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Phase 7 \\ 6. August – 20:37 Uhr

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Die Pumpe der Espressomaschine dröhnt lautstark durch die Küche, ihr baldiges Ende vorausahnend. "Auch einen Cappuccino?", ruft Kostrow durch die halb geöffnete Tür.

"Gerne", kommt es von Miriam leise zurück.

Kostrow balanciert die beiden randvollen Tassen über den Gang ins Wohnzimmer, wo Miriam auf der Couch ausgestreckt liegt und in einem Magazin blättert. Es stellt die Tassen auf dem Couchtisch ab, lässt sich in einen der beiden Sessel fallen. Im Fernsehen ereifert sich eine Talkrunde bei heruntergeregeltem Ton über ein fraglos wichtiges Thema.

"Ich hab's immer gewusst", sagt Miriam, den Blick auf einen Artikel in ihrem Magazin gerichtet.

"Was hast du gewusst?"

"Du bist emotional belastet."

"Ich bin was?"

"Emotional belastet. Steht hier."

"Über mich steht etwas in der Illustrierten?"

"Nicht über dich persönlich, Torfkopf! Aber die Anzeichen sprechen dafür, eindeutig."

"Anzeichen, aha."

"Hast du Probleme, deine Gefühle zu artikulieren?"

"Überhaupt nicht."

"Doch, hast du."

"Hab ich nicht."

"Mir gegenüber artikulierst du deine Gefühle nie."

"Ach, wirklich!"

"Ja, wirklich. Ich erfahre nie, wie es wirklich in dir aussieht."

Kostrow bemerkt den inneren Widerspruch dieser Behauptung. "Woher willst du das wissen?"

"Blöde Frage. Eben, weil du mich nie an deinen wahren Gefühlen teilhaben lässt."

"Woher weißt du das?"

"Das fühle ich."

"So, das fühlst du. Dann pass mal auf. Um beurteilen zu können, ob ich dir meine wahren Gefühle eröffne, müsstest du sie erst kennen. Aber du kennst sie nicht, weil ich sie – wie du mir ja gerade vorwirfst – nicht verrate. Woher willst du also wissen, dass das, was ich dir eröffne, nicht meine wahren Gefühle sind?"

Miriam lässt das Magazin sinken, blickt Kostrow einige Sekunden verblüfft an. Schnell gewinnt sie die Kontrolle zurück. "Typisch. Wenn du kein Argument mehr hast, kommst du mir mit Logik."

Kostrow lacht schallend. "Das nenne ich den Spieß gekonnt umdrehen!"

Miriam vertieft sich wieder in ihr Magazin. "Wie ich sage, emotional belastet."

"Na, dann will ich mal etwas für meine emotionale Entlastung tun." Er drückt sich aus dem Sessel und setzt sich neben Miriam auf die Couch. Er beugt sich über sie und küsst sie lange und intensiv. Das Magazin gleitet aus Miriams Hand und fällt zu Boden. Ihre Arme schließen sich fest um ihn, ziehen ihn enger an sich. Willig gibt sie sich der Liebkosung hin.

Nach einiger Zeit lösen sie sich voneinander. Kostrow kehrt zu seinem Sessel zurück, nimmt einen Schluck des inzwischen fast kalten Getränks. Er zieht sein Smartphone aus der Hemdtasche, stellt die Bluetooth-Verbindung zur Stereoanlage her und startet eine seiner Lieblings-Playlisten. Die melancholischen Klänge des Tango Nuevo schweben durch den Raum, in seltsamem Kontrast zu der hektischen und selbstgefälligen Mimik der stummen Talkgäste auf dem Fernsehschirm.

"Wollen wir kochen, oder soll ich etwas bestellen?", fragt Kostrow.

Miriam blickt auf ihre Armbanduhr, die Viertel vor neun anzeigt. "Wie wär's, wenn wir ausgehen?"

"Wirklich? Sollen wir wieder ins Tartufo Nero, oder möchtest du woanders nichts essen?"

"Blödmann. Ich hatte eben gerade keinen Hunger. Und außerdem meinte ich richtig ausgehen. Etwas essen, bei Charles einen Cocktail schlürfen und später in einen Club."

In Kostrow macht sich ausgiebige Unlust breit. "Muss das sein? Ich bin echt erschossen."

"Du bist immer erschossen. Wann bist du nicht erschossen? Aber am erschossensten bist du, wenn ich ausgehen will."

"Ich bin nicht immer erschossen."

"Doch, bist du."

"Ich kann zu dir rüberkommen und dir zeigen, wie nicht erschossen ich bin."

Miriams Mundwinkel zucken. "Angeber. Aber zum Ausgehen bist du dann doch zu erschossen."

"Es kommt halt auf den Nutzeffekt an", sagt Kostrow grinsend.

"Ich gebe dir gleich einen Nutzeffekt. Heute will ich ausgehen, und nichts mit Nutzeffekt."

"Spielverderberin."

Miriam erhebt sich von der Couch und stellt sich vor Kostrow. Nur mit einem T-Shirt bekleidet, präsentiert sie ihm den Blick auf ihre langen, schlanken Beine. "Nun sei lieb, und raffe dich auf."

Kostrow umfasst ihre Taille und zieht sie auf seinen Schoß. "Bist du sicher, dass das die richtige Strategie ist, um mich zum Ausgehen zu bewegen?" Er sieht sie lächelnd an.

Schnell reißt sie sich los, springt auf und funkelt ihn zornig an. "Denkst du immer nur an das eine?"

