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BASTIS AUSSTIEG / INTERHOTEL MAGDEBURG

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Als Basti Baur 1979 bekannt gab, dass er zu neuen Ufern aufbrechen will, dass er versuchen möchte etwas professioneller zu arbeiten, war das für mich als würde ein Bruder in einen fremden Krieg ziehen, zumal Basti in eine recht seichte Schlagerkapelle namens METROPOL einstieg. Das tat weh! Einer unserer letzten Gigs fand im Studentenclub in Magdeburg statt und ich werde nie vergessen, wie Basti nach der Veranstaltung nach draußen ging und fürchterlich zu heulen anfing. Ich bin dann hinterher gestiefelt um ihn in den Arm zu nehmen und zu trösten. So war das eben bei uns „Raubeinen“!

Sehr viel später hat mir Basti dann mal gesteckt, dass er im Prinzip aus genau den gleichen Gründen diese Band verlassen hat wie ich Jahre später dann eben auch – das Schiff steckte fest, es ging nix mehr vorwärts. Heute weiß ich, dass Basti lange vor mir gewisse Zeichen erkannt hat.

Ich habe es immer sehr genossen, wenn die Umstände es erlaubten, dass wir mehrere Nächte hintereinander in ein und demselben Hotel verbleiben konnten. Selten genug kam das ja in unserem Vagabundenleben vor. Ab und an ergab es sich aber, wie eines Tages im Interhotel Magdeburg. Wir sollten zwei Tage direkt in der Stadt in den beiden vorhandenen Studentenclubs spielen und ein Gig fand irgendwo in der Nähe von Magdeburg statt, so dass wir eben drei Nächte in diesem Hotel bleiben konnten. Da wir wie immer die Zimmer auf den letzten Drücker buchten, gab es leider keine „normalen“ Zimmer, sondern wir mussten zwei Nächte mit zwei teureren aber sehr viel komfortableren Suiten vorlieb nehmen. Wir fanden, dass wir uns das durchaus auch mal gönnen durften, zumal damals in einer Stadt wie Magdeburg andere Hotels zu finden ein schier unmögliches Unterfangen darstellte. Hinzu kam, dass wir nun aber wirklich zur Genüge in räudigen, drittklassigen Absteigen und wenig komfortablen Studentenwohnheimen hausen mussten, was das ach so romantisch wirkende „Bluesfeeling“ zwar ins unermessliche steigern half, aber auf Dauer auch etwas ermüdend war.

Hier darf ich mal eben erwähnen, dass ich mir im Christlichen Hospiz (!) in Halle - mal abgesehen davon, dass man in diesem Hause zu nun wirklich unchristlicher Morgenstunde mittels einer Glocke zum Gebet geweckt wurde – dass ich mir also in dieser christlichen Schlafstätte tatsächlich Sackratten zugelegt hatte. Wie um alles in der Welt sollte ich dies irgendjemandem zu Hause erklären? Ohne Fremdkörperkontakt! Das glaubt dir doch keine Sau!

Ralf Mätzold, der zu dieser Zeit für uns so’n bisschen die Geschäfte gemanagt hat, besorgte mir dann aus der Apotheke so eine höllisch brennende Salbe, mit der ich mir zwei, drei mal den Sack einschmieren musste und nach einigen heißen Bädern war das leidige Thema beendet – uff!

Na jedenfalls freuten wir uns schon auf den unerwarteten Luxus im Interhotel Magdeburg. Bei der unumgänglichen Anmeldung an der Rezeption kam dann wieder mal das lächerlich neurotische Kontrollbedürfnis der DDR dergestalt zum tragen, dass mit peinlichster Genauigkeit Anmeldezettel, die genau mit den Angaben im Ausweis verglichen wurden, ausgefüllt werden mussten. An diesem Tag aber hat Linke, der alte Schussel, seine Ausweispapiere zu Hause liegen lassen. Was also tun? Wir hatten keinen Bock auf stundenlange Diskussionen mit den Mädels am Tresen, also inszenierten wir zur Ablenkung ein wohl organisiertes Durcheinander so nach der Art: „warte mal, gib mal noch mal den Zettel her – ach nee, mein Ausweis – äh die Nummer iss nich richtig, ach so HIER soll die Adresse also hin – kann ich noch mal vergleichen – wo sind wir denn hier eigentlich – sagen se mal, haben sie auch Zimmerservice...?“ Na jedenfalls gelang es uns die Tante an der Rezeption derart kirre zu machen, dass Micha ohne Ausweis aber mit einem pikobello Anmeldezettel mit Fantasieausweisnummer einbuchen konnte. Nach dieser schweißtreibenden Prozedur wir also ab zum Studentenclub.

Supermugge, obwohl zu dem Zeitpunkt schon klar war, dass dies die letzten Auftritte von Basti sein sollten. Angekratzt wie immer und mit einem Adrenalindruck, der jedem ungeübten Erdenbürger die Schädeldecke öffnet schlagen wir also spät in der Nacht in diesem wunderbaren Hotel auf. Micha Linke, Basti Baur und Kalle Jung hatten eine gemeinsame Suite. Micha und Basti war’n jedenfalls der Meinung sich nach dieser Ackerei ein schönes heißes und vor allem gemeinsames Bad gönnen zu müssen. Klar, warum nicht – also lümmelten sich beide bewaffnet mit einer weiteren Flasche Wodka in das geräumige Interhotel – Suiteplanschbecken. Nach einer Stunde Badegenuss war auch die blöde Flasche ausgenuckelt. Nutzlos geworden flog das leere Teil in hohem Bogen wie es sich für richtige Kerle gehört durch die Badeduft geschwängerte Luft und zerschellte folgerichtig auf dem gefliesten Fußboden. Als dann beide nach vollendeter Körperreinigung aus der Wanne stiegen und sich dabei aber auch nicht den Hauch einer Verletzung zuzogen wurde wieder mal auf eindrucksvolle Weise das Klischee bestätigt, dass Kindern und vor allem Besoffenen nix passiert. Merke: Willst du über Scherben laufen musst du vorher Wodka saufen!

Das Leben ist ´ne Session

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