehungszombie sein? Ich liebe Miriam, bin aufmerksam, einfühlsam, treu ..."

Sieblat lässt ein lautes Niesen hören, das entfernt wie Sira klingt. "Entschuldigung, leichter Fall von Quatschgrippe."

Das lässt Kostrow verstummen. "In Ordnung, verstanden", murmelt er schließlich.

"Miriam ist eine absolute Traumfrau, die eine Witzfigur wie du nicht verdient hat. Leck dir täglich alle Finger, dass sie sich mit dir abgibt, und überlege, was du da tust."

"Ich sage doch, ich habe dich verstanden. Aber darum geht es gar nicht."

"Sondern?"

"Warst du letztens im Tartufo Nero?

"Dem Italiener am Viktualienmarkt? In letzter Zeit nicht, Marlen steht derzeit auf afghanische Küche."

"Kannst du dich an das Aquarium erinnern?"

"Die Kois? Natürlich. Das ist seltsam."

"Du findest das also auch?"

"Selbstverständlich. Japanische Luxusfische in einem italienischen Edelrestaurant, da ist eindeutig etwas faul."

"Himmel, bin ich froh. Ich dachte schon, ich fange an zu spinnen. Hast du eine Theorie?"

"Genau genommen zwölf."

"Zwölf!"

"Alle nicht substantiiert. Da müsste man voll einsteigen, um weiter zu kommen. Aber da es kein Auftrag ist, kümmere ich mich nicht weiter darum."

"Interessiert dich denn nicht, was dahinter steckt?"

"Nicht wirklich."

"Also, mich macht das wahnsinnig."

"Dann mach dich doch daran!"

"Geht nicht, ich muss mich auf Muhrmann konzentrieren, Und dann sind da noch die beiden Sachen von Global Automotive, die wollen bis Monatsende einen Zwischenbericht."

Stephan Sieblat steht auf. "Tja, das ist der Fluch des Erfolgs." Er geht in den Empfangsraum und stellt seine Kaffeetasse in die Spüle. "Dann bis morgen." Nach einem kurzen Winken verschwindet er durch die neu beschriftete Glastür.

Kostrows Wahrheit

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