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ENDESFELDER

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Eine relativ kurze Zeit probierten wir eine Besetzung mit Piano. Leider funktioniert das Ganze nur mit einem Pianisten! In diesem Fall handelte es sich um Ludwig Endesfelder. Er selbst hielt sich für den begabten Bruder von Thelonius Monk und somit selbstverständlich auch für unersetzbar und sah mit seinem störrischen roten Haar und seinem wilden, ebenso roten Bart eher wie ein germanischer Krieger auf der Suche nach versprengten römischen Legionären aus. Von Rhythm & Blues hatte der olle Krieger soviel Ahnung wie `ne Kuh von Stabhochsprung und die Mitgliedervollversammlung seines persönlichen Fanclubs konnte mühelos in einer Telefonzelle abgehalten werden. Dass er schlecht Cello spielte, riss den Karren auch nicht mehr aus’m Dreck.

Es war also nur `ne Frage der Zeit – kurzer Zeit – dass Ludwig Endesfelder die Band unter unwürdigstem Gezeter, und der Erkenntnis, dass die Friedhöfe voll sind von unersetzbaren Menschen, verlassen musste. Ich denke mal, die Erfahrung mit DIESEM anstrengenden Zeitgenossen als Pianisten hat bei uns einen derart starken Eindruck hinterlassen, dass wir noch sehr, sehr lange auf Piano, Keyboards und vor allem auf die großen Künstler, die diese Instrumente bedienen, verzichtet haben.

Tommy Meissner, im Hintergrund Ludwig Endesfelder

In der Zwischenzeit musste Detlef Nietz zur Armee, dafür kam Tommy Meissner. Guter Gitarrist und Sänger, allerdings mit dem Charme eines Sachbearbeiters im Finanzamt Oberschöneweide. Tommy rauchte wie andere Leute atmen, und zwar die RICHTIGEN Aparillos - sprich Zigarren und verwandtes.

Eines Morgens – wir übernachteten im Studentenwohnheim in Wismar und schliefen dort in Doppelstockbetten – wachte ich den Bruchteil einer Sekunde vor Tommy, der im Doppelstockbett unter mir lag, aus meinen Träumen auf. Das Schauspiel, das sich mir dann bot, machte mich allerdings glauben, weiterhin vom Wahnsinn umarmt in tiefsten Träumen zu stecken : Tommy erwachte also – eigentlich sah ich nur seine Haare und seinen Bart, da seine Gesichtsfarbe eher der Farbe des sauberen Bettlakens glich, der Junge war leichenblass – na jedenfalls tastet der Irre, noch bevor er die Äuglein aufschlägt nach links neben sich, um sich dort eine am Vorabend sorgsam deponierte Zigarre zu angeln. Todesmutig wird dieses Teil entflammt, was ihn dann doch dazu bringt die blutunterlaufenen Gucklöcher zu öffnen. Nach einigen langen, genussvollen Lungenzügen und kleinen, leisen Grunzern steht seine Unübertroffenheit auf, was, da ich ja oben lag bedeutete, dass wir uns direkt in die Augen sahen. Tommy hält inne, betastet seinen Oberkörper und brabbelt an der im Bart steckenden Zigarre vorbei, dass es ihm morgens immer so verdammt schlecht gehe und eigentlich müsse er ja mal dringend zum Arzt. „Ich weiß nich’, Gala, ich glaub’ ich hab’ irgendwas mit meinem Blut – oder so, jedenfalls sollte ich das nicht auf die lange Bank schieben.“ Angesichts des qualmenden Balkens zwischen seinen strahlend gelben Zähnen haben wir uns nach DIESER Ansprache fast volluriniert vor lachen.

Dann irgendwann stieg Basti das erste Mal aus, unter anderem, weil wir plötzlich anfingen wie die blöden rumzujazzen. Nee wirklich, im Ernst, Voigt und Endesfelder konnten wohl nicht anders, als sich selbst auf so’ne ja fast schon bemitleidenswerte, peinlich vordergründige Art als Künstler Ernst zu nehmen, dass wir anfingen Gefahr zu laufen, lächerlich verkrampften Jazz – Blues vor uns hin zu stümpern. Die zu MONOKEL überhaupt nicht passen wollende Attitüde zerriss fast diese noch so junge Band. Es passte einfach nicht zu unserem mittlerweile hart erarbeiteten Raubein-Image, mit abgespreizten kleinen Fingern Tee zu schlürfen und über Trotzki, Hegel und Schopenhauer zu parlieren. Ich meine, Speiche und mir waren doch damals gutes Benehmen und Weltrevolution scheißegal, wenn es nur richtig gerummst hat im Zwerch – und Trommelfell, und wenn der Nachschub an Frauen und Alk nicht zu verebben drohte, war schon fast alles im grünen Bereich. Also kein Tee, kein Schopenhauer, und so dauerte diese Phase zum Glück (wohl auch, weil wir handwerklich einfach nicht genug auf der Pfanne hatten) nicht sehr lange an – noch mal Schwein gehabt!!


Tommy Meissner, Ludwig Endesfelder, Gala, Speiche, Detlef Nietz, Ulf Voigt

Das Leben ist ´ne Session

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