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SECHSTES KAPITEL
ОглавлениеVon dem Seher Balam.
1. Moyses führte nun das Heer nach dem Jordan zu und schlug das Lager in der großen Ebene bei Jericho auf. Diese Stadt ist sehr reich, und es wachsen dort besonders viele Palmen und Balsamstauden. Die Israeliten aber waren so übermütig geworden, dass sie vor Kampfbegier brannten. Daher schickte Moyses, nachdem er einige Tage lang Gott Dankopfer dargebracht und das Volk mit Gastmahlen bewirtet hatte, einen Teil seiner Truppen, um das Land der Madianiter zu plündern und zu verwüsten und ihre Städte zu erobern. Die Ursache dieses Krieges war folgende.
2. Als Balak, der König der Moabiter, der zu den Madianitern in einem alten Freundschafts- und Bundesgenossenverhältnis stand, die Macht der Israeliten so sehr anwachsen sah, geriet er auch in Sorge um sein eigenes Königreich, da es ihm unbekannt war, dass die Israeliten einem Gebote Gottes zufolge verpflichtet waren, nach der Besitzergreifung Chananaeas kein anderes Land mehr zu erobern. Er beschloss also mit mehr Eile als Überlegung, sie mit List anzugreifen. Denn offen mit ihnen zu kämpfen, hielt er, da sie durch ihre Erfolge noch mehr als durch ihr Unglück gewitzigt waren, nicht für ratsam. Er wollte nur, so viel er dies vermochte, verhüten, dass sie noch mächtiger würden, und in dieser Absicht schickte er Gesandte an die Madianiter. Und da am Euphrat ein gewisser Balam lebte, der ein berühmter Seher war und mit ihnen in Freundschaft verkehrte, so sandten die Madianiter außer den Boten Balaks auch einige ihrer angesehensten Männer zu dem Seher, um ihn zu ersuchen, er möge die Israeliten verfluchen. Dieser empfing die Gesandten sehr höflich, und nachdem er sie bewirtet hatte, fragte er Gott um Rat, ob er dem Verlangen der Madianiter nachgeben solle. Als aber Gott ihm davon abriet, begab er sich wieder zu den Gesandten und erklärte ihnen, er bedaure, ihrem Wunsche nicht entsprechen zu können, denn Gott, dem er seine Berühmtheit im Wahrsagen und Prophezeien verdanke, gestatte dies nicht. Das Heer nämlich, das sie verflucht wissen wollten, sei Gott besonders teuer. Er riet ihnen daher, sie möchten sich zu den Israeliten begeben und von der Feindschaft gegen dieselben abstehen. Mit diesen Worten entließ er die Gesandten.
3. Die Madianiter aber schickten bald, da Balak sie darum bestürmte und ihnen glänzende Versprechungen machte, aufs Neue eine Gesandtschaft zu Balam, der, um ihrer Bitte willfahren zu können, Gott nochmals um Rat anging. Über diese abermalige Versuchung erzürnt, befahl Gott ihm, den Gesandten ihre Bitte nicht abzuschlagen. Und da er nicht ahnte, dass Gott ihm dies nicht im Ernste befohlen hatte, reiste er sogleich mit den Boten ab. Unterwegs aber begegnete ihm an einer engen, von beiden Seiten durch Einfriedigungen begrenzten Stelle ein Engel Gottes, und die Eselin, auf welcher Balam ritt, wich, als ob sie den Geist Gottes gemerkt hätte, gegen die eine Einfriedigung aus, ungeachtet der Schläge, die ihr Balam versetzte, der sich an der Wand durch Anstoßen den Fuß verletzt hatte. Als aber der Engel nicht wich und Balam die Eselin wiederum heftig schlug, fiel diese zu Boden, fing auf Geheiß Gottes mit menschlicher Stimme an zu reden und schalt den Balam ob seiner Ungerechtigkeit: Obgleich er über ihre bisherigen Dienste sich doch nicht zu beklagen habe, misshandle er sie jetzt mit Schlägen und sehe nicht ein, dass Gott ihn daran hindern wolle, denen zu Willen zu sein, zu denen er sich begebe. Balam stand erstaunt und verwirrt da über die menschliche Stimme der Eselin; noch mehr aber erschrak er, als er auf einmal den Engel erblickte, der auch seinerseits ihm Vorwürfe darüber machte, dass er die Eselin geschlagen habe. Denn das Tier trage keine Schuld, er selbst vielmehr wolle ihn daran hindern, gegen den Willen Gottes diese Reise zu machen. Balam wollte nun umkehren; Gott aber hieß ihn seinen Weg fortsetzen, nur müsse er dem Balak das verkünden, was er (Gott) ihm eingeben werde.
