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(a) Die Kirchen und ihre Einrichtungen als Träger des Selbstbestimmungsrechts

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Der persönliche Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts erstreckt sich nach dem Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 WRV auf die „Religionsgesellschaften“320. Damit ist eine Vereinigung von Menschen gemeint, die in einem bestimmten Gebiet gemeinsam einer religiösen Überzeugung nachgehen.321 Dazu zählen ohne Zweifel die verfassten Kirchen.322

Werden bereits alle Religionsgemeinschaften unabhängig von ihrem rechtlichen Status in den Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts einbezogen,323 so nehmen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darüber hinaus auch die rechtlich selbständigen Untergliederungen der Kirchen an jenem Schutz teil. Danach sind auch „alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform (erfasst), (…) wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis, ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen“.324 Dem Schutzbereich zugeordnet werden kann eine Einrichtung aber nicht, wenn sie ganz überwiegend der Gewinnerzielung dient, da sie dann keinen ausreichenden Zusammenhang zum glaubensdefinierten Selbstverständnis aufweist.325 Die Mitwirkung von Laien an der Verwaltung steht der Zuordnung einer verselbständigten Einrichtung zur Kirche aber nicht entgegen.326 Diesem Ansatz ist die Literatur ganz überwiegend gefolgt.327 Neben der Teilhabe an der Verwirklichung eines kirchlichen Auftrages hat das Bundesverfassungsgericht in seiner weiteren Rechtsprechung auch noch einen Einklang der Einrichtung mit der verfassten Kirche und eine besondere Verbindung mit ihren Amtsträgern und Organwaltern gefordert.328 Die Inanspruchnahme des Selbstbestimmungsrechts durch eine rechtlich verselbständigte Einrichtung erfordert damit im Wesentlichen zweierlei: Die Erfüllung einer kirchlichen Grundfunktion sowie eine ausreichende Verbindung mit der verfassten Kirche.329 Einer besonderen Verbindung bedarf es schon deshalb, weil die Herleitung des kirchlichen Rechts eines Bindegliedes bedarf. Die rechtlich verselbständigten Einrichtungen können nur derivativ von der Kirchenautonomie Gebrauch machen.

Mit der Erfassung auch selbständiger kirchlicher Einrichtungen erfolgt eine entscheidende Weichenstellung für das kirchliche Arbeitsrecht. Denn könnten sich ausschließlich die verfassten Kirchen selbst zu den nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV Berechtigten zählen, wäre ein auf dieser Grundlage modifiziertes Arbeitsrecht für die zahlreichen rechtlich verselbständigten karitativen und diakonischen Träger in der Gestalt von Krankenhäusern, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen bereits aus diesem Grunde ausgeschlossen. Der Anwendungsbereich kirchlichen Arbeitsrechts wäre auf ein Minimum dezimiert. Die verfassten Kirchen selbst treten als Arbeitgeber nämlich nur numerisch untergeordnet in Erscheinung.330

Insbesondere im Kontext der betrieblichen Mitbestimmung sind vom BAG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spezifischere Ausführungen zu den Anforderungen einer Zuordnung der autonomen Rechtsträger an die jeweilige Kirche gemacht worden.331

Kirchliches Arbeitsrecht in Europa

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