"Kommt auf dich an", erwidert er grinsend.

Sie verschwindet durch die Wohnzimmertür, macht sich auf den Weg ins Schlafzimmer. "Jetzt mal im Ernst", ruft sie herüber. "Lass uns ausgehen, ja?"

"Heute nicht, Süße. Wenn du keine Lust hast zu kochen, bestelle ich was, in Ordnung?"

Miriam kommt ins Wohnzimmer zurück, ihre Kleidung durch Jeans vervollständigt. Das Signal ist unmissverständlich. "Es ist wirklich schlimm mit dir. Nie willst du raus."

"Nie kann man auch nicht sagen."

"Doch, kann man. Wann waren wir schon richtig aus?"

"Schon oft."

Jetzt wird Miriam ernsthaft ärgerlich. "Totaler Quatsch! Wir waren noch nie richtig aus, höchstens mal kurz in der Mittagszeit in irgendeinem blöden Restaurant."

Kostrow kramt in seiner Erinnerung und muss ihr Recht geben. "Na ja, das stimmt vielleicht. Aber ich verspreche dir, dass es besser wird. Ich werde häufiger mit dir ausgehen, verlass dich drauf."

"Das hast du schon oft gesagt."

"Diesmal meine ich es wirklich so. Wir werden öfter ausgehen, versprochen."

Miriam blickt ihn entschlossen an. "Weißt du was? Jetzt verspreche ich dir auch etwas. Wenn du dich in dieser Hinsicht nicht änderst, werde ich eben alleine ausgehen. Und ob ich dann immer in derselben Nacht zu dir zurückkomme, kann ich dir nicht sicher zusagen."

Kostrow starrt sie an. "Das meinst du nicht wirklich."

"Und ob ich das meine."

"Nein, das machst du nicht."

"Willst du es ausprobieren?"

"Süße, das wirst du mir doch nicht antun."

"Das hängt ganz von dir ab."

"Ich habe doch schon versprochen, dass wir öfter ausgehen werden."

"Auf deine Versprechen gebe ich nicht mehr viel. Beweise, dass es dir ernst ist."

"Das tue ich doch! Gleich morgen können wir ausgehen, oder besser übermorgen, morgen habe ich ein paar stressige Termine."

"Ich geb's auf." Miriam wendet sich ab, geht auf die Diele zu.

"Wo willst du hin?"

"Ich gehe aus."

"Was??", ruft Kostrow erschreckt. "Nein!"

Sie nimmt ihre Jacke und Umhängetasche von der Garderobe, zieht die Jacke an und streift die Tasche über die Schulter. Schließlich schlüpft sie in ihre Schuhe, greift nach den Hausschlüsseln auf der Kommode und legt die Hand auf die Klinke der Wohnungstür.

"Miriam, bitte tu das nicht. Das ist unfair."

Miriam erstarrt in der Bewegung, dann dreht sie sich um, geht mit schnellen Schritten ins Wohnzimmer zurück, die nackte Wut im Gesicht. Dicht vor Kostrow bleibt sie stehen. "Ach, das ist unfair? Willst du wirklich mit mir über Fairness diskutieren?"

"Ich meinte doch nur ..."

"Du siehst in mir wohl so eine Art Mischung aus Stofftier und Hauskatze, oder? Angenehm im Haus zu haben, immer flauschig, gut fürs Seelenleben und andere Dinge, aber nicht wirklich ein Mensch."

"Das ist doch blühender Unsinn!"

"Ist dir schon einmal in deinem egozentrischen Seelenpalast die Idee gekommen, dass ich auch Bedürfnisse habe?"

"Natürlich weiß ich, dass du Bedürfnisse ..."

"Ach wirklich? Ach wirklich?" Miriam schäumt vor Wut.

"Miriam, Kätzchen, bitte beruhige dich doch!"

"Offenbar glaubst du, dass du jedes Problem mit deinem Schwanz lösen kannst."

"Das ist jetzt wirklich unfair", sagt Kostrow leise.

Das beruhigt Miriam etwas. "Ja, vielleicht. Aber es ändert nichts daran, dass ich es bald nicht mehr aushalte. Ich komme mir vor wie im offenen Strafvollzug."

"Immerhin offen", versucht es Kostrow mit einem schmalen Lächeln. Falsche Entscheidung.

"Nun werde bloß nicht komisch, du Idiot. Das ist kein Spaß."

"Ja, das ist mir sehr deutlich geworden."

Miriam blickt ihn schwer atmend an. "Wenigstens etwas", sagt sie schließlich.

"Kätzchen, ich habe nicht geahnt, dass dich mein Verhalten so verletzt. Es tut mir wahnsinnig leid. Ich verspreche dir, dass ich mich ernsthaft, wirklich ernsthaft, in dieser Richtung bessern werde. Ich habe nur eine Bitte. Gib mir einen Tag Zeit. Ich kann mich nicht in Lichtgeschwindigkeit umstellen. Lass uns heute noch hier bleiben, in Ordnung?"

Wieder blickt Miriam ihn lange schweigend an. "In Ordnung." Sie legt sich wieder auf die Couch.

"Dann bestelle ich jetzt etwas, okay? Was wäre dir lieber – Pizza, asiatisch, Texmex?"

Miriam greift nach der Fernsteuerung, schenkt den eifrigen Talkgästen eine Stimme, die sich dissonant mit den Klängen des Tango Nuevo mischt.

"Mir egal", sagt sie.

Kostrows Wahrheit

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