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F. Stellung der Kommunen im allgemeinen Rechtsverkehr

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Kommunen sind juristische Personen des öffentlichen Rechts. Als solche müssen sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach außen hin handlungsfähig sein. Sie nehmen wie andere juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts am allgemeinen Rechtsverkehr teil, insbesondere schließen die Kommunen Verträge, sind Eigentümer von Sachen, Gläubiger oder Schuldner von Forderungen, haben Verkehrssicherungspflichten oder geben sonstige rechtlich erhebliche Willenserklärungen ab. Juristische Personen können dabei nicht unmittelbar selbst handeln, sondern agieren durch ihre vertretungsberechtigten Organe. Wie andere natürliche oder juristische Personen stehen den Kommunen zudem bestimmte Persönlichkeitsrechte zu, bei deren rechtswidriger Beeinträchtigung sie Abwehrrechte (Unterlassung, Schadenersatz) geltend machen können.

Beispiele

Die Stadt S kauft durch ihren Bürgermeister für die Feuerwehr mehrere Fahrzeuge beim Fahrzeugunternehmen F an. Des Weiteren bedarf es einer speziellen Feuerschutzkleidung, welche nach ordnungsgemäßer Ausschreibung bei einem Spezialausrüster erworben wird.

In der Gemeinde G wird die Stadthalle an einigen Wochenenden im Jahr auch für Privatveranstaltungen wie Hochzeiten etc. vermietet. Dies erfolgt durch den Abschluss privatrechtlicher Mietverträge.

Sofern der städtische Hausmeister vergessen hat, vor dem Bürgerbüro an einem vereisten Wintertag zu streuen, so kann die Stadt deliktischen Schadenersatzansprüchen von ausrutschenden Passanten ausgesetzt sein.

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Die äußere Handlungsfähigkeit der Kommunen wird rechtlich insbesondere durch deren Rechts- und Geschäftsfähigkeit gewährleistet. Aus ihrer Eigenschaft als juristische Person folgt zunächst die Rechtsfähigkeit einer Kommune, d.h. die Fähigkeit Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die Rechtsfähigkeit versetzt die Kommunen in die rechtliche Lage, Verträge abzuschließen sowie sonstige Willenserklärungen abzugeben (Kündigung, Rücktritt, Abmahnung etc.), Träger von Vermögensrechten (Eigentum, Erbfähigkeit) und Zuordnungssubjekt haftungsrechtlicher Normen (Delikts- und Amtshaftung) zu sein. Als juristische Personen sind sie für die Abgabe der erforderlichen Willenserklärungen unbeschränkt geschäftsfähig.

Beispiel

Der kürzlich verstorbene langjährige Karnevalsfreund Karl Melle hat der Stadt Köln testamentarisch 100 000 € vermacht unter der Auflage, diesen Betrag auf ein Sonderkonto verzinslich anzulegen und alljährlich für die Organisation des Rosenmontagszuges einen Teilbetrag von 5000 € zur Verfügung zu stellen, bis die Summe verbraucht ist (§§ 1939, 1940 BGB). Aufgrund der Rechtsfähigkeit der Stadt Köln, ist sie in der Lage, das Vermächtnis anzunehmen.

Eine Besonderheit der Kommunen folgt aus ihrer fehlenden Insolvenzfähigkeit. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO i.V.m. § 128 Abs. 2 GO ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinde nicht zulässig. Kommt es zur Zahlungsunfähigkeit einer Gemeinde muss nach h.M. das Land hierfür entsprechend § 12 Abs. 2 InsO eintreten, da dieses das Insolvenzverfahren für unzulässig erklärt hat.[1]

Beispiel

Die B-Bank gibt der Stadt S bereits seit Jahren Kredite für deren Verbindlichkeiten. Seit geraumer Zeit verschlechtert sich die Haushaltslage der Stadt S drastisch. Sie musste deshalb zunächst ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept (§ 76 GO) aufstellen. Wenige Jahre später konnte die Finanzaufsichtsbehörde infolge der weiteren Haushaltsverschlechterung hierfür die Genehmigung nicht mehr erteilen, so dass die Haushaltssatzung nicht mehr bekannt gemacht werden durfte und die Stadt S sich in der vorläufigen Haushaltsführung befand (§ 82 GO). Aufgrund der eingetretenen Überschuldung muss die Stadt S nunmehr pflichtig am „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ des Landes teilnehmen und einen Haushaltssanierungsplan aufstellen (§§ 3, 6 Stärkungspaktgesetz NRW). Der Kreditvorstand der B-Bank will infolge der Überschuldung der Stadt S vor der Vergabe neuer Kredite das Ausfallrisiko rechtlich bewertet wissen.

