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Einleitung:

Die Diskussion über die Mehrheit bewohnter Welten

„Man muss schon ein Narr sein, ein Tor, ein Trottel, ein Ignorant, um sich einzubilden, dass die Milliarden von Welten einzig und allein zum Ergötzen und Erstaunen des Menschen erglänzen.“

Guy de Maupassant, L’Homme de Mars, 1889

Seit jeher war der Gedanke, dass wir Menschen auf der Erde die einzigen Bewohner eines unendlich ausgedehnten öden und leblosen Raumes sind, trostlos und erschreckend. Die Vorstellung, dass kein anderer der zahllosen Himmelskörper im Weltall intelligente Lebewesen beherbergen soll, widersprach nicht nur den menschlichen Gefühlen und Hoffnungen, sondern auch dem wissenschaftlichen Forschungsdrang. Daher wurden mehr als zwei Jahrtausende lang über die Bewohnbarkeit fremder Himmelskörper Argumente und Gegenargumente angehäuft. Im geozentrischen Weltbild der Antike war es nur der Mond, von dem man die Erdähnlichkeit behaupten konnte. Erst nach der kopernikanischen Revolution, als man erkannt hatte, dass die Erde nur ein Planet unter anderen Planeten ist, entstand die Vorstellung, dass vielleicht alle Planeten des Sonnensystems der Erde ähnlich sind und auch von intelligenten Lebewesen bewohnt sein könnten. Bereits der bedeutendste Begründer der neuzeitlichen Astronomie, Johannes Kepler, hatte von der möglichen Existenz der Mondbewohner geträumt, nachdem Galileo Galilei als Erster sein Fernrohr auf diesen Himmelskörper gerichtet und seine Erdähnlichkeit erkannt hatte. Der einflussreiche Sekretär der Pariser Akademie Fontennelle erweiterte gleichzeitig mit dem holländischen Physiker und Astronomen Huygens diese Idee von der Mehrheit der bewohnten Welten auf das ganze Sonnensystem. Und auch der geniale Konstrukteur der Riesenteleskope, William Herschel, war beseelt von dem Wunsch, die Existenz nicht nur der Mondbewohner, sondern auch die Bewohnbarkeit aller Planeten und sogar der Sonne zu beweisen. Als daher ein Bericht über die Entdeckung der Seleniten, d. h. der Mondbewohner, erschien, die zu beobachten seinem Sohn John Herschel mit einem solchen Riesenteleskop am Kap der Guten Hoffnung gelungen sein sollte, war die Begeisterung groß. Und selbst dann als sich diese Entdeckung als ein Zeitungsscherz herausgestellt hatte, mit dem auch ein Großteil der astronomischen Fachwelt getäuscht worden war, ging die Suche der Astronomen nach den Spuren intelligenter Wesen auf dem Mond weiter.

Es war vor allem ein junger Astronom an der berühmten Sternwarte von Paris, Camille Flammarion, der die Idee vom bewohnten Weltall in einer Weise populär machen konnte, wie es vor ihm nur Fontenelle gelungen war. Als Flammarion später eine eigene Sternwarte in der Nähe von Paris zur Verfügung gestellt bekam, wandte er sich insbesondere der Erforschung des Planeten Mars zu, über den er ein monumentales Werk herausgab, das alle vorhergehenden Beobachtungen umfasste. Übertroffen wurde er nur von dem italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli, der mit seiner Entdeckung der Marskanäle eine Jahrzehnte andauernde Diskussion auslöste, in der vor allem der amerikanische Geschäftsmann und Astronom Percival Lowell durch seine wilden Spekulationen über die Erbauer dieser Kanäle hervorragte.

Es waren aber nicht nur diese Spekulationen der Astronomen über die Vielheit der bewohnten Welten, welche die wissenschaftliche Erforschung des Weltalls in einem erstaunlichen Maß beeinflusst haben, sondern auch die Fantasien der Dichter und die Spekulationen der Philosophen, die sich seit der Antike mit diesem Thema beschäftigten. Gerade weil die Vorstellung von der Bewohnbarkeit der Himmelskörper noch lange Zeit auch bei den Astronomen reine Spekulation war, kam es dazu, dass sich auch die großen Philosophen der Neuzeit wie Leibniz, Locke und vor allem Kant mit dieser Frage auseinandersetzten und dabei auch das theologische Argument zur Hilfe nahmen, das auch heute noch die interdisziplinäre Diskussion über Möglichkeit und Konsequenzen außerirdischen intelligenten Lebens im Weltall bestimmt. Während naturwissenschaftlich gebildete Gelehrte, wie der Newton-Biograf David Brewster, in diesem Gedanken eines von Gott geschaffenen überall von Menschen bewohnten Universums ein Glaubensbekenntnis jedes wahren Philosophen und die Hoffnung jedes Christen sahen, schaudern christliche Theologen heutzutage vor dem Gedanken eines von Planet zu Planet herumspringenden Erlösers zurück. Doch jene Freizügigkeit, mit der die Fantasie häretischer Theologen die Planeten mit den Seelen der Verstorbenen besiedelten und die in den Träumen des Geistersehers Emanuel Swedenborg ihren Höhepunkt erreichte, führte zu einer seltsamen Art von Gespenstermetaphysik, gegen die selbst Kant, der große Philosoph der Aufklärung, vergeblich gekämpft hat.


Abb.1: Die bedeutendsten Astronomen, die von der Bewohnbarkeit der Planeten des Sonnensystems überzeugt waren: a) Kepler, b) Huygens, c) Herschel, d) Flammarion, e) Schiaparelli, f) Lowell (zusammengestellt nach Oeser 1971, Newcomb 1892, Pohle 1922)

Im Vergleich dazu hatten dagegen die Fantasien der Dichter und Schriftsteller, die sich seit der Antike mit der Möglichkeit einer Reise zum Mond beschäftigten, einen geradezu heuristischen Charakter. Während bis in die jüngste Vergangenheit die Astronomen wie Flammarion an der Realisierung solcher Fahrten in den Weltraum zweifelten oder sie schlicht für unmöglich hielten, schufen Schriftsteller wie Jules Verne und H. G. Wells Visionen sowohl von einer Mondfahrt als auch von einer Invasion vom Mars von geradezu gespenstischer Wirklichkeitsnähe. Übertroffen wurden sie nur von den Erfindern der Raketentechnik selbst, die, wie der russische Ingenieur Ciolkovskij, ihre theoretischen Entwürfe auch in Form von utopischen Erzählungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht haben. In diesem Zwischenreich von Dichtung und Wissenschaft bewegen sich auch heute noch jene modernen Autoren unter den Astronomen, die, wie Frank Drake und Carl Sagan, Programme zur Suche nach extraterrestrischer Intelligenz (SETI) entworfen und realisiert haben.

Ebenfalls in diese Kategorie gehören auch jene Horrorszenarien, die auf den von alters her entworfenen Theorien vom Ende der Welt beruhen und heute von der astrophysikalischen Forschung durch die Erkenntnis bestätigt werden, dass letzten Endes unsere Erde von der sich zu einem roten Riesen aufgeblähten Sonne verschluckt wird. Obwohl es noch mehrere Milliarden Jahre dauert, bis unser Sonnensystems untergehen wird, gibt es auch selbstverschuldete oder natürliche Katastrophen, wie Treibhausklima oder Zusammenstöße mit anderen Himmelskörpern, die eine Flucht von der Erde in viel kürzeren Zeiträumen realistisch erscheinen lassen. Womit auch die Suche nach einer zweiten Erde oder sogar die Erschaffung einer neuen Erde durch Umgestaltung von anderen Himmelskörpern zu erdähnlichen Planeten ihre wenngleich auch nur illusionäre Rechtfertigung erhält.

Die Suche nach der zweiten Erde

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