4. Nachdem Gott ihm dies befohlen, kam er zu Balak. Dieser empfing ihn ehrenvoll, und Balam verlangte alsdann, auf einen Berg geführt zu werden, von wo er das Lager der Hebräer überschauen könne. Der König war sogleich dazu bereit und führte den Seher mit königlichem Geleit auf einen hochragenden Berg, der vom Lager der Hebräer sechzig Stadien* entfernt war. Als Balam dieses erblickt hatte, trug er dem König auf, sieben Altäre errichten und ebenso viele Stiere und Widder herbeibringen zu lassen. Der König tat das sogleich, und nun brachte Balam ein Brandopfer dar, um zu erforschen, ob die Israeliten die Flucht ergreifen würden. Darauf begann er also zu sprechen: »O glückliches Volk, dem Gott unermesslichen Reichtum verliehen und dem er in allem seine Leitung und Hilfe versprochen hat! Sicher gibt es auf Erden kein Volk, das euch an Tugend und Eifer für alles Gute und Ehrbare gleichsteht oder auch nur nahe kommt, und alles das werdet ihr euren Kindern hinterlassen, die noch glücklicher sein werden als ihre Väter. Denn Gott ist euch allein von allen Menschen gnädig und spendet euch mit vollen Händen; deshalb seid ihr die Glücklichsten von allen, die die Sonne bescheint. Ihr werdet das Land besitzen, das er euch verheißen, es wird euren Nachkommen für alle Zeiten verbleiben, und ihr Name wird mit seinem Ruhm den Erdkreis und das Meer erfüllen; ja, jeder Teil der Erde wird euren Nachkommen zum Wohnsitz dienen. Wundere dich nicht hierüber, o glückliches Heer, da du von einem Stammvater entsprossen und zu einem so mächtigen Volke herangewachsen bist. Zwar ist eure Zahl jetzt noch nicht so groß, da das Land Chananaea euch aufnehmen wird; doch wisset, dass in Zukunft der Erdkreis euch gerade genug sein wird, dass ihr zahlreicher sein werdet als die Sterne des Himmels und dass Inseln wie Festland euch zu Wohnstätten dienen werden. Aber mögt ihr auch noch so zahlreich werden, Gott wird doch nicht aufhören, euch im Frieden jeglichen Überfluss, im Kriege aber Sieg und Herrlichkeit zu verleihen. Die Feinde werden vor Verlangen brennen, mit euch zu kämpfen, und in ihrem Übermut euch zum Kriege reizen. Doch nicht mehr werden sie siegreich heimkehren, wie sie gewöhnt sind, noch Weib und Kinder damit erfreuen. Mit solcher Tapferkeit hat Gott euch beglückt, der die Hohen erniedrigt und die Armseligen erhöht.«
6. So prophezeite der Seher, sich selbst entrückt und erfüllt vom Geiste Gottes. Balak aber ärgerte sich und warf ihm vor, er verletze den Vertrag, da er doch so reiche Geschenke von den Verbündeten erhalten habe. Er sei gekommen, um die Feinde zu verfluchen, und jetzt lobe er sie sogar und preise sie als die Glücklichsten der Sterblichen. Balam aber entgegnete: »O Balak, erwäge doch wohl, ob es bei uns steht, was wir sagen oder verschweigen wollen, wenn der Geist Gottes uns ergreift! Denn dann redet Er durch uns, was Er will, ohne dass wir etwas davon wissen. Ich weiß wohl sehr gut, um welcher Ursache willen ihr und die Madianiter mich habt rufen lassen, und ich hatte auch im Sinn, in allem deinem Wunsche zu entsprechen. Aber ich musste Gott mehr gehorchen als euch, denen ich einen Gefallen erweisen wollte. Denn ohnmächtig