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(3) communio-Ekklesiologie

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Eine weitere theologische Fundierung der Dienstgemeinschaft bildet die communio-Ekklesiologie. Insbesondere seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird die Kirche auch nach katholischem Verständnis als Gemeinschaft begriffen, die eine der eingangs bereits genannten vier Grunddimensionen bildet. In Abgrenzung zur societas–Ekklesiologie wird die Funktion der Kirche damit als Gemeinschaft der Menschen mit Gott und untereinander durch Jesus Christus verstanden, die sich durch ihren geistlichen Auftrag definiert.445 Dieser Gemeinschaftsbegriff hat zwei Dimensionen: Die vertikale Gemeinschaft der Menschen mit Gott und die horizontale Gemeinschaft der Menschen untereinander.446 Die Dienstgemeinschaft beinhaltet mithin den horizontalen Aspekt des communio-Prinzips. Diese Gemeinschaft wählt der Heilige Geist zur Erfüllung seines Heilshandelns.447 Darin kommt abermals die Funktion der Dienstgemeinschaft zur Erfüllung des kirchlichen Sendungsauftrags zum Ausdruck.

Zwar ist der Begriff der Dienstgemeinschaft nicht mit der Kirche als Gemeinschaft (communio) kongruent.448 Denn zur Gemeinschaft der Kirche gehören nur die getauften Christen, wohingegen zur Dienstgemeinschaft auch die Nichtchristen gezählt werden. Unabhängig von dieser Abweichung lässt sich indes feststellen, dass die communio-Ekklesiologie im Begriff der Dienstgemeinschaft einen deutlichen Widerhall im kirchenarbeitsrechtlichen Kontext erfährt.449

Hinsichtlich des hierarchischen Aufbaus der Dienstgemeinschaft lassen sich für die beiden christlichen Kirchen unterschiedliche Ableitungen aus der communio-Ekklesiologie vornehmen. Denn deren Verständnis von der Struktur und Ordnung der kirchlichen Gemeinschaft divergiert im Einzelnen. Elementar unterschiedliche Implikationen für die Ausgestaltung der Dienstgemeinschaft erwachsen daraus jedoch nicht.

Nach dem protestantischen Verständnis ist die Kirche als egalitäre Gemeinschaft mit einer horizontalen Teilhabestruktur konstituiert.450 Daraus folgt, dass auch deren Dienstgemeinschaft nicht durch eindeutige Über- und Unterordnungsverhältnisse ausgestaltet sein kann. Dies lässt sich insbesondere mit der 4. These der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 begründen. Diese lautet:

„Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes“.451

Demgegenüber interpretiert die katholische Kirche die ekklesiologisch vorgegebene Struktur der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil als communio hierarchica.452 Danach ist zwar von einer grundsätzlichen Gleichheit aller Gläubigen auszugehen, allerdings sind in organisatorischer Hinsicht bestimmte Aufgaben den Klerikern vorbehalten.453 Dies kann insbesondere Konsequenzen für die Ausübung von Leitungsmacht in kirchlichen Einrichtungen haben.454 Unter dieser Prämisse erhält auch die Organisationsstruktur der Dienstgemeinschaft in der katholischen Kirche eine vertikal-hierarchische Nuancierung.455

Dennoch ist davon auszugehen, dass auch unter Berücksichtigung der Lehre von der communio hierarchica die grundlegende Gemeinschaft zwischen Dienstgeber und Dienstnehmern im Rahmen der Dienstgemeinschaft nicht aufgehoben wird. Denn auch insoweit wird die grundlegende Konzeption nicht aufgehoben, dass gerade keine Trennung von Kapital und Arbeit besteht, sondern vielmehr alle Beteiligten durch die gemeinsame Erfüllung des kirchlichen Sendungsauftrags miteinander verbunden sind.456 Eine Aufspaltung in antagonistische Interessen auf Dienstgeberseite einerseits und Dienstnehmerseite andererseits wird damit auch von der katholischen Ekklesiologie nicht impliziert.

Kirchliches Arbeitsrecht in Europa

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