Während über das Vermögen eines Privatunternehmens in der Lage der Stadt S wegen Überschuldung umgehend ein Insolvenzverfahren zu eröffnen wäre, sind Gemeinden nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO i.V.m. § 128 Abs. 2 GO nicht insolvenzfähig. Deshalb kann über ihr Vermögen kein Insolvenzverfahren eröffnet werden und sie können auch nicht im Rahmen eines solchen Verfahrens aufgelöst werden. Einstandspflichtig für die Zahlungsverpflichtungen der Stadt S wäre letztlich das Land Nordrhein-Westfalen. Dies folgt daraus, dass der Ausschluss des Insolvenzverfahrens durch § 128 Abs. 2 GO landesgesetzlich erfolgt ist, das Land für den kommunalen Finanzausgleich verantwortlich ist (Art. 79 S. 2 LVerf NRW) und die staatliche Finanzaufsicht inne hat. Durch den kommunalen Finanzausgleich soll gerade die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gemeinde ausgeglichen werden. Zudem sollen individuelle Haushaltsverstöße durch die staatliche Finanzaufsicht vermieden werden.

JURIQ-Klausurtipp

Öffentlich-rechtliche Klausurfälle, die als Schwerpunkt zivilrechtliche Fragestellungen (Vertragsrecht, Eigentum, Erbrecht, Insolvenzrecht etc.) haben, sind äußerst selten. Es sind allerdings durchaus Fallkonstellationen denkbar, die zwar ein zivilrechtliches Gewand haben, bei denen es aber bei näherer Betrachtung um kommunalrechtliche Probleme geht, wie z.B., ob die Gemeinde beim Vertragsschluss wirksam nach § 64 GO vertreten worden ist (vgl. hierzu Rn. 329). Hierfür ist es wichtig, dass man die Stellung der Kommunen im allgemeinen Rechtsverkehr beurteilen kann.

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Wie jeder anderen juristischen Person sind auch den Kommunen bestimmte öffentlich-rechtliche Rechte zum Schutze ihrer Persönlichkeit zugeordnet (Persönlichkeitsrechte). Hierzu gehören insbesondere das Namensrecht und die in den §§ 13, 14 GO geregelten Befugnisse, Hoheitszeichen zu führen.

In § 13 GO wird das Namensrecht einer Kommune geregelt. Der Name dient als öffentlich-rechtliches Persönlichkeitsrecht der eindeutigen Identifizierbarkeit der Kommune und hat eine integrative Funktion für die mitgliedschaftliche Verbundenheit der Einwohner. Aufgrund dieser erheblichen Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung ist das Namensrecht sogar durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt.[2] Deshalb kann der Name nur unter den erschwerten Voraussetzungen einer Mehrheit von drei Vierteln der Mitglieder der kommunalen Vertretung und der Genehmigung des für Kommunales zuständigen Ministeriums geändert werden (§ 13 Abs. 1 S. 2 und S. 3 GO). Die Gemeinden können nach § 13 Abs. 3 GO zu ihrem Namen auch amtliche Zusatzbezeichnungen führen, die auf der Geschichte oder der heutigen Eigenart oder Bedeutung der Gemeinden beruhen.

Beispiel

Der Rat der Stadt Attendorn beschließt mit der erforderlichen Mehrheit gemäß § 13 Abs. 3 GO eine amtliche Zusatzbezeichnung zu führen, so dass die Stadt fortan den Namen mit der Zusatzbezeichnung „Hansestadt Attendorn“ führt. Die Genehmigung des für Kommunales zuständigen Ministeriums liegt vor. Die neue amtliche Zusatzbezeichnung wird in der Hauptsatzung vermerkt und auf den Ortseingangsschildern verwandt.

Der Namensschutz wird sichergestellt durch die Regelung des § 12 BGB:

Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

Der Namensschutz des § 12 BGB schließt namensähnliche Zeichen wie Wappen, Siegel, Embleme, Wahrzeichen und Stadtteilnamen[3] ein, wenn diese – was regelmäßig der Fall ist – eine individualisierende Unterscheidungskraft aufweisen und daran ein schützenswertes Interesse besteht.[4] Das Namensrecht wirkt sowohl gegenüber Privatpersonen als auch gegenüber Trägern der öffentlichen Verwaltung.

Beispiele

Im Internet veräußert ein privater Verkäufer aus der Stadt Wertheim unter dem seriös klingenden Namen „Stadt Wertheim – Formularverkauf“ bestimmte Privatformulare für Automobilverkäufer. Die Stadt Wertheim wendet sich gegen diese „Anmaßung“ des nur ihr als juristischer Person zustehenden Namens. Der Bürgermeister schaltet sein Rechtsamt ein und fordert vor dem zuständigen Zivilgericht (§ 13 GVG) von der Privatperson mit Recht die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung.

Die Stadt Dormagen liegt in unmittelbarer Nähe des nördlichen Stadtrandes von Köln, direkt an der Ausfahrt der Bundesautobahn A 57. Auf Anweisung des Bundesverkehrsministers soll die Autobahnabfahrt künftig nur noch die Bezeichnung „Köln-Nord“ tragen. Kann die Stadt Dormagen dagegen erfolgreich vorgehen?

Die Stadt Dormagen könnte in entsprechender Anwendung des § 12 BGB im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) gegen den Bundesverkehrsminister vorgehen, soweit durch die Umbenennung das Namensrecht der Stadt verletzt ist. Die Stadt Dormagen dürfte in dem vorliegenden Fall aus dem Namensrecht einen Anspruch ableiten können, dass die Autobahnabfahrt, welche sich auf ihrem Stadtgebiet befindet bzw. darin einmündet, auch an ihrem Namen anknüpft. Der Name der Stadt Dormagen müsste zumindest bei der Benennung der Autobahnabfahrt und der entsprechenden Beschilderung eine Erwähnung finden.

