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Vater sass auf einem Hocker, vor sich auf der Werkbank eine Flasche Bier. Er liess den Verschluss schnappen, setzte an, trank. «Sandra ist beim Verwalter, putzen.»

Er wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. Sein Gesicht war gelb und mager, faltige Haut und Knochen. «Setz dich zu mir. Möchtest du einen Schluck?»

Magnus nickte, er hatte Durst. Ohne den Hut vom Kopf zu nehmen, hockte er auf eine Kiste.

«Schon zurück?» Der Vater füllte Bier in ein Glas, Schaum schwappte über den Rand.

«Nebel», sagte Magnus, griff nach dem Glas, stürzte das Bier so hastig, dass es ihm vom Kinn tropfte. Der Vater schenkte nach.

Eine Weile sassen sie schweigend. Magnus fuhr mit dem Daumen über die Spindel, die auf der Werkbank lag. Wie Samt fühlte sich das Holz an. Birnbaum. Manchmal wünschte er sich, er könnte auch drechseln. Hätte er nicht zwei linke Hände. Im Dorf jenseits der Berge gab es einen Souvenirladen, Gasthäuser, Skilifte, Touristen. Man könnte die Spinnräder dort verkaufen. Er würde sie übers Joch tragen, über die Grenze. Mit Geld zurückkehren.

«Ich muss dir mal was sagen.» Der Vater rang sich die Worte ab. Sein Atem ging in Stössen, als ob ihm etwas den Hals einschnürte und ihn würgte. «Ich bin krank, Sandra hat recht.»

«Was kann ich dafür?»

«Du kannst nichts dafür, Magnus.» Er griff sich die Spindel, setzte sie zwischen seinen Handflächen in Schwung, liess sie über die Werkbank surren wie einen Kreisel. «Es ist der Glockenturm.»

«Was ist mit dem Turm?» Magnus hob seinen Kopf, schaute durchs Fenster hinüber.

«Vor fünfhundert Jahren haben ihn fromme Menschen gebaut. Drunten im Land hat man sie verfolgt», erzählte der Vater mit brüchiger Stimme. «In diesem Tal haben sie Schutz gesucht und ihren Frieden gefunden.»

«Bis die weisse Frau gekommen ist.»

«Das ist eine Sage.»

Mutter hatte ihm die Geschichte erzählt. In Vollmondnächten steigt eine Frau in weissem Gewand vom Berg herab. Die Tür des Turms öffnet sich, sie zieht am Strang, die Glocke klingt silberhell, ganz anders als sonst. Die weisse Frau bringt Unglück.

«Mutter hat sie gesehen», sagte Magnus.

«Sie konnte nicht mehr schlafen, seit Antennen im Turm sind.»

«Wozu Antennen?»

«Für Mobiltelefone. Aber Mutter hat die Wellen gespürt. Sie hatte so dünne Haut.»

«Es gibt doch hier keine Wellen.»

«Sie sind unsichtbar. Sie sind in der Luft, überall. Deshalb machen sie so Angst.»

Der Vater legte Magnus die Hand auf die Schulter, sein Atem streifte ihn, er roch säuerlich. «Ich hab Mutter nicht geglaubt. Seit sie noch stärkere Antennen eingebaut haben, spüre ich die Wellen auch. Der Glockenturm macht uns krank.»

«Das sagt Anita», stiess Magnus hervor. «Weil sie bald stirbt.» Seine Nase lief, er wischte sie mit dem Ärmel seiner Jacke ab.

Der Vater griff nach der Flasche, umspannte sie mit einer Hand. Die Sehnen traten aus seinem Handrücken hervor. «Vielleicht werde ich auch sterben.»

«Hier gibt es keine Wellen», wiederholte Magnus trotzig. Er stand auf, stiess die Kiste mit dem Fuss unter die Werkbank.

«Sandra glaubt das auch nicht.» Der Vater riss einen Streifen Schleifpapier ab, begann die gedrechselten Radspeichen zu polieren, die auf einem Stofflappen auf der Werkbank lagen. Zärtlich zog er das feine Schmirgelpapier über das Holz, blies den Staub weg, legte die Speiche sachte auf den Stofflappen zurück, als könne sie zerbrechen.

Die Tür ging, Sandra trat in die Werkstatt. Sie atmete schwer und schwitzte. Ihre Zöpfe hatte sie um den Kopf gebunden, sie war parfümiert und trug einen weiten Rock mit Puffärmeln, eine Schürze und weisse Kniestrümpfe.

Magnus ging an ihr vorbei, warf sich den Rucksack über die Schulter und ging die Treppe hinauf zur Wohnung.

«Grüsst der junge Herr nicht mehr?», rief sie ihm hinterher. Er drehte sich nicht um.

Spurlos

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