sind die, die etwa aus sich selbst den Menschen die Zukunft vorhersagen wollen; sie verkünden nicht das, was Gott ihnen eingegeben, sondern widersetzen sich seinem Willen. Sobald aber unser Herz vom göttlichen Hauche bewegt wird, verkünden wir nicht mehr unsere eigenen Gedanken. Ich beabsichtigte nicht, dieses Heer zu loben oder das Gute aufzuzählen, das Gott ihren Nachkommen zugedacht hat; Gott selbst indes, der ihnen gnädig ist, ihr Leben beglückt und ihren Ruhm unsterblich macht, hat mir diese Worte eingegeben, die ich nach seinem Willen verkündete. Da es mir aber sehr am Herzen liegt, dir und den Madianitern mich gefällig erzeigen zu können und euer Begehren nicht abzuschlagen, so lass andere Altäre errichten, und dann wollen wir wieder opfern und versuchen, ob wir Gott dazu bewegen können, dass er mir erlaubt, dieses Volk zu verfluchen.« Balak ging hierauf ein; als Gott aber auch jetzt nicht gestattete, dass Balam den Israeliten fluche, fiel dieser auf sein Angesicht nieder und verkündete die Schicksale, die den Königen und den berühmtesten Städten, wovon ein Teil noch gar nicht bewohnt war, bevorstanden, sowie auch das, was in den vergangenen Jahrhunderten bis auf unsere Tage den Menschen zu Lande und zu Wasser zugestoßen ist. Und weil alles nach seinen Prophezeiungen eingetroffen ist, so lässt sich auch schließen, dass künftig seine Weissagungen sich erfüllen werden.
6. Balak aber zürnte, dass die Israeliten nicht verflucht worden waren, und entließ den Balam ohne Ehrenbezeugungen. Als dieser nun im Begriff war, abzureisen und den Euphrat zu überschreiten, rief er den Balak und die Obersten der Madianiter zu sich und sprach zu ihnen: »O Balak und ihr anwesenden Madianiter, ich muss mich selbst gegen Gottes Willen euch gefällig erzeigen. Das Volk der Hebräer wird zwar niemals gänzlich vernichtet werden, weder durch Krieg und Krankheit noch durch Mangel an Lebensmitteln oder andere unvorhergesehene Unfälle. Denn Gottes Fürsorge bewahrt sie vor allem Übel und lässt ihnen kein Unheil zustoßen, das sie vernichten würde. Für kurze Zeit allerdings werden sie Leid und Ungemach erdulden, das sie schwer drücken und beugen wird; dann jedoch werden sie wieder erstarken und diejenigen in Schrecken jagen, die ihnen Schaden zugefügt haben. Wollt ihr sie aber für einige Zeit überwältigen, so werdet ihr dies erreichen, wenn ihr folgenden Rat beherzigt. Nehmt die schönsten eurer Töchter, die geeignet sind, durch ihren Liebreiz die Leidenschaft heftig zu entflammen, lasst sie ihren herrlichsten Schmuck anlegen, schickt sie in die Nähe des Lagers der Hebräer und traget ihnen auf, sie sollten sich den Jünglingen, die sie begehren, ohne Sprödigkeit hingeben. Sobald sie dieselben aber im Netze der Sinnlichkeit gefangen sähen, sollten sie sich stellen, als wollten sie fliehen. Wenn die Jünglinge sie dann bäten, zu bleiben, so sollten sie nicht eher nachgeben, bis sie dieselben überredet hätten, mit Hintansetzung ihrer väterlichen Gesetze und der Verehrung Gottes, der ihnen diese Gebote gegeben, die Götter der Madianiter und Moabiter zu verehren. So würden sie sich den Zorn Gottes zuziehen. Nach diesem Vorschlage reiste er ab.
