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Die beste aller Welten und das Gesetz der Analogie: Leibniz und Locke
ОглавлениеBei dem deutschen Philosophen und Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) waren es theologische Überlegungen und nicht astronomische Beobachtungen, die ihn zur Ansicht führten, dass es im Weltall unzählige Erden mit intelligenten Bewohnern gibt. Denn er war trotz des sichtbaren Übels auf dieser unserer Erde der Überzeugung, dass Gott die beste aller Welten geschaffen hat. Deshalb war er auch um die Rechtfertigung Gottes bemüht, der so viel Übel und Leid auf dieser Welt zulässt. In seiner „Theodicee“ vertritt er daher die Meinung, dass die Anwesenheit des auf der Erde gar nicht wegzuleugnenden Übels durch die Seligkeit außerirdischer vernunftbegabter Kreaturen aufgewogen wird. Der Wohnort dieser vernünftigen Kreaturen ist das gesamte Weltall. Wenn man auf diese „wahre Größe des göttlichen Staates“ achtet, erscheint dann das Übel, verglichen mit dem Guten, fast wie ein Nichts: „Den Alten erschien nur unsere Erde als bewohnt, und hier fürchteten sie sich sogar vor den Antipoden. Die ganze übrige Welt bestand ihrer Meinung nach aus einigen leuchtenden und einigen kristallischen Kugeln. Heutzutage aber muss man, welche Grenzen man auch dem Universum zu- oder abspricht, anerkennen, dass es unzählige Erden gibt, von derselben und noch größeren Ausdehnung als die unsrige, und dass diese ebenso wohl Anspruch auf vernünftige Bewohner haben, obgleich es keine Menschen zu sein brauchen“ (Leibniz 1925, S. 109).
Auch der englische Philosoph John Locke (1632 – 1704), der im Gegensatz zum Rationalismus von Leibniz als Hauptvertreter des Empirismus gilt, hatte in dieser Hinsicht ganz ähnliche Überlegungen wie Leibniz. Wer sich nach seiner Meinung nicht selbst überheblich an die Spitze aller Dinge stellt, sondern die Unendlichkeit des Weltbaues in Betracht zieht, der mag zu der Annahme neigen, dass es in anderen Wohnstätten dieses Weltalls vielleicht andere und verschieden geartete vernunftbegabte Wesen gebe, von deren Fähigkeiten wir ebenso wenig eine Kenntnis besitzen, wie ein „im Schubfach des Schrankes eingeschlossener Wurm sie von den Sinnen oder dem Verstand eines Menschen hat“ (Locke 1758, Vol. I, S. 103). Da aber keine direkte Sinneserfahrung über die Bewohner der Himmelskörper möglich ist, kann man zumindest nach dem Gesetz der Analogie annehmen, dass es sie wirklich gibt und dass sie denkende Wesen sein könnten, die uns sogar in verschiedenen Graden der Vollkommenheit überragen. So könnten einige andere Kreaturen in anderen Teilen dieses gewaltigen und erstaunlichen Universums sechs, sieben oder acht Sinne haben.