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Wissenschaft im Alltag
ОглавлениеWelche Naturwissenschaft braucht der gebildete Mensch? Zunächst muss er wissen, dass die Gegenwart eine Gegenwart der Wissenschaft und Technik ist. Er muss wissen, wann sie entstanden ist.
Heute haben wir einen Alltag mit Dingen wie einem Kühlschrank oder einem Auto. Jetzt frage ich mich: Was weiß ich eigentlich darüber, wie die ganze Technik, die mich Tag für Tag umgibt entstanden ist? Was weiß ich über die Energie, die ich nutze? Alles Fragen, über die man sich sozusagen fröhlich unterhalten könnte. Man kann sich eine Menge kleiner, interessanter Fragen überlegen und sie diskutieren. Das kann man mit Kindern tun, das kann man mit Freunden tun.
Es gibt auch eine Menge Bücher, die auf solche Fragen hinweisen.
Mich hat als Student immer der Unterschied zwischen Glas und Nebel fasziniert.
Glas ist etwas, da kann das Licht durch, aber ich nicht. Nebel ist etwas, da kann ich durch, aber das Licht nicht. Wie geht das eigentlich? Einmal wird das Licht gestoppt, und einmal werde ich gestoppt.
Das sind so Dinge, die man sich meiner Ansicht nach überlegen kann. Ein weiteres Beispiel ist: Wie findet die Seife zum Schmutz und wie löst sie ihn? Egal, ob beim Händewaschen oder beim Hemdenwaschen. Auf welcher Grundlage werden neue Waschmittel entwickelt?
Oder man kann sich überlegen, wie Herbstfarben zustande kommen. Farben interessieren den Menschen. Den ganzen Sommer über waren die Blätter grün. Plötzlich ändert sich das. Was ist eigentlich das Grün? Wir lernen, dass es Chlorophyll gibt, den grünen Farbstoff. Was macht der? Das wäre auch nicht schlecht zu wissen. Denn die Photosynthese, die dazu gehört, ist das, was die Welt eigentlich antreibt.
„It is not love, that makes the world go round but photosynthesis“, ist ein Beispielsatz aus einem englischen Wissenschafts-Magazin. In einer so lakonischen, lustigen Art über Wissenschaft zu sprechen, wäre ein großes Ziel. Oder haben Sie sich schon einmal gefragt, wenn Sie morgens vor dem Spiegel stehen, wieso der nur rechts und links vertauscht und nicht oben und unten. Vom Strahlengang her, müsste das doch dasselbe sein. Wenn Sie das Problem analysieren wird es ganz lustig.
Die Antwort heißt übrigens, dass der Spiegel nicht rechts und links vertauscht, sondern vorne und hinten.
Spannender sind natürlich Fragen, die immer wieder aus einer Wissenschaft kommen und die im Alltag eine große Rolle spielen. Das sind die kosmischen Fragen.
Zum Beispiel die Frage nach der Farbe des Himmels. Warum ist der Himmel blau. Oder warum sind Sonnenuntergänge rot. Warum ist der Nachthimmel schwarz?
Das ist eine der wichtigsten Fragen, zu verstehen, warum der Nachthimmel schwarz ist. Man weiß übrigens inzwischen, dass er wirklich schwarz ist.
Das Hubble-Teleskop hat so weit nach hinten geschaut, soweit in die Zeit, in den Kosmos, wo es tatsächlich eine Stelle gibt, wo es nichts mehr zu sehen gibt. Wo es noch kein Licht gegeben haben kann.
Bei der Frage, ob ich verstehe, dass der Himmel schwarz ist, stelle ich fest, dass ich die Antwort nicht einfach aus dem Bauch geben kann, sondern dass ich mir darüber klar werden muss, mit welchem kosmologischen Modell ich operiere. Ich muss mir eine Vorstellung von der Welt machen. Ich bin gezwungen, mir ein Bild vom Kosmos zu entwickeln.
Ich denke, jeder sollte sich bewusst machen, welchen Ort er einnimmt. Er sollte wissen, wie dieser Ort zustande gekommen ist, warum er gerade an dieser Stelle auf der Erde überhaupt leben kann. Jeder sollte wissen, dass wir Kinder des Weltalls und nicht zufällig auf dieser Erde sind. Das kann man in einer wunderbaren, kosmischen Weise tun, die die Naturwissenschaften nicht als etwas darstellen, was uns in Gesetze zwingt, sondern als etwas, das uns verstehen lässt, warum wir an einer geschützten Stelle dieses Universums leben können.
Das sind Dinge, über die man sich austauschen, über die man sprechen kann, in einem Gespräch, das ich als gebildetes Gespräch bezeichne.
ATOMTHEORIE DER MATERIE UND EVOLUTIONSTHEORIE DER BIOLOGIE