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II. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung

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Von den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben sind die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung abzugrenzen. Das Land kann die Kommunen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zur Übernahme und Durchführung derartiger Aufgaben nach Art. 78 Abs. 3 S. 1 LVerf NRW verpflichten. Anders als bei den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben ist nicht nur das „Ob“ der Wahrnehmung der Aufgabe durch die Kommunen dort geregelt, sondern darüber hinaus kann in diesem (Übertragungs-)Gesetz auch das „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung geregelt werden (vgl. Art. 78 Abs. 4 S. 2 LVerf NRW). Die Art und Weise der Durchführung der Aufgabenerledigung (das „Wie“) beinhaltet immer auch Aspekte der Zweckmäßigkeit. Diese Aspekte können von der Aufsichtsbehörde in beschränktem Maße nach den hierüber erlassenen (Übertragungs-)Gesetzen beaufsichtigt werden und Gegenstand von entsprechenden Zweckmäßigkeitsweisungen sein. In Abgrenzung von der allgemeinen Rechtsaufsicht nach § 119 Abs. 1 GO spricht man deshalb von einer „Sonderaufsicht“ (§ 119 Abs. 2 GO). Anders als bei der auftragsweisen Erledigung staatlicher Aufgaben, ist dieses Weisungsrecht aber (spezialgesetzlich) begrenzt.

Dementsprechend bestimmt § 3 Abs. 2 GO:

Pflichtaufgaben können den Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden; das Gesetz bestimmt den Umfang des Weisungsrechts, das in der Regel zu begrenzen ist.

Bitte sehen Sie sich das in Prüfung und Praxis grundlegende Prinzip des § 9 OBG NRW im Gesetzestext selbst an.

Beispiele

So nehmen nach § 3 OBG NRW die Gemeinden die Aufgaben der örtlichen Ordnungsbehörden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr. § 9 OBG NRW legt den konkreten Umfang des Weisungsrechts der Sonderaufsicht fest. Nach Abs. 1 können die Aufsichtsbehörden Weisungen erteilen, um die gesetzesmäßige Erfüllung der ordnungsbehördlichen Aufgaben zu sichern. Abs. 2 engt das darüber hinausgehende Weisungsrecht zur zweckmäßigen Aufgabenerfüllung ein. So dürfen nach Abs. 2 Buchstabe a allgemeine Weisungen (z.B. Verwaltungsvorschriften) nur erteilt werden, um die gleichmäßige Durchführung der Aufgaben zu sichern. Besondere Weisungen der Sonderaufsichtsbehörde sind nach Buchstabe b nur zulässig, wenn das Verhalten der zuständigen Ordnungsbehörde zur Aufgabenerledigung nicht geeignet erscheint (z.B. Weigerung zur alsbaldigen Beseitigung eines umgestürzten Baumes, der den Verkehr gefährdet) oder überörtliche Interessen gefährden kann (z.B. Weigerung der unteren Wasserbehörde zur Ölbeseitigung in einem Bachlauf, da ihrer Auffassung nach „das Öl doch in Kürze aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich abgeflossen ist“).[1]

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Da sich die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung damit in einer Art Zwischenposition zwischen den (Zweckmäßigkeits-)weisungsfreien Selbstverwaltungsaufgaben und den vollständig weisungsgebundenen staatlichen Auftragsangelegenheiten befinden und das staatliche Weisungsrecht erst spezialgesetzlich eröffnet werden muss sowie gesetzlich begrenzt ist, wird die Rechtsnatur der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung von der h.M. als „Zwischending“ mit einer größeren Nähe zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten angesehen.[2] Die abweichende Mindermeinung, nach der es sich bei den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung um staatliche Auftragsangelegenheiten handele, wird der Wertung des Art. 78 Abs. 2 LVerf NRW nicht hinreichend gerecht, wonach die Gemeinden und Gemeindeverbände alleinige Träger der öffentlichen Verwaltung in ihrem Gebiet sind. Zudem sprechen auch die gesetzliche Formulierung des § 119 Abs. 2 GO (Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung werden dort als „ihre“ Aufgaben bezeichnet) und das Erfordernis eines gesetzlich beschränkten Weisungsrechts (§ 3 Abs. 2 GO) gegen eine Qualifizierung als staatliche Auftragsangelegenheit.[3]

JURIQ-Klausurtipp

Diese Qualifizierung ist von wichtiger Klausurbedeutung. Sieht man die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung nämlich eher in der Nähe von Selbstverwaltungsangelegenheiten, so können entsprechende aufsichtsrechtliche Maßnahmen bei der Erledigung derartiger Aufgaben keine innerstaatliche Wirkung, sondern vielmehr eine Außenwirkung zwischen dem staatlichen Weisungsgeber und dem kommunalen Weisungsempfänger entfalten. Dies kann zur Folge haben, dass Aufsichtsmaßnahmen als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind und von der betroffenen Kommune mittels Anfechtungsklage angefochten werden können.

Bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung kommt einer Weisung der Sonderaufsichtsbehörde mithin nach h.M. die erforderliche Verwaltungsaktqualität zu. Die Möglichkeit der Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechtes besteht für die Gemeinde allerdings nur dann, wenn das gesetzlich zugelassene Weisungsrecht überschritten worden ist (z.B. wegen fehlender Voraussetzungen zur Weisung oder unzulässiger Weisungserstreckung auf Aspekte der gemeindlichen Organisations- und Personalhoheit).

Beispiel

In einer Gemeinde liegt nach einem Sturm ein entwurzelter Baum auf der Straße und wird trotz der akuten Verkehrsgefährdung vom Bürgermeister als sachlich und örtlich zuständige Ordnungsbehörde nicht beseitigt. Die Sonderaufsichtsbehörde (Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde) weist darauf den Bürgermeister an, den Baum unverzüglich zu beseitigen (Weisung bis hierhin rechtmäßig) und mit der Beseitigung die Gemeindemitarbeiter X und Y zu beauftragen (Weisung diesbezüglich rechtswidrig, da ein Eingriff in die Organisations- und Personalhoheit der Gemeinde vorliegt).

Zu den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung gehören in erster Linie die Aufgaben der Kommune im Rahmen der Gefahrenabwehr als Ordnungsbehörde (§ 3 OBG NRW), Bauaufsichtsbehörde (§ 57 BauO NRW), Brandschutzbehörde (§ 2 Abs. 2 BHKG NRW), Denkmalschutzbehörde (§ 20 Abs. 3 DenkmalschutzG NRW) etc.

1. Teil Rechtsnatur und Rechtsstellung der KommunenE. Aufgaben der Kommunen › III. Staatliche Auftragsangelegenheiten

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