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Herren unter sich

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»Goldauge, ich kann nicht mehr.«

»Das wundert mich nicht. Du hast dich überfressen.«

»Nein, ich meine, ich bin völlig erledigt. Aber gut, vielleicht habe ich mich auch überfressen – es war zwar nur ein Brötchen, aber ich hatte ja schon so lange nichts mehr zwischen die Zähne bekommen.« Marius zog sich die Stiefel von den schmerzenden Füßen und versuchte, die Zehen zu bewegen.

»Mach bloß keinen Wind!«, krähte Goldauge und flog vorsichtshalber ein Stück zur Seite. »Es könnte sein, dass du sonst die ganze Burg in die Luft sprengst.«

»Nun hab dich nicht so, Goldauge. Du riechst auch nicht am allerfrischesten.«

»Das machen die verschmurgelten Flügel«, jammerte der Rabe und klappte Mitleid erweckend den linken Flügel hoch und runter.

»Armer Goldauge«, sagte Marius und wollte näher kommen, um den Freund zu trösten.

»Raaah! Bleib er mir bloß vom Leib mit seinen muffeligen

Menschenfüßen!«

»Entschuldige. War gut gemeint.«

»Gut gemeint wäre ein Bad!«

»Wenn ich wüsste, wo ...«

»Er könnte ja mal das Fräulein Xenia fragen oder ihre Tante.«

»Aber Meister Goldauge. Um diese Zeit klopft man doch nicht mehr an das Gemach einer Dame.«

»Hm«, machte der Rabe und musterte Marius von oben bis unten. »Und schon gar nicht mit solchen gemeingefährlichen Füßen. Er sollte sie nur schnell unter eine Decke stecken.«

»Da hast du Recht, mein Freund. Genau das wird er auch tun.« Marius streckte sich, spähte ein letztes Mal durch das dunkle Fenster und legte sich dann auf das Strohlager, das ihm Xenia gewiesen hatte und auf dem eine raue Wolldecke lag, die zwar auch nicht mehr ganz frisch roch, dafür aber sehr warm und gemütlich aussah.

Den Brief aber trug er immer noch wohl verwahrt unter seinem Hemd, nah an dem Anhänger, den er stets in die Hand nahm, wenn er sich schlafen legte. »Schlaf er wohl und träum er was Schönes«, murmelte Marius.

»Es genügt, wenn einer so spricht«, nörgelte Goldauge und blickte sich um, ob er auch für sich ein kuscheliges Plätzchen fände. »Sonst wird’s gar so kompliziert.«

»Ist recht.«

»Also: Schlaf er gut und träum er was Schönes.«

»Er auch.«

»Wie bitte?«

»Ich sagte: Ihr auch.«

»Ah. Jawohl. Ja. Also dann.« Und mit diesen Worten flatterte Meister Goldauge zu Boden, wo er sich neben einer Truhe bequem einrichtete und zu schlafen versuchte. Es war warm. Und es war weder zu dunkel noch zu hell in dem Kämmerchen, das Marius und er bekommen hatten. Auf der Burg war es still. Kaum ein Geräusch, das durch die dicken Mauern gedrungen wäre. Und doch: Irgendetwas arbeitete in Goldauge, irgendetwas klopfte in ihm und wollte erinnert werden. Goldauge wusste, dass es etwas mit seinem ersten Zusammentreffen mit Xenia zu tun haben musste. Er tat sich schwer mit dem Einschlafen. Irgendwann aber, ewig später, war er dann doch in einen unruhigen Schlaf gefallen und träumte wirres Zeug von Stürmen und Türmen, von Wäldern und Feldern, von Blitzen und Witzen – und von einer alten Frau, die immer sagte: »Ich fürchte... ich fürchte ...« Und da schreckte er hoch und erinnerte sich plötzlich. »Ich fürchte«, ja, das hatte die alte Frau gesagt und ihm fest in die Augen geblickt, »das ist ganz und gar kein Glück.«

Was mochte sie damit gemeint haben? Was hatte es bloß mit dieser geheimnisvollen Burg auf sich?

Das Geheimnis der Gaukler

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