7. Die Madianiter befolgten seinen Rat und schickten ihre Töchter zu den Hebräern. Die hebräischen Jünglinge ließen sich auch wirklich von deren Schönheit fesseln, knüpften ein Gespräch mit ihnen an und baten sie eindringlich, ihnen den Genuss ihrer Schönheit und das Vergnügen vertraulichen Umganges zu gestatten. Die Mädchen hörten das gern und willfahrten ihnen. Als sie nun die Jünglinge in Liebe verstrickt hatten und sie in heftiger Leidenschaft entbrannt sahen, schickten sie sich an, wegzugehen. Diese aber gerieten darob in große Trauer und beschworen sie mit flehentlichen Bitten, sie nicht zu verlassen, sondern bei ihnen zu bleiben, ihre Gattinnen zu werden und Hab und Gut mit ihnen zu teilen. Diese Anerbietungen bekräftigten sie mit einem Eidschwur, riefen Gott zum Zeugen ihres Versprechens an und suchten durch Tränen und alle möglichen Mittel die Mädchen zum Mitleid zu bewegen. Als diese nun merkten, dass die Jünglinge von Leidenschaft überwältigt und gefesselt seien, fingen sie an, also zu ihnen zu reden:
8. »Wir haben, ihr werten Jünglinge, Haus und Heimat, besitzen großen Reichtum und entbehren nicht der Liebe und Zuneigung unserer Eltern und Verwandten. Wir sind also nicht zu euch gekommen, weil wir an irgendetwas Mangel leiden oder weil wir aus unserem Umgang mit euch Gewinn ziehen wollen – sondern weil wir euch für gute und rechtschaffene Männer halten, haben wir eure Gastfreundschaft gesucht und eurem Verlangen nachgegeben. Und da ihr nun sagt, dass ihr uns sehr lieb habt, und euch von Trauer ergriffen zeigt, weil wir weggehen wollen, so wollen wir eure Bitten erfüllen und gern eure rechtmäßigen Gattinnen werden, wenn ihr uns den Beweis eurer Liebe gegeben habt, der allein uns zufrieden stellen kann. Denn wir befürchten sonst, ihr möchtet uns, nachdem ihr unseres Umganges überdrüssig geworden, mit Schimpf und Schande wieder zu unseren Eltern zurückschicken. Verzeiht uns daher, wenn wir uns vor dieser Möglichkeit schützen wollen!« Als nun die Jünglinge versprachen, ihnen jede gewünschte Bürgschaft zu bieten, da sie ihnen bei der Größe ihrer Liebe nichts abschlagen konnten, fuhren die Mädchen also fort: »Weil ihr uns nun willfährig seid, eure Sitten und Lebensweise aber von den unseren so sehr verschieden sind, dass ihr sogar besondere Speisen und Getränke genießt, so ist es notwendig, dass ihr, wenn ihr mit uns zusammenleben wollt, auch unsere Götter verehrt. Denn nichts kann uns ein so zuverlässiges Zeichen eurer Liebe für jetzt und für die Zukunft sein, als wenn ihr mit uns dieselben Götter anbetet. Niemand kann euch auch daraus einen Vorwurf machen, dass ihr die Götter des Landes verehret, in welches ihr zu kommen gesonnen seid, zumal da unsere Götter bei allen Völkern in Ehren stehen, euer Gott dagegen bei keinem anderen Volke als bei euch. Ihr müsst also dieselbe Art der Gottesverehrung annehmen, die alle haben, oder euch ein anderes Land suchen, wo ihr nach euren eigenen Gesetzen leben könnt.«
9. Den sterblich verliebten Jünglingen gefiel diese Rede, sodass sie den Mädchen in allem nachgaben und ihre heimischen Gesetze übertraten. Und da sie nun an viele Götter glaubten, opferten sie ihnen auch nach der Sitte jener Völker, genossen fremdartige Speisen und taten den Weibern alles zu Gefallen, was den Vorschriften des Gesetzes zuwiderlief. Bereits hatte sich die Frechheit der Jünglinge weiter im Heere verbreitet, sodass eine Empörung drohte, schlimmer als die frühere, und Gefahr vorlag, dass die väterlichen Einrichtungen völlig in Vergessenheit gerieten. Denn nachdem die Jugend einmal Geschmack an den fremden Sitten gefunden, hing sie daran mit heißem Verlangen, und selbst die Besseren des Volkes, die sich tugendhafter Vorfahren rühmen konnten, wurden von dem Übel ergriffen und dazu verleitet.
10. Auch Zambrias, das Oberhaupt des Stammes Simeon, lebte mit einer Madianiterin Chosbia, einer Tochter des Sur, die aus dem Königsgeschlechte jenes Volkes stammte, und verachtete ihr zuliebe die Gebote des Moyses, opferte nicht mehr nach seiner heimischen Sitte und nahm schließlich sogar die Fremde zur Ehe. Bei dieser schlimmen Sachlage besorgte Moyses, es möchte noch viel Ärgeres daraus folgen, und berief deshalb das Volk zur Versammlung. Doch klagte er niemand mit Namen an, weil er diejenigen nicht zur Verzweiflung treiben wollte, die erst noch im Geheimen fehlten und der Besserung zugänglich waren. Er warf ihnen vor, ihre Taten seien für sie selbst wie für ihre Vorfahren höchst schimpflich, da sie der Wollust nachhingen, anstatt Gott zu dienen und nach seinen Geboten zu leben. Sie sollten, wenn sie ihr Bestes im Auge hätten, ihren Frevel bereuen und ihre Stärke nicht in der Verachtung der Gesetze, sondern in der Bezähmung ihrer schlechten Begierden suchen. Zudem sei es ja widersinnig, dass sie, die in der Wüste so enthaltsam gewesen, jetzt, da sie in Überfluss lebten, durch Ausschweifung und Verschwendung zugrunde gehen sollten. Durch solche Reden suchte er die Jugend zu bessern und ihnen Reue über ihre Fehler einzuflößen.
11. Da aber erhob sich Zambrias und sprach: »Lebe du selbst, Moyses, nach deinen Gesetzen, für die du so sehr eiferst und die du durch die Macht der Gewohnheit befestigt hast. Wäre dem nicht so, so hättest du selbst schon oft dafür gebüßt und gelernt, dass du nicht ungestraft die Hebräer betrügen kannst. Ich wenigstens werde mich deinen tyrannischen Vorschriften nicht fügen. Bis jetzt hast du nichts anderes erstrebt, als unter dem Vorwande göttlicher Gesetzgebung uns zu knechten, dir aber durch allerlei Ränke die Herrschaft zu sichern. Du hast uns dasjenige geraubt, was einem freien und freiheitsliebenden Volke eigen ist, das keinen Herrn über sich erkennt. Wahrlich, mehr als die Ägypter bedrängt uns der Mann, der das, was wir aus freien Stücken tun würden, unter den Zwang von Gesetzen stellen und danach bestrafen will. Viel eher verdienst du selbst Strafe dafür, dass du das verwirfst, was alle anderen gutheißen, und dass du im Gegensatz zur Meinung aller Übrigen auf deiner eigenen Meinung hartnäckig bestehst. Was ich getan, halte ich nicht für unrecht, und ich scheue mich auch nicht, es öffentlich zu bekennen. Ich habe, wie du sagst, ein fremdes Weib zur Ehe genommen; nimm dies Geständnis von mir an als von einem freien Manne, der nicht nötig hat, etwas zu verheimlichen. Ich opfere auch, was du für Frevel hältst, den Göttern: denn ich meine, es sei billig, da so viele Wege zur Wahrheit führen, nicht tyrannischerweise auf einen allein seine ganze Hoffnung zu setzen. Es gibt niemand, der sich rühmen könnte, mehr Urteilskraft bezüglich dessen zu haben, was mich allein angeht, als ich selber.«
12. Als Zambrias so über seine und der anderen Vergehungen geredet hatte, verhielt sich das Volk ruhig und erwartete in ängstlicher Spannung, was kommen sollte. Der Gesetzgeber aber schien sich in keinen weiteren Streit einlassen zu wollen, um den frechen Menschen nicht noch mehr zu reizen. Moyses fürchtete nämlich, es möchten noch viele seinen verwegenen Worten folgen und das Volk zum Aufruhr drängen Und so ging denn die Versammlung auseinander. Vielleicht würde aber doch das Übel noch gewachsen sein, wenn Zambrias nicht bald darauf gestorben wäre. Das ging so zu. Phineës, der unter der Jugend sowohl durch andere Vorzüge als besonders auch durch die Würde seines Vaters hervorragte (er war nämlich ein Sohn des Hohepriesters Eleazar und ein Enkel von Moyses Bruder), empfand heftigen Unwillen über das Treiben des Zambrias und suchte durch sein Eingreifen zu verhüten, dass dessen Frechheit und Zügellosigkeit noch weiter sich vermehre, was sicher der Fall sein musste, wenn niemand ihn zur Verantwortung zog. Dieser Phineës besaß eine solche Beharrlichkeit und hervorragende Körperkraft, dass er von einem gefährlichen Unternehmen, welches er sich vorgenommen hatte, nicht eher Abstand nahm, als bis er es vollständig und mit Erfolg durchgeführt hatte. Er drang also in das Zelt des Zambrias ein, durchstach ihn und die Chosbia mit der Lanze und tötete sie so. Und alle Jünglinge, die etwas auf Tugend und Ehre hielten, folgten dem wackeren Beispiele des Phineës und räumten die, die desselben Vergehens wie Zambrias schuldig waren, aus dem Wege. So kamen viele um, welche die Gesetze übertreten hatten; die Übrigen dagegen wurden von einer pestartigen Krankheit dahingerafft, die Gott ihnen schickte. In gleicher Weise starben auch ihre Verwandten, die, anstatt sie von ihrem frevelhaften Beginnen abzuhalten, sie sogar noch dazu angereizt und so dieselbe Schuld auf sich geladen hatten. Im Ganzen erlitten den Tod nicht weniger als vierundzwanzigtausend Menschen.
13. Das war auch die Ursache, die den erzürnten Moyses veranlasste, ein Heer zur gänzlichen Vernichtung der Madianiter auszusenden. Ehe ich jedoch von diesem Zuge spreche, will ich zunächst da, wo ich abgebrochen habe, in der Erzählung fortfahren. Denn ich halte es für angebracht, die Uneigennützigkeit unseres Gesetzgebers in dieser Angelegenheit nicht ungerühmt zu lassen. Balam nämlich, den die Madianiter herbeigerufen hatten, um die Hebräer zu verfluchen, war zwar durch Gottes Fügung daran gehindert worden. Immerhin aber hatte er doch den Feinden einen Rat gegeben, durch dessen Befolgung diese erreicht hatten, dass beinahe das ganze hebräische Volk dem Glauben seiner Väter entfremdet und zu falschen religiösen Vorstellungen verleitet worden wäre. Trotzdem hat Moyses Balams Weissagungen seinen eigenen Schriften einverleibt und ihn so einer großen Ehre gewürdigt, obwohl es ihm leicht gewesen wäre, allen Ruhm davon sich selbst anzueignen, zumal da kein Zeuge vorhanden war, der ihn der Fälschung hätte überweisen können. So hat er für Balam Zeugnis gegeben und durch seine Schriften das Andenken an ihn erhalten. Doch mag jeder diese Sache betrachten, wie er will.