Читать книгу Es geschah aus Liebe - Ernst Meder - Страница 16
ОглавлениеDas Bild vom Samstag vor Augen hatte er den ganzen Sonntag auf seinem Beobachtungsposten verbracht, um am Abend festzustellen, dass in der Küche einmal kurz ein unbekannter Mann aufgetaucht war, um Kaffee zu kochen. Dass niemand das Haus verließ, solange er darauf achtete, hatte nichts zu bedeuten, denn ein Beobachten des Ausgangs hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt.
Der Anruf seiner Mutter setzte seiner Überwachung ein jähes Ende, denn er sollte unbedingt zu ihr kommen, da sie etwas mit ihm besprechen wollte. Als er umgehend zu ihr fuhr, da ihr Anruf so unaufschiebbar klang, erklärte sie ihm nur, was er seit Langem erwartet hatte. Sie werde sich von seinem Vater scheiden lassen und sie wollte ihn vorab darüber informieren. Über die Gründe wollte sie nicht reden, aber sie kannten sie beide.
Dies war eigentlich nur der Schlussakkord, der die Auflösung der Familie beendete. Sein Vater hatte seit Längerem eine Wohnung in der Innenstadt, offiziell um näher beim Büro zu sein, in Wirklichkeit waren sie bereits seit Jahren getrennt.
Lange Zeit waren die Beziehungen seines Schwiegervaters wichtig für seine Karriere, als diese sich verselbstständigte, war die Ehe nicht mehr von Bedeutung. Man traf sich zu offiziellen Anlässen um heile Welt vorzuspielen, wie sein Großvater zu sagen pflegte, darüber hinaus sah man sich gelegentlich bei Familienfeierlichkeiten.
Wieder zu Hause kam ihm kurz der Gedanke, eigentlich hätte sie das auch am Telefon sagen können dann gingen seine Gedanken wieder in die Wohnung gegenüber. Trotz des Aufwandes, den er betrieb, war das Ergebnis seiner Überwachung unbefriedigend. Er sollte endlich das in die Tat umsetzen, wozu er sich bisher nicht hatte entschließen können.
Er wollte sie sehen, wollte ihre Stimme hören, aber er wollte nicht bis in ihr Innerstes vordringen. Die Scheu diesen Übergriff zu wagen begann jedoch zu bröckeln, als die Beziehung mit diesem Kevin nicht enden wollte.
An den Tag konnte er sich nicht mehr erinnern, aber dieser unterdrückte Zorn betrogen worden zu sein, ließ ihn handeln. Die Überlegung eine Spionage-Software auf ihrem Smartphone zu installieren erschien ihm folgerichtig, er hatte nur noch keinen Weg gefunden, an dieses Smartphone zu gelangen.
Dass es bereits Applikation für Spionage gab, die Gespräche abhören WhatsApp und Textnachrichten sowie die Kameradateien protokollieren konnten, war in diesem Zusammenhang äußerst hilfreich. Außerdem erschloss es die Möglichkeit, geheim die Onlineaktivität, die gespeicherten Kontakte und die GPS-Daten des Nutzers im Blick zu behalten.
Damit würde er immer wissen, wo sich das Mobiltelefon befand und da er sie inzwischen so gut kannte, dass er wusste, dass sie sich immer in unmittelbarer Nähe befand, kannte er ihren Aufenthaltsort.
Auslöser für den Entschluss seine Spionage-Software zu installieren war der Tag, den er erfolglos damit zugebracht hatte, sie zu sehen. Unsicher, ob sie überhaupt zu Hause war, hatten sich seine Gedanken immer wieder in einem Traum verfangen, der sie gemeinsam im Bett zeigte.
Es entwickelte sich ein Wachtraum, indem er sich vorstellte wie sie mit geschlossenen Augen und verschobener Decke neben ihm lag und er ihre Brüste betrachtete. Die Brüste, die eingebrannt in seiner Erinnerung dafür gesorgt hatten, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden konnte.
Es hatte ihn erregt, bisher schien sie unerreichbar, nun hatte er plötzlich ein Ziel, wollte nicht mehr nur betrachten, nun wollte er mehr. Mit dem Zeigen ihrer Nacktheit hatte sie ihm ein Zeichen gesandt, hatte ihn ermutigt, mehr zu wagen. Warum hatte sie so lange gewartet, sie musste doch sein Interesse und seine Nähe gefühlt haben.
Er würde sie nicht enttäuschen, mehr denn je würde er seine schützende Hand über sie halten, würde darauf achten, dass niemand sie verletzte. Die Zuversicht bald mit ihr vereint zu sein wuchs mit jedem Zeichen, das sie ihm sandte.
Dann traf ihn die Erkenntnis, sie wollte ihm signalisieren, dass sie ihre Verbindung zu diesem Kevin als Fehler erkannte und ein Ende unmittelbar bevorstand. Nun musste er erst recht sein Programm überspielen, um den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, er durfte keinen Fehler machen. Solch ein Fehler wie in der Mensa durfte ihm nicht noch einmal unterlaufen, sonst würde sie sich endgültig von ihm abwenden.
Lange hatte er über den besten Weg nachgedacht, dann entschloss er sich, ihr eine Datei zu senden. Es musste sich aber um eine Datei handeln, die sie ohne Bedenken öffnete. Bei einem Bild von Kevin war die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie diese Datei ohne bedenkenlos öffnete um es sich anzusehen.
Die Nachricht zum Bild bereitete ihm die größten Kopfschmerzen, da Kevin nicht dafür bekannt war, über einen ausgeprägten Wortschatz zu verfügen. Dieser Mangel an Begrifflichkeiten erschwerte es, die passenden Worte zu finden, ohne dass der Text unglaubwürdig wirkte. Letztlich entschied er sich für die einfache Variante und schrieb: »Ich will immer bei Dir sein.« Darin noch einen Fehler einzubauen versagte er sich.
Sein Spionage-Programm versteckte er unsichtbar in der Bilddatei, und wenn sie diese öffnete, würde sich im Hintergrund sein Programm installieren. Wenn sie die Bilddatei wieder schloss, würde sie keine Veränderung auf ihrem Telefon feststellen. Von da an konnte er jedes ihrer Gespräche hören oder Textnachrichten lesen und er konnte feststellen, wo sie sich befand.