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Nach § 14 GO führen die Gemeinden als Hoheitszeichen Dienstsiegel, Wappen und Flaggen. Da der allgemeine Namensschutz des § 12 BGB derartige namensähnliche Zeichen einschließt, ist eine Verwendung solcher Hoheitszeichen durch Dritte nur mit Genehmigung der Gemeinde zulässig und kann anderenfalls zivilrechtlich mittels eines Unterlassungsanspruchs nach § 12 BGB analog unterbunden werden.[5]

Beispiel

Der in der Stadt Grevenbroich ansässige Schützenverein „Heimattreue“ will seine Verbundenheit mit der Stadt dadurch zum Ausdruck bringen, dass er auf seinem Kopfbogen das städtische Wappen führen will und bittet den Bürgermeister um eine entsprechende Genehmigung. Diese wird in ständiger Verwaltungspraxis auch an nichtkommerzielle, gemeinwohlorientierte Vereinigungen erteilt.

Hinsichtlich der Nutzung des Wappens muss die Gemeinde bei privaten Personen das Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Bei der Genehmigung der Wappennutzung durch die (öffentlich-rechtlichen) Organteile des Rates (Fraktionen, Gruppen, Ratsmitglieder) ist der allgemeine Gleichbehandlungssatz als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) zu beachten.[6]

Beispiel[7]

In der Stadt S nutzen die Ratsfraktion F sowie die Ratsgruppe G seit mehreren Monaten auf ihrer jeweiligen Seite bei Facebook sowie auf ihrem Briefpapier das Stadtwappen von S ohne die nach der „Stadtwappensatzung“ von S erforderliche Genehmigung. Die Erteilung der Genehmigung liegt nach der Stadtwappensatzung im Ermessen der Stadt. Die ungenehmigte Nutzung ist dem Bürgermeister schon seit der erstmaligen Nutzung bekannt. Als die Ratsgruppe X erstmals auch das Stadtwappen ungenehmigt nutzt, wird sie unverzüglich von der Stadt S aufgefordert, die Nutzung des Stadtwappens nach § 14 Abs. 2 GO i.V.m. § 12 BGB analog mit sofortiger Wirkung zu unterlassen. Da die Ratsgruppe X sich hierzu weigert, wird sie von der Stadt beim Verwaltungsgericht verklagt.

Die (Leistungs-)Klage der Stadt ist wegen Verstoßes gegen den rechtsstaatlichen Gleichbehandlungssatz unbegründet, da sie die Ratsgruppe X gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nimmt, während sie gegen die ihr bekannte, ungenehmigte Nutzung des Wappens durch die Ratsfraktion F und die Ratsgruppe G nicht vorgeht. Zwar besteht für die Gruppe X grundsätzlich kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, allerdings ist hier die Wappennutzung für Fraktionen und Gruppen nicht von vornherein rechtswidrig, sondern könnte nach pflichtgemäßen Ermessen von der Stadt S genehmigt werden.

In Kommunalwahlkampfzeiten kann bei parteiergreifenden Aussagen von Amtsträgern aus der Verwendung des Wappens gegebenenfalls geschlossen werden, dass diese Aussagen in amtlicher Eigenschaft getroffen worden sind und damit wegen des amtlichen Neutralitätsgebotes einen Wahlfehler darstellen.[8]

Beispiel

Der amtierende Bürgermeister wird von seiner Partei auf einer Mitgliederversammlung als Kandidat für die nächste Bürgermeisterwahl in der Stadt Bad Salzberg aufgestellt. Im Kommunalwahlkampf verfasst er eine Bürgerinformation auf dem Kopfbogen der Stadtverwaltung unter Verwendung des amtlichen Stadtwappens und verteilt diese an alle Haushalte in der Stadt. Er wirbt in diesem Schreiben um seine Wiederwahl und unterschreibt mit der Angabe seiner Amtsbezeichnung.

Es liegt ein Wahlfehler vor, da es Amtsträgern in amtlicher Eigenschaft verwehrt ist, im Wahlkampf parteiergreifende Werbung zu machen. Nach den objektiven äußeren Umständen (insbesondere aufgrund der Verwendung des amtlichen Wappens, des Kopfbogens und der Amtsbezeichnung) handelt es sich nicht um eine Wahlwerbung in privater Sache – welche unproblematisch erlaubt wäre – sondern um eine amtliche Wahlwerbung. Diese ist Amtsträgern allerdings strikt untersagt, da dies einen Verstoß gegen den amtlichen Neutralitätsgrundsatz darstellt und gegen das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG (Willensbildung vom Volk zu den Hoheitsorganen und nicht umgekehrt) sowie die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl verstößt.[9] Sofern der Wahlfehler für das Wahlergebnis erheblich ist, muss der Rat eine Wiederholungswahl anordnen (§ 40 Abs. 1b KWahlG NRW).

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