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(2) Das Priestertum aller Gläubigen

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Vielfach erfolgt die theologische Begründung des Leitbilds der Dienstgemeinschaft auch mit der neutestamentlichen Konzeption des Priestertums aller Gläubigen.437 Danach sind nicht nur die Amtsträger zur Erfüllung des kirchlichen Auftrags berufen, sondern vielmehr ist dies allen Kirchengliedern aufgrund ihrer Taufe übertragen.438 Für die katholische Kirche wurde dies im Rahmen des Zweiten Vatikanischen Konzils mehrfach betont und spiegelt sich insbesondere auch in der Lehre vom Apostolat der Laien wider.439 Nach dem protestantischen Verständnis geht das Priestertum aller Gläubigen bereits auf die Lehre Luthers440 zurück.

In der Bibel findet sich ein Beleg für das allgemeine Priestertum der Gläubigen im 1. Brief des Petrus, in dem die Christengemeinde auf die folgende Weise beschrieben wird:

„Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht.“441

Daraus folgt für beide christliche Kirchen, dass jedes einzelne Mitglied der Gemeinde mit dem kirchlichen Sendungs- und Verkündigungsauftrag betraut ist. Dies hat eine ganz besondere Bedeutung für die karitativen und diakonischen kirchlichen Dienste. Das Priestertum aller Gläubigen ist mithin gemeinsamer Träger der kirchlichen Sendung und somit zugleich verbindendes Element des kirchlichen Dienstes.442

Es wäre allerdings unzureichend, wenn man das Leitbild der Dienstgemeinschaft ausschließlich auf den theologischen Gedanken des allgemeinen Priestertums stützte. Denn dann würde sich die Dienstgemeinschaft lediglich aus Kirchengliedern zusammensetzen können, Nichtchristen und die Mitglieder der jeweils anderen Kirche blieben ausgeschlossen. Dies wird von den Kirchen aber keinesfalls beabsichtigt. Wie sich für die katholische Kirche aus Art. 1 S. 1 ihrer Grundordnung des kirchlichen Dienstes entnehmen lässt, gehören alle in einer kirchlichen Einrichtung Tätigen – unabhängig von ihrer Kirchenmitgliedschaft zur Dienstgemeinschaft. Gleiches lässt sich für die evangelische Kirche aus der Präambel deren Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen folgern, nach der alle Frauen und Männer, die beruflich in Kirche und Diakonie tätig sind, zu einer Dienstgemeinschaft verbunden sind. Maßgebend ist somit für beide Kirchen die Tätigkeit im kirchlichen Dienst. Im Schrifttum wird daher zuweilen moniert, der Rekurs auf das Priestertum aller Gläubigen sei zur theologischen Fundierung der Dienstgemeinschaft ungeeignet.443 Es spricht daher einiges dafür, dem objektiven Element der gemeinschaftlichen Ausübung des Sendungsauftrags bei der theologischen Begründung der Dienstgemeinschaft einen „relativen Vorrang“ einzuräumen.444

Kirchliches Arbeitsrecht in Europa

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