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PET UND MICHA WERDEN ENTLASSEN

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Die Erinnerung ist ja im Allgemeinen mit uns gnädig, will sagen, dass selbst die unangenehmsten Lebenssituationen Jahre später verblassen und dann nur noch die hellen Stunden im Gedächtnis haften bleiben. So kommt es dann wohl auch, dass Männer sich meist nur an die „lustigen“ Streiche während ihrer Militärzeit erinnern und die saumäßigen Erniedrigungen verdrängen, oder Leute die Scheisse, die in der DDR so ablief, kaum noch wahrnehmen in ihrer Erinnerung, sondern sich in vielen Gesprächen fast nur noch an die sicher unleugbar vorhandenen Gemütlichkeiten dieser Zeit erinnern.

Egal, trotz der Gnade einer geschönten Rücksicht erinnere ich mich noch sehr genau daran, wie unendlich unangenehm mir folgende Anekdote damals war: Nach irgendeiner Probe zupfte Basti mit verschwörerischer Miene an meinem obligatorischen Fleischerhemd, um mich dann schnell und heimlich in die nächste Eckdestille zu zerren. Ich war gespannt. Kaum lümmeln wir uns um so’n gammligen Stehtisch – nicht mal das erste Bier haben wir bestellt - schreitet auch schon seine Eminenz Speiche in’s Etablissement. Aha, denke ich mir – Termine, Absprachen, wichtige Fingerübungen, Rezeptetausch, Fahrkartenkontrolle oder die wollen mir jetzt auf die freche Fresse hau’n – mal sehen.

Nachdem beide während des ersten Bieres ein Verhalten an den Tag legten, das mit Herumdrucksen eher unzulänglich beschrieben ist, hielt ich’s kaum noch aus und forderte die Schlingel auf, endlich zu sagen, was ihnen denn so offensichtlich das Bier verhagelte. Die ganze Sache war so einfach wie schockierend: Peter und Micha sollten ausgetauscht werden, nicht etwa untereinander, sondern gegen neue, bessere Kollegen.

Rumms! Aha, so fühlt sich das also an, wenn man Entscheidungen mittragen soll, die einem nicht gefallen, unangenehm sind, zu denen man eine gehörige Portion Courage aufbringen muss. Bei Micha Werner fiel mir das ehrlich gesagt nicht sonderlich schwer, da ich nicht das Gefühl hatte, dass er mit ganzer Seele an Monokel hing. Aber Peter Schneider …?

Pet hat die Band quasi gegründet, der zwar reichlich bräsige – aber immerhin Bandname „Monokel“ war seine Erfindung und als Typ, als Kumpel fand ich Peter auch äußerst famos. Junge, Junge. Das war `ne ungeahnt schlimme Situation, in der ich da steckte. Na gut, die neuen Kollegen wurden also ausprobiert und waren tatsächlich um einiges besser.

Erstaunlich übrigens, wie gelassen und tapfer Micha und Peter das „Entlassungsgespräch“ in meiner Erinnerung aufgenommen haben. Einige Male noch in meinem Leben musste ich an solchen Entscheidungen teilnehmen, habe solchen furchtbaren Sitzungen beigewohnt und mich jedes Mal – zu mal später als Bandleader – elend gefühlt dabei, aber so schlimm wie dieses erste Mal wohl nie wieder.

Ich stelle mir vor, dass `n Massenmörder bei seinem ersten Mord noch aufgeregt ist, ja vielleicht sogar noch Gewissensbisse hat. Wenn er dann aber seine siebte Leiche in den Fluss wirft, schon kaum noch was empfindet. Ich werde in diesem Buch mit Sicherheit nie wieder so ausführlich über solche Dinge berichten, aber da dies mein erster Mord war – und dann gleich noch `n Doppelmord – wollte ich dieser Anekdote etwas mehr Platz einräumen, zumal mir die Situation damals mehr an die Nieren ging, als ich supercooles Großmaul zugeben wollte.


Die beiden Neulinge waren Detlef Nietz an der Klampfe und Ulf Voigt am Schlagzeug. Detlef hatte einen fabelhaften, sehr trockenen Humor und verlor quasi nie die Fassung. Seine Art Gitarre zu spielen kann man getrost als sehr kontrolliert und überlegt bezeichnen, was sich wohltuend mit Bastis druckvollem, bisweilen chaotischem Spiel ergänzte.Ulf Voigt galt eher als ernsthafter, intellektueller Denker – nicht unangenehm aber anstrengend. Genauso spielte er auch Schlagzeug.

Das Leben ist ´ne Session

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