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Vorwort

Mit den Erfolgen der unbemannten Raumsonden, die ein völlig neues Bild von den Planeten unseres Sonnensystems gebracht haben, hat heutzutage die Weltraumforschung einen Höhepunkt erreicht, der nur noch durch die Rückkehr zum Mond und einen bemannten Flug zum Mars übertroffen werden kann. Angesichts des ungeheuren technischen und finanziellen Aufwandes, den derartige Unternehmen erfordern, und des Zustandes unserer menschlichen Gesellschaft hier auf Erden, in der Hunger, Not und mörderische Kriege noch lange nicht verschwunden sind, lässt sich jedoch die Frage nach dem Sinn und Zweck eines solchen aufwendigen Forschungsprogramms stellen, das sich mit dem fernen Weltraum und nicht mit unseren irdischen Verhältnissen beschäftigt.

Die Antwort, die dieses Buch zu geben versucht, lautet: Wenn heutzutage die Planeten unseres Sonnensystems und vor allem der Mars durch unbemannte Raumsonden erkundet werden und in weit entfernten Sternsystemen mit Hilfe von mächtigen Teleskopen nach Planeten geforscht wird, auf denen man Leben vermuten könnte, so ist dies nur ein weiterer Schritt in der jahrhundertealten Suche nach einer „zweiten Erde“, die in der Neuzeit mit Keplers „Traum vom Mond“ als wissenschaftlich fundiertes Forschungsprogramm der Astronomie begonnen hat. Man kann daher die wegen des immensen Aufwandes immer wieder heftig kritisierten Anstrengungen der gegenwärtigen Weltraumforschung nicht ohne einen Rückblick auf die Geschichte der Astronomie verstehen. Das gilt sowohl für die Entwicklung der astronomischen Beobachtungstechnik von Galileis Fernrohr bis zu den großen Radioteleskopen der Gegenwart als auch ganz ohne Zweifel für die bereits vor einem halben Jahrhundert verwirklichte Idee des bemannten Raumfluges. Bei all diesen Entwicklungen war die treibende Kraft die Vorstellung von außerirdischem intelligentem Leben auf fremden Himmelskörpern. Den meisten Astronomen ging es aber nie primär um die Behauptung der realen Existenz von Bewohnern der Planeten unseres Sonnensystems, sondern immer nur um die Bedingung der Möglichkeit von höherem organischem Leben außerhalb der Erde. Es waren vielmehr die Philosophen und Literaten, die zum Teil aus religiösen, zum Teil aber auch aus sozialkritischen Motiven jene außerirdischen Wesen schufen, die bis heute als „Aliens“ in den Köpfen der Menschheit herumgeistern.

Im Zeitalter der Raumfahrt kann jedoch niemand mehr an die Existenz von Mondbewohnern oder Marsmenschen glauben. Denn bereits mit der Entwicklung der erdgebundenen astronomischen Beobachtungstechnik war klar geworden, dass es in unserem Sonnensystem nur eine schmale Zone zwischen den sonnennahen heißen Planeten Merkur und Venus und den sonnenfernen Eiswelten des Jupiter und Saturn gibt, in der Leben möglich ist. Als „zweite Erde“ blieb daher nur noch der Planet Mars übrig, nachdem sich auch der Mond als tote Welt erwiesen hat. Zwar haben die Erkundung der extrem dünnen hauptsächlich aus Kohlendioxid bestehenden Atmosphäre und der eiskalten Oberfläche des Mars durch unbemannte Raumsonden alle Hoffnungen zerstört, dort für Menschen erträgliche Lebensbedingungen vorzufinden, doch damit ist der alte Traum von einer zweiten Erde in unserem Sonnensystem keineswegs zunichte geworden, sondern hat vielmehr ganz andere Hoffnungen und Pläne hervorgerufen. Seit die mit kleinen Labors ausgestatteten Landegeräte neuerdings auf dem Mars das Vorhandensein von Wasser, die Bedingung allen organischen Lebens im All, bestätigt haben, kann man hoffen, dass diese tote oder sterbende Welt wiederbelebt werden kann, indem man sie zu erdähnlichen Landschaften umformt. „Terraforming“ nennt sich dieses anspruchsvollste Programm menschlichen Forschungsgeistes und Tatendrangs, das jemals in der Geschichte der Menschheit aufgestellt worden ist. Die ersten Schritte dazu sind schon getan worden. Denn die NASA hat anlässlich ihres 50. Geburtstages den Plan verkündet, in naher Zukunft Menschen auf den Mars zu schicken.

Wien, im Dezember 2008

ERHARD OESER

Die Suche nach der zweiten Erde

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