Читать книгу Es geschah aus Liebe - Ernst Meder - Страница 11

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Kaum aus der Motorradjacke geschlüpft griff er wie automatisch zu seinem Fernglas und starrte in die leere Küche gegenüber. Obwohl er jedes Detail von der Frau seiner Träume kannte und jedes Detail inzwischen in seinem Gedächtnis eingebrannt war, konnten diese Erinnerungen nicht mit der Realität standhalten. Natürlich war es ihm möglich, sie mit geschlossenen Augen zu beschreiben, in seinen Gedanken konnte er sie sich sogar vorstellen, wie sie in unterschiedlichen Kleidern aussah.

Resigniert legte er das Fernglas zur Seite und wandte sich seinem Rechner zu, vielleicht gab es eine Aufzeichnung von ihr, wie sie frühstückte, sich mit ihren Mitbewohnerinnen austauschte. Mit etwas Glück würde er etwas erfahren, was neu für ihn war.

Seine Befürchtungen bestätigten sich, als unmittelbar nach ihr dieser neue Freund die Küche betrat, der sich Ken nannte. Konnte er sich denn keine Barbie suchen, wenn er unbedingt Ken sein wollte, in Wirklichkeit hieß er nämlich Kevin Schulze. Oder wie wäre es mit einer Chantal, mit der konnte er geistig auf einer Ebene schwimmen. Wenn er auf die Vorurteile zurückgriff, die sich mit dem Vornamen verbinden ließen, so stellte dieser Ken ein typisches Exemplar dar.

Es bereitete ihm körperliche Schmerzen, wenn er zusehen musste, wie sie Zärtlichkeit austauschten, die mitunter sehr intim wurden, wenn er ihr unter ihr Shirt oder ihren Slip griff. Was für eine Beherrschung es für ihn bedeutete, die Aufnahme nicht vorzuspulen, um diese Zärtlichkeit nicht sehen zu müssen, bemerkte er erst später, wenn die Szene zu Ende war und er schweißnass wieder zu atmen begann.

Auch wenn er ihn nicht ausstehen konnte, ihn sogar hasste, so gestand er sich ein, dass dieser Kevin in den Augen einer Frau besser aussah als er. Kam es in dieser aufgeklärten Zeit immer noch nur auf das Aussehen an. Früher beschwerten sich Frauen nur auf Äußerlichkeiten reduziert zu werden und heute begingen sie die gleichen Fehler.

Keine seiner bisherigen Bemerkungen ließ einen Schluss auf seinen beruflichen Werdegang zu, sein begrenzter Wortschatz ließ jedoch Rückschlüsse zu. War sie so verliebt, dass sie das nicht wahrnahm, oder bestätigte sie damit nur das Sprichwort »Liebe macht blind.« Vielleicht sollte man in diesem Fall das Sprichwort in »blind und taub« ergänzen.

Auch wenn es ihm nicht gefiel, etwas Neues bekam er doch noch zu sehen, als sie Laura ihren linken Arm vors Gesicht hielt, und um sie herumtanzte. Auf der Innenseite befand sich nun ein Tattoo, mit der sie ihre Verbundenheit mit Kevin bekunden wollte, da stand künstlerisch verziert der Name Ken. Wieso hatte sie nicht seinen richtigen Namen geschrieben?

Nach etwa einer Stunde verabschiedete sich Ken, da er noch einen Termin habe, den er nicht aufschieben könne. Was für einen Termin, Lukas spuckte den Begriff in Richtung der gegenüberliegenden Küche, wahrscheinlich wollte er eine Bank ausrauben.

Das gleiche Prozedere erfolgte als Anna übermüdet nach Hause kam und teilnahmslos alles über sich ergehen ließ. Die einzige Aussage, zu der sie noch imstande war »ich bin zu müde« und ließ ihren Kopf auf die Arme sinken.

Noch beim Verlassen der Küche rief sie zurück »weckt mich nicht vor sechs Uhr heute Abend aber noch vor Sieben.« Kaum noch zu verstehen war ihr Gemurmeltes »bin noch nicht fertig mit ihm.«

Noch ehe die verbliebenen beiden ebenfalls die Küche verließen, verabredeten sie, was sie heute Abend unternehmen wollten. Nach einer längeren Diskussion über die unterschiedlichsten Clubs einigten sie sich auf den aktuellsten Szene-Club, der in aller Munde war.

Lukas, der sich bereits gefreut hatte, ihr wieder einmal näher sein zu können fluchte laut. Musste es denn unbedingt dieser Club sein, mit diesem verdammten Türsteher hatte er bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht. Bei den bisherigen drei Versuchen hatte dieser ihn immer zurückgewiesen, beim dritten Mal sogar ziemlich unverblümt.

Unter dem Gelächter der Umstehenden suchte er schnell das Weite, als der Türsteher ihm zu verstehen gegeben hatte, dass er nie die Coolness haben würde, um in den Club eingelassen zu werden. Dieses beschämende Erlebnis war wie eingebrannt in seinem Bewusstsein, er wollte nicht schon wieder der Lächerlichkeit preisgegeben werden.

Er sah keine Lösung, wusste nicht, wie er mit dieser verzwickten Situation umgehen sollte. Seine einzige Hoffnung bestand nun darin, dass sie die getroffene Entscheidung ändern und einen anderen Club aussuchen würden.

Es geschah aus